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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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hätte offen stehen dürfen. Das war meine Schuld gewesen. Aber genau da hatte Oskar angerufen – ein bisschen früher oder später, und der Deckel wäre zu gewesen. Ich knotete die Tüte fest zu. Dann sprühte ich eine großzügige Menge Reinigungsschaum auf die Arbeitsplatte und wischte sie blitzblank. Es kam mir vor, als hätte ich immer noch den schrecklichen Geruch aus der Tüte in der Nase, und ich war froh über die scharfen Zitrusdünste, die mir kribbelnd bis in die Nebenhöhlen stiegen. Wenn ich vom Kanal zurückkam, würde ich hier volle Kraft voraus mit der chemischen Keule über den Boden gehen, mit absolut allem, was Oskars Arsenal zu bieten hatte. Der Gedanke an Ausmerzung war tröstlich. Die Katze, die sachte ins Wasser glitt, der Fleck, der sich aufschäumend vom Holz löste, dank irgendeiner magischen Eigenschaft der Chemie.
    Ich blickte auf die Tüte hinab. Konnte man von außen erkennen, was sie enthielt? Diese Rückgratkrümmung – sagte sie deutlich: »Katze«? Oder genauer: »Tote Katze«? Für mich sah es nach Katze aus, aber ich wusste ja schon, was drin war. Die Kopfform zeichnete sich nicht ab … Ich sah, dass ich die Tüte halb auf dem Weinfleck abgesetzt hatte, sodass der bläulichrote Fleck wie eine Blutlache wirkte – ein bisschen wie eine Szene aus einem Mafiafilm, komplett mit schwarzem Leichensack, in dem das Opfer geduldig auf die gemächliche Fahrt zum Leichenschauhaus wartete, während Experten die Blutspuren und die Flugbahnen der Kugeln begutachteten. Tja, Spuren: Sie würden die Vergangenheit aufleben lassen, die flüchtigen Momente zurückholen, das Geschehen anhand der Überbleibsel rekonstruieren. Die Vorstellung, reinen Tisch zu machen, war pures Wunschdenken, irgendetwas blieb immer zurück, irgendein sprechendes Detail, das nicht aufhören würde zu reden, bis die Wahrheit ans Licht kam. Wenn man diese Bahnen zurückverfolgte, erwartete man stets einen Schuldigen am anderen Ende. Selbst wenn es keinen Schuldigen gab.
    Verrückt, dachte ich, während mir diese Dinge im Kopf herumgingen. Vielleicht war ich verrückt geworden vor Einsamkeit, heimgesucht von dem kleinen, pelzigen Schauergespenst des Todes. Auch dieser Gedanke zeugte nicht gerade von geistiger Gesundheit – wer wurde denn schon verrückt nach weniger als einer Woche Alleinsein? Und nicht mal vollkommen allein. Die tote Katze war es, die mir so morbide Gedanken eingab. Ihre Anwesenheit erfüllte den Raum mit einer Art karmischer Radioaktivität, welche die ganze Wohnung bis in die letzten Winkel durchdrang. Kein Wunder, dass die andere Katze so eilig geflüchtet war, als sie Wind davon bekam, was die Putzfrau hereingebracht hatte.
    Ich holte tief Luft, doch es schnürte mir die Kehle zu, und das Ausatmen klang wie ein Winseln. Dann hob ich die Tüte an ihrem verknoteten schwarzen Hals auf und spürte wieder ihr eigenartiges Gewicht, nicht direkt schwer und doch bleiern, zu Boden ziehend. Noch einmal atmete ich durch, packte die Tüte, marschierte zur Tür hinaus, schlug sie hinter mir zu und hastete die Treppe hinab. Nicht noch einmal würde ich den Fehler machen, zu lange zu warten und den richtigen Moment zu versäumen. Wenn ich mich beeilte, würde ich aus dem Haus heraus sein, bevor die Putzfrau mich abfangen und die Tüte sehen konnte – die ich, wie mir erst jetzt einfiel, ebenso gut in meiner Reisetasche hätte verstecken können. Aber nun war ich schon draußen, auf dem abgetretenen Gehsteig, und die Haustür fiel hinter mir ins Schloss, während die Tüte mir in widerlicher Weise gegen die Beine schwang. Von der Putzfrau keine Spur. Sie hatte mich verpasst, oder ich sie. Es war ein strahlender Tag, die lackierte Tür glänzte in der Sonne, die Messingklinke blitzte, selbst das stumpfe graue Metall der Klingelanlage schimmerte wie die Knöpfe auf der Livree eines Hotelpagen.
    Die Straße war momentan menschenleer, und doch spürte ich einen Anflug von Verfolgungswahn. Was stand ich hier herum? Erneut war ich ins Träumen geraten, anstatt zügig zu handeln. Je eher diese unerfreuliche Angelegenheit erledigt war, desto besser. Ich machte mich auf den Weg zum Kanal, und hin und wieder pendelte mir die Tüte seitlich ans Knie.
    In meiner Erinnerung war der Kanal schwarz wie eine Pechsträhne in einem Kohleschacht. Jetzt, auf den zweiten

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