Die nachhaltige Pflege von Holzböden
diese zweite Flasche gekauft hatte, sagte ich mir, während ich zum Glas griff.
Später würde ich die ganze Kette von Ereignissen noch mal gewissenhaft zurückspulen, um herauszufinden, wann genau ich das Weinglas mit Handschuhen angefasst hatte, an denen noch Säure klebte. Das Glas hatte kaum ein Drittel des Weges zwischen Spüle und Mund zurückgelegt, als Daumen und Zeigefinger zu kribbeln anfingen und immer heiÃer wurden. Ich hatte kaum Zeit, das seltsame Phänomen zu bemerken, als das Brennen schon zu einem unerträglichen Schmerz wurde.
Instinktiv tat ich das, was mir das einzig Richtige schien, und lieà das Glas fallen. Lieà es nicht nur fallen, sondern schleuderte es von mir wie eine giftige Schlange. Der Inhalt beschrieb einen schönen Bogen in der Luft, und das Glas zerbarst auf den Dielen. Es war noch fast voll gewesen.
Aber das war momentan nicht das Wichtigste in meinem Leben. An drei Stellen meiner linken Hand war die Haut feuerrot angelaufen und fing an zu schrumpeln. Ich stöhnte laut auf und stürzte zur Spüle.
Natürlich â wie das spätere Zurückspulen logisch ergab â musste man zum Abspülen der Gummihandschuhe erst den Hahn aufdrehen, sodass die Säure am Handschuh sich nun auch am Hahn befand. Und dort blieb sie, es sei denn, man wäre schlau genug gewesen, ihn abzuwischen. Sobald das Wasser meine linke Hand gekühlt hatte, war es just dieser Hahn, den ich mit meiner unverbrannten rechten Hand anlangte.
Inzwischen tröpfelte überall Rotwein über Glasscherben.
SIEBTER TAG
Ruhe bekam ich in dieser Nacht kaum. Das bisschen Schlaf, das mir vergönnt war, wurde gegen vier Uhr vom Schlagen des Fensters unterbrochen. Als ich nach einem Abend hektischer Schadensbegrenzung endlich so weit gewesen war, ins Bett zu gehen, war die Katze noch immer nicht zurück. Ich hatte ein Schälchen Futter bereitgestellt und die Balkontür offen gelassen für den Fall, dass sie nachts wieder auftauchen sollte. Doch ein kurzes Sommergewitter war in den frühen Morgenstunden niedergegangen, und die Windböen hatten die Fenstertür auf und zu schlagen lassen. Ich musste aufstehen und sie verriegeln, damit es nicht hereinregnete. Von der Katze weiterhin kein Spur.
Von der lebenden Katze, meine ich. Ihre tote Genossin war sehr wohl erschienen, nämlich mir im Traum. Schlammiges Wasser triefte ihr von Fell und Schnurrhaaren. Anklagend wie Banquos Geist hatte sie sich vor mir aufgebaut. Dann war sie verschwunden. Und reingeregnet hatte es auch, was mich kaum kümmerte. Ich erwog schon, es einfach so zu lassen, egal, ob die Feuchtigkeit den Boden angriff oder nicht. Aber dann regte sich doch noch ein Rest von Vernunft und Verantwortungsgefühl, und ich wischte mit dem Handtuch aus dem Bad auf.
Als ich mich wieder hinlegte, fand ich trotz meiner Erschöpfung keinen Schlaf. Meine verätzten Finger brannten nur noch leicht â aber das reichte, um die Erinnerung an die Katastrophe in der Küche wachzuhalten. Das Glas, das ich von mir geschleudert hatte, war auf dem Boden zerschellt, und der Wein darin hatte sich über eine schier unglaubliche Fläche verteilt. Nachdem ich mir die Säure von den Händen gewaschen hatte â Blasen waren schon an drei Fingern und beiden Daumen zu sehen â, war ich schockiert von der Ausdehnung der Spritzer, die sogar das Bücherregal erreicht hatten. Dicke dunkelrote Tropfen rannen an den Rücken von Oskars Kunstbänden hinab. Die musste ich mir als Erstes vornehmen. Ihre Fleckempfindlichkeit lieà den Boden dagegen wie teflonbeschichtetes PVC aussehen.
Den Wein von den Büchern zu entfernen erforderte Fingerspitzengefühl, womit ich gerade am wenigsten aufwarten konnte. Ein feuchter Lappen, so fest wie möglich ausgewrungen, zarte, tupfende Wischer. Ein paar der Bücher hatten Hochglanzumschläge, die den Flecken trotzten, andere hatten dunkle Einbände, auf denen man praktisch nichts sah. Von zwei Büchern jedoch waren die roten Flecken nicht mehr wegzukriegen, ohne Löcher in die cremefarbenen Einbände zu reiben. Das waren nur kleine Makel â doch auf ansonsten makellosen Büchern wirkten sie wie eine tragische Verschandelung.
Danach machte ich mich mit vielen Lappen über den Boden her. Der Wein war noch nicht lange eingezogen, nur ein paar Minuten, und lieà sich an manchen Stellen entfernen, ohne Spuren zu hinterlassen. Doch anderswo
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