Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)
absolut faszinierend.
Als einer der letzten freien Menschen auf dem Planeten fand er es absolut abstoßend.
Plötzlich hörte er Schritte über sich. Feste Schritte. Schuhe … Es kam durchaus vor, dass Vampire noch Schuhe trugen; sie waren robuster als andere Kleidungstücke. Eph sah auf das eingeschlagene Gesicht des vor ihm liegenden strigoi . Hatte er die Macht des Meisters unterschätzt? Hatte er seinen Widersacher hierher gelockt?
Er griff nach Silberschwert und Lumalampe und stellte sich in eine kleine Nische neben dem Kühlraum, die eine gute Sicht auf die Tür zur Treppe bot. Sich zu verstecken, hatte ohnehin keinen Sinn – die Vampire nahmen noch den leisesten Herzschlag wahr.
Langsam kamen die Schritte die Treppe hinunter, näherten sich der Tür … als sie plötzlich schneller wurden und die Tür aufgetreten wurde. Eph sah eine Silberklinge aufblitzen – ein Schwert wie seines – und sofort wusste er, mit wem er es zu tun hatte. Er senkte das Schwert und trat aus der Nische.
Vasiliy Fet trug Wollhosen und einen blauen Anorak; eine lederne Tasche hing an seiner Seite. Der Kammerjäger zog die Kapuze zurück – ein grauer Bart zierte sein Gesicht – und schob das Schwert wieder in die Scheide.
»Vasiliy! Verdammt, was machst du hier?«
Mit zusammengekniffenen Augen blickte Vasiliy erst auf Ephs Arztkittel und Gummihandschuhe, dann auf den strigoi auf dem Seziertisch. »Was machst du hier? Ich bin gerade erst zurückgekommen …«
Eph legte sein Schwert zurück in die Tasche. »Ich untersuche diesen Vampir.«
Vasiliy trat etwas näher heran, inspizierte das zerschmetterte Gesicht der Kreatur. »Hast du ihn so zugerichtet?«
»Nein. Jedenfalls nicht direkt. Er wurde von Steinen getroffen, die heruntergefallen sind, als ich das Bellevue Hospital in die Luft gejagt habe.«
»Das warst du? Die Explosion war ja meilenweit zu hören.«
»Sie hätten mich da beinahe erwischt.« Eph war froh, Vasiliy hier zu sehen – aber er spürte auch, wie sich sein Körper vor Zorn anspannte. Was sollte er tun? Den Rattenfänger umarmen? Oder ihn windelweich prügeln?
Vasiliy deutete auf den Vampir. »Und dann hast du beschlossen, ihn hierher zu bringen. Um mit ihm zu spielen.«
»Es war eine Gelegenheit, einige offene Fragen zu beantworten.«
»Für mich sieht das eher nach Folter aus.«
»Nun, das ist vermutlich der Unterschied zwischen einem Wissenschaftler und einem Kammerjäger.«
»Ja, schon möglich.« Vasiliy stellte sich auf die andere Seite des Seziertisches und funkelte Eph an. »Aber bist du sicher, dass du diesen Unterschied überhaupt noch kennst? Vielleicht hast du dir diesen Vampir hier vorgenommen, weil dir der Meister nicht zur Verfügung steht. Dir ist doch klar, dass dir diese Kreatur nicht sagen wird, wo dein Junge ist, oder?«
Eph konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn sie Zack auf diese Weise ins Spiel brachten. Sie hatten ja keine Ahnung, wovon sie redeten … »Ich studiere die Physiologie der Vampire, um nach Schwachstellen zu suchen. Nach etwas, das wir uns zunutze machen können.«
»Aber wir wissen doch schon alles über sie. Sie dringen in unsere Körper ein wie eine Naturgewalt. Und ernähren sich von uns. Was gibt’s denn sonst noch zu wissen?«
In diesem Moment gab der Vampir zwischen ihnen ein leises Stöhnen von sich, und seine geöffnete Brust hob und senkte sich langsam.
»Verdammt, Eph«, zischte Vasiliy. »Töte ihn wenigstens.« Sichtlich angewidert trat er vom Seziertisch zurück und fragte mit gespielter Beiläufigkeit: »Wo ist Nora?«
Eph atmete tief ein. »Ich glaube, ihr ist etwas zugestoßen«, erwiderte er mit gepresster Stimme.
»Was meinst du damit? Sag schon!«
»Als ich hierher kam, war sie verschwunden. Ebenso ihre Mutter.«
»Wohin verschwunden?«
»Ich vermute, sie sind vor den Vampiren geflohen. Jedenfalls habe ich seither nichts mehr von ihr gehört. Und wenn du auch nichts von ihr gehört hast – dann ist ihr etwas zugestoßen.«
Vasiliy starrte Eph ungläubig an. »Und du hattest nichts Besseres zu tun als hierzubleiben und diesen verdammten Vampir zu sezieren?«
»Ich habe hier auf sie gewartet, ja. Und auf dich.«
Jetzt spürte Vasiliy, wie die Wut in ihm aufstieg. Nur allzu gern hätte er Eph eine ordentliche Abreibung verpasst. Dieser Hurensohn hatte alles, was er, Vasiliy, nicht hatte – und er warf es einfach so weg! Doch anstatt Eph ins Gesicht zu schlagen, seufzte Vasiliy lediglich und sagte: »Also schön. Was hast du
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