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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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eine verständliche Reaktion, aber sie kommt selbst für uns völlig unerwartet und ist unvorsichtig dazu: Nicht mal dem Rückstoß seiner Waffe hält er stand, die gleich nach dem ersten Feuerstoß im Gebüsch landet. Trotzdem muß er getroffen haben, vermutlich sogar etwas Größeres, denn auf der Straße gibt es ein heilloses Durcheinander, Quietschen, Krachen und Geschrei. So kalt hat es den Feind erwischt, daß er das Feuer nicht mal erwidert und kurz darauf die ganze Kolonne zum Stehen kommt.
    Unser einäugiger Held!
    Nach diesem verwegenen Angriff müssen wir uns allerdings schnell ins Unterholz zurückziehen und dabei Ottos Maschinenpistole zurücklassen. Es wäre Selbstmord gewesen, nach ihr zu suchen. Auch die Straße ist erst mal passe für uns. Die vielen schnellen Fahrzeuge haben bei den Kameraden dennoch schwer Eindruck hinterlassen. Keiner von uns traut dem eher rückständigen Iwan solche Technik zu. Wir können deshalb einstweilen nur vermuten, daß wir uns hinter amerikanischen Linien bewegen. Wenig später stoßenwir jedoch auf einen befestigten Kommandostand, der über und über mit kyrillischen Buchstaben beschmiert ist, zweifellos Russisch. Durch die scheibenlosen Fenster pfeift der Wind. Zwischen Müll und Schrott liegen rostige Kanister und einzelne Panzerkettenglieder herum. Der Beton bröckelt, teilweise ist er zerschossen - als wenn sie von den Unsrigen wieder vertrieben worden wären. An der Rückwand dann die Bestätigung: Bierflaschen, dem Etikett nach deutscher Abfüllung, und darüber, in den Putz gekratzt, mehrere kleine Hakenkreuze. Sie sehen frisch aus, frischer jedenfalls als die Schriftzeichen der Russen. An manchen Kreuzen zeigen die Haken zwar in die falsche Richtung - ein feldtaktischer Hinweis womöglich, den wir nicht sofort entschlüsseln können - aber dafür hat jemand in einer Ecke sogar eine doppelte Sigrune hinterlassen. Mit heißen Herzen stehen wir davor. Kameraden also!
    Nach einem mühsamen Marsch erreichen wir im Morgengrauen den Flecken Gossow, auf den ersten Blick eine ganz normale deutsche Siedlung, bis sich uns ein uniformierter Mann in den Weg stellt: Der erste Landsmann seit Jahren und gleich so eine Enttäuschung! Er trägt beige und grün wie ein Brite und verlangt von uns Papiere, ohne sich selbst anständig ausweisen zu können. Mit einer läppischen Kunststoffkarte will er uns weismachen, er sei ein deutscher Gendarm, aber weiß offenbar nicht mal, daß die Zivilpolizei keinerlei Befugnisse über Angehörige der Waffen-SS hat. Otto erläutert ihm die Sachlage geduldig und weist ihn außerdem auf seinen niederen Dienstgrad hin - da greift der Kerl doch tatsächlich zu seinem Revolver.
    Eine Salve aus Josefs Maschinenpistole in die Luft bringt den Verräter schnell zur Vernunft, nach einer zweiten zur Warnung auf die Mauer hinter ihm läßt er sich zwar entwaffnen, aber bleibt bei seinen Behauptungen. Entweder lügt der Mann oder ist auf ebenso gefährliche Weise übergeschnappt.
    Josefs Schüsse haben auch andere Leute auf die Straße gelockt, darunter den Pfarrer, der uns erstmal mit in seine Kirche nimmt. Er spricht ein seltsames Deutsch, doch es reicht, um mit Konrad und mir zu beten. Es ist ein überwältigendes Gefühl, dem Herrn nach so vielen Jahren wieder mal in einer Kirche gegenüberzutreten! Wir danken für seine führende Hand, sprechen gemeinsam ein Vaterunser, und lange habe ich nicht mehr solche Gewißheit empfunden, auch erhört zu werden. Kannst Du Dir vorstellen, worum ich gebeten habe? Ich hoffe doch!
    Danach lud uns der Pfarrer zu sich ein, und der kurze Weg vom Kirchlein bis in sein Haus glich einem Spießrutenlauf: Warum nur schauen die eigenen Leute so feindselig? Einer zielte sogar mit einem Rohr auf uns, das er wie eine Panzerfaust auf der Schulter trug. Ein echter Russe hätte uns sicher rücksichtslos weggeputzt, aber der Pfarrer bestreitet überhaupt jede Feindbewegung im Ort, während uns seine Frau bewirtet. Angeblich seien die Russen schon Vorjahren abgezogen. Man stünde nun eher auf Seiten der Amerikaner, so die ersten wirren Informationen zur Front.

Die Not muß groß sein seit der Besatzung. In der guten Stube stehen nur Möbel aus billigem Nadelholz. Und obwohl Nahrungsmittel sicher auch knapp sind, schlagen die Kameraden hemmungslos zu, als hätten wir jahrelang Hunger gelitten. Richtig peinlich. Aber lange werde ich mich auch nicht mehr beherrschen können, zu wunderbar duftet die frische Wurst.
    Der dicke Mann in

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