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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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blieben rötliche Schlieren zurück, und die vielen Glassplitter erschwerten eine zügige Säuberung. Ich arbeitete mich von außen nach innen vor, von den Randbezirken zum Zentrum des Übels, einem augenbrauenförmigen, fußlangen roten Streifen. Der Schaden war sicher weniger gravierend als der über Nacht entstandene, aber dennoch hatte jene lila Qualle jetzt eine ganze Reihe rosiger Tentakel bekommen.
    Trotz dieser unschönen neuen Entwicklung war ich noch nicht bereit aufzugeben. Abgesehen von den äußeren Spritzern war der Hauptschaden auf fünf bis sechs Bodendielen begrenzt. Das war viel, aber nicht irreparabel. Novacks Anweisungen waren ja noch nicht konsequent befolgt worden, und ebendas schickte ich mich jetzt an zu tun. Ich wählte ein neues Testgebiet – einen kurzen Streifen vor einem der Küchenschränke – und ging erneut mit Sandpapier und Säure zu Werke. Reinweiße Lappen gab es nicht, also musste ich eine von Oskars Leinenservietten opfern, und siehe da – es funktionierte. Als einzig Positives an diesem Tag hatte die Säure tatsächlich ihre Wirkung getan. Der Fleck war verschwunden.
    Nachdem ich eine Stunde gewartet hatte, bis die gesäuberte Stelle trocken war, trug ich eine Schicht Holzpoliermittel aus der Büchse auf, die ich in dem Korb gefunden hatte. Feucht sah das Resultat recht überzeugend aus, aber es musste erst einziehen, ehe ich sicher sein konnte. Inzwischen war es schon nach elf, und es gab nichts mehr zu tun, als zu Bett zu gehen.
    Beim Aufwachen galt mein erster Gedanke der rachsüchtigen Traumkatze mit den schmutzwassertriefenden Schnurrhaaren. Doch dann fiel mir der Boden wieder ein – wie er jetzt wohl aussah? Ich stand auf und fuhr in die Hosen. Im Schlafzimmer war es stickig, diffuses Licht filterte durch eine weißliche Wolkensuppe. Keine Katze auf dem Balkon, als ich die Tür aufriss, um etwas Durchzug zu schaffen. Meine Fußsohlen hafteten beim Auftreten leicht an den polierten Dielen, wie die Halterung eines Insekts.
    Den Küchenboden mit objektiverem Blick zu sehen, ohne die Panik des Vorabends, führte mir den wahren Ernst der Lage vor Augen. Eine Konstellation von Flecken, eine neue und unschöne Landschaft, die ich in Oskars Paradies erschaffen hatte. Mit dem letzten zerschmetterten Glas war der Horror ins Wohnzimmer vorgedrungen, bis hin zum Bücherregal. Die Unterschiede innerhalb dieses ausgedehnten Systems machten alles nur noch schlimmer. Wenn es nur ein einmaliger Ausrutscher gewesen wäre, hätte man es noch als Pech, Unfall, Missgeschick hinstellen können. Aber hier bestand Erklärungsbedarf für gleich mehrere Unfälle, eine ganze rostige Kausalkette aus Ursache und Wirkung. Das war zu viel für bloßes Pech, das roch nach Schlamperei, Trunksucht, fast schon Vandalismus. Aus dem Ruder gelaufene Partys, Wutausbrüche, Stürze im Vollrausch.
    Ich suchte nach der Stelle, die ich auszubessern versucht hatte, und fand sie viel zu leicht. Wenn all das Scheuern und Nachpolieren funktioniert hätte, wäre die Stelle jetzt unsichtbar, höchstens noch an ihrer Position im Verhältnis zu den umliegenden Weinspritzern erkennbar. Stattdessen aber prangte dort ein deutlicher gelber Fleck am Boden, eine weitere Variation innerhalb eines Spektrums, das auch das Blau vom Spültuch und das Rosa, Rot, Lila und Gräulich des eingetrockneten Weins mit einschloss. Es sah aus, als hätte ich versucht, den Boden mit Orangensaft einzulassen. Das Poliermittel aus der Büchse war offenbar völlig verkehrt, aber ein anderes gab es in der Wohnung nicht, und ich hatte auch nicht die geringste Chance, etwas Geeigneteres in der Stadt zu finden. Das alles ließ sich schon aus der Entfernung feststellen. Im Näherkommen …
    â€¦ ließ mich ein scharfer, stechender Schmerz in der Fußsohle zusammenzucken. Ich hielt mich am Küchentresen fest und hob den Fuß, um nachzusehen, was da passiert war.
    Ein Glassplitter steckte in meinem Fußgewölbe, von einem kleinen dunklen Blutstropfen gekrönt. Schwankend griff ich nach der glitzernden Schneide, um sie herauszuziehen, und stellte mir vor, wie sie in mir abbrach oder am Knochen entlangschrappte. Der Magen drehte sich mir um. Doch der Splitter ließ sich ohne Gegenwehr entfernen – ein drei Zentimeter langes Stilett aus gekrümmtem Glas, sichtlich vom Bauch des Weinglases. An der Einstichstelle

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