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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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na logisch - was auch sonst?« Schiller trat noch einen Schritt näher, bevor er platzte: »Wollen Sie mich verarschen? Wo ist die Kassette? Her damit!«
    Dabei drehte und wendete er die Kamera, bis sich der alte Busch erneut einmischte, diesmal eine Nuance schärfer.
    »Vorsicht«, sagte er und legte eine Hand auf die Kamera, »schon mal was von der Freiheit der Presse gehört?«
    »Ach nee!« So leicht ließ sich Schiller nicht einschüchtern: »Schon mal was von Behinderung der Polizei gehört? Also: Name, Sender und das Band - bitte!«
    Beide hatten nun eine Hand an der Kamera und sahen aus wie kleine Jungs, die sich um ein Spielzeug streiten. Keiner wollte zuerst loslassen und ich rechnete schon mit einer Prügelei, aber du musstest uns dieses kleine Spektakel ja versauen! Mit wenigen Worten ließ sich Busch von dir beschwichtigen. Und Schiller bekam auch, was er wollte:
    »Monse ist mein Name, Kanal 5. Aber auf dem Band ist sowieso nichts. Wollen Sie es trotzdem?«
    Schiller nickte verächtlich, als sei das ein ganz alter Bluff, griff sofort zu und drehte sich zu mir um. Er hielt das Band in die Luft wie ein Sieger und lächelte in die schaulustige Runde aus Dorfbewohnern und Polizei. Die Geiselnahme war fast vergessen - aber Schiller auch noch nicht fertig mit dir.
    »Wie sind sie bewaffnet?«
    »Keine Ahnung. Sah aus wie Maschinenpistolen.«
    »Gibt es einen Anführer? Forderungen? Was wollen ...«
    »Wie geht es den Geiseln?«, fragte ich dazwischen.
    Dankbar sahst du von Schiller zu mir: »Alle wohlauf. Nur ihr Kollege scheint schon etwas durch den Wind zu sein ...«
    »Wie bitte!« Schiller hatte das wohl auf sich bezogen und plusterte sich erneut auf. »Jetzt reicht es aber. Sie ...«
    »Ich habe doch nicht Sie gemeint, sondern den dicken Dorfsheriff da drin - obwohl...«
    Alles lachte - bis auf einen. Ich selbst konnte es gerade noch mit einem notdürftigen Hüsteln überspielen. Aber damit war die Luft endgültig raus aus Schillers Verhör. Beleidigt riss er Hauptwachtmeister Drews dessen Fernglas aus der Hand und konzentrierte sich als Erster wieder auf das Haus.
    »Können wir jetzt«, fragte die junge Reporterin nach einer Weile unsicher, »ich meine: Weiterarbeiten?«
    Mit einem Achselzucken beendete ich die Vorstellung: Was sollte ich auch sagen? Lieber einmal blöd dagestanden und geschwiegen als noch ein falsches Wort. Irgendein Funkgerät plärrte. Das Publikum zerstreute sich. Nur Gerd Busch blieb noch ein paar Sekunden lächelnd stehen, eine Kamera in jeder Hand, als wollte er so meine Erinnerung auffrischen. Ich hätte ihm gern etwas Nettes gesagt, aber ich konnte mich ja schlecht für Schiller entschuldigen, der bestimmt die Ohren spitzte. Busch verstand das, zwinkerte mir noch einmal zu und folgte schließlich seinen jungen Kollegen, die aufgeregt plappernd die Dorfstraße hinauf liefen. Du dagegen - das war mir auch nicht entgangen - hattest keinen Blick zu viel für mich übrig.
    Tut mir echt leid, Evelyn, aber mein Abgang sollte so cool und beiläufig wie möglich rüberkommen. Jenny konnte trotzdem kaum Schritt halten. Erst vor »Gabis Inn« blieb ich stehen, sah Busch nachkommen und grinste vermutlich wie ein Drogenschmuggler kurz hinter der Grenze. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich sie beim Einsteigen sogar geküsst, die Kassette.
    »Jetzt mach endlich den Mund auf«, bat Jenny verzweifelt, »wie ist es gelaufen?«
    Gern hätte ich sofort alles erzählt und am liebsten mit einem lässigen »halb so wild« begonnen. Weil ich aber tatsächlich das Gefühl hatte, gerade die Welt gerettet zu haben, sagte ich vorsichtshalber nichts. Mein Gesicht verriet womöglich schon zu viel. Erst wollte ich ganz sicher sein.
    »Gleich«, sagte ich, schob das Band in den Schlitz unter einem Monitor, den Busch hinter seinem Fahrersitz zum schnellen Sichten unterwegs installiert hatte, und fragte: »Wer war das überhaupt mit dem Hubschrauber? SEK?«
    »Nein, aber einmal darfst du noch. Kleiner Tipp: Weil wir nicht zu ihr konnten, ist sie eben zu uns gekommen ...«
    »Was? Etwa die Thorwart? Das war die Thorwart?!«
    Ich wusste auch nicht genau wie oder warum, aber ich hatte mir eine berühmte Nazijägerin ganz anders vorgestellt.
    Der Kasten hatte unterdessen das Band verschluckt. Ich spulte ein Stück zurück und nach einem kurzen Blick auf den schlafenden Anführer stand fest: Ich hatte es drauf.
    »Die SoRex also. Und woher wissen die das schon wieder?«
    »Keine Ahnung. Die sagen ja nichts,

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