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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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die hellgrüne Krankenhausdecke kaum wahrnehmbar auf und ab. Nur Schläuche hielten seinen Körper künstlich warm. Und Liesbeth erklärte mir mit knappen Worten die Situation.
    Sie sei dankbar, ihn noch einmal gesehen zu haben, wenn auch nur so. Es sei nicht unsere Schuld, aber auch nicht seine. Das Gehirn wäre zu 80 Prozent zerstört, hätten die Ärzte gesagt, die Lunge ganz. Nie wieder würde er aus eigener Kraft atmen.
    »Ich würde es auch selbst tun«, sagte sie nach einer Pause, »wenn ich mich nur mit Computern auskennen würde und genau wüsste, dass er wirklich nichts merkt.« Schließlich räumte sie sogar ein, dass sie es trotzdem nicht könnte, und fragte mich, ob ich nicht auch glaubte, dass es das Beste für ihn sei...
    Während sie redete, starrte ich auf die Monitore. Natürlich kannte ich mich auch nicht aus mit diesem Zeug, mit Pumpen und Kurven und unzähligen Reglern. Aber eine Verteilerdose versorgte mindestens fünf Geräte mit Strom. Sein Herzschlag war kaum noch der Rede wert, also bückte ich mich hinter das Bett und zog den Hauptstecker mit einem Ruck aus der Wand. Das war ich Fritz schuldig. Ein paar Geräte schlugen sofort Alarm, summten und piepten und steigerten - offenbar von Batterien versorgt - allmählich ihre Lautstärke. Manche zeigten die Minuten an, die sie noch Saft haben würden. Elisabeth von Jagemann begann zu beten. Ich drückte noch ein paar Netzschalter aus, klemmte einen Stuhl unter die Klinke, als von draußen daran gerüttelt wurde, und setze mich darauf. Die beiden hatten ein Recht auf diesen intimen Moment.
    Die Fenster waren verdunkelt, genau wie Fritz es immer verlangt hatte, und auf dem Monitor zog er in aller Ruhe seinen grünen Schlussstrich. Es war nicht schlimm. Kein Zucken, kein Röcheln, nur ein langes tiefes Ausatmen.

Samstag
    »Und? Bereust Du es jetzt, Benny?«
    »Was? Dass wir uns alles so ausführlich erzählt haben?«
    »Du weißt genau, was ich meine!«
    »Ach so: Dass ich dich noch einmal mit hierhergenommen habe. Nein. Du bist ja nicht mehr bei der Polizei, und selbst wenn ...«
    »Meine Güte! Ich meine das hier, das eben, das mit uns.«
    »Du willst wissen, wie ich es fand? Wie ich dich fand?«
    »Na ja, schon, ja.«
    »Du meinst, weil du fast 20 Jahre älter ...«
    »Du sollst nicht rechnen, sondern einfach sagen, wie es war!«
    »Ganz ehrlich? Na gut. Also was wirklich anders ist - und du nimmst mir das bestimmt nicht übel?«
    »Kommt drauf an. Jetzt sag schon!«
    »Okay. Ich glaube, der einzige Unterschied ist, dass wir heutzutage hinterher nicht darüber reden. Meine Generation ist da ...«
    »Du blöder Idiot. 20 Jahre sind keine Generation! Na warte ...«
    »Hör auf, Evelyn, au, das tut doch weh! Warte! Gerade fällt mir doch noch ein, was ich meinen Freunden noch jahrelang erzählen werde und worum mich alle beneiden werden ...«
    »Ja, genau das will ich hören! Und Gnade dir Gott ...«
    »Na gut, also ich werde ihnen sagen: ... und dann habe ich mit der schönsten, jüngsten und gnadenlosesten Antifaschistin gevögelt, die ich kenne. Es war herrlich, unvergesslich, unvorstellbar geil. Aber das Schärfste war: Wir haben es im Bett des Führers getrieben, auf Hitlers Laken sozusagen, zehn Meter unter Beton!«
    »Mann, Benny, du bist wirklich ...«
    »Was denn? Jetzt guck nicht schon wieder so! Komm zurück ins Bett! Der war doch nie hier, außerdem impotent, was weiß ich. Es ist sogar frische Wäsche. Fritz hat sie jede Woche gewechselt. Findest du das wirklich nicht cool: Wir beide - wie John Lennon und Yoko Ono - ein Bed-In gegen Faschismus. In seinem Bett!«
    »Nein, nur eklig. Und das mit der alten Ono war auch nicht nett!«
    »Ach was! Komm schon, wir machen ein Foto und schicken es Gerd ins Krankenhaus, meinetwegen auch an deinen Freund Wolfgang ...«
    »Lass mal, Benny. Wolf Jäger wird für immer Wolf Jäger bleiben.«
    »Was? Wieso das denn?«
    »So habe ich auch geguckt, als mir seine Schwester gestern die letzte Kladde in die Hand gedrückt hat und erklärte, dass sie nicht gegen ihren Bruder aussagen werde. Nicht zu fassen, oder? Wie der Plumpsack, der umgeht - du weißt schon, dieses Kinderspiel: Eins, zwei, drei faules Ei. Die Alten fühlen sich zu befangen und legen uns ihre Geschichte immer wieder heimlich hinter den Rücken, bevor sie sich verkrümeln. Und sobald wir mal kurz nach hinten sehen, sind wir dran und rennen im Kreis.«
    »Dann dreh dich doch einfach nicht mehr um, Evelyn! Wenn du nicht zurückschaust,

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