Die Nacht Der Jaegerin
großes Wort – wenn du auf dem Land keine Beständigkeit hast, dann bist du am Arsch. Verflucht, ich hör mich an wie so ein verdammter Rechtskonservativer.»
«Weißt du», sagte Greta. «Wenn es mit dem Wetter so weitergeht, bleibt Jeremy sowieso die nächsten Tage auf dem Hof. Und wenn ihn nicht grade jemand anruft, um ihm von Natalie zu erzählen, erfährt er überhaupt nichts.»
Danny starrte in seine Suppe. Ein blutroter Teich. Er dachte an Natalie Craven und ihren verhuschten Lebensgefährten und an Ben Foley und seine verhuschte Frau.
Ben Foley, der Retter von Stanner Hall. Ein ambitionierter, undurchsichtiger Londoner, der als irrational, ja als besessen galt. Ben Foley, der bei den Leuten klingelte, um sie zu fragen, ob sie schon mal den Hund von Hergest gesehen hatten.
«Ein Vorbote des Todes.»
Greta sah ihn an. «Was?»
«Der Hund von Hergest.»
«Bleiben wir mal auf dem Teppich, ja?», sagte Greta. «Jeremys Ma hat immer gesagt, dass er ständig Sachen gesehen hat, die gar nicht da waren. So ist er eben.»
«Trotzdem, das sagen die Leute: Der Hund von Hergest ist ein Vorbote des Todes.»
«Aber nur, wenn du Vaughan heißt.»
«Die Vaughans sind ausgestorben.»
«Dann muss sich ja niemand Sorgen machen», sagte Greta.
«Sei einfach ganz offen», sagte Merrily. «Sag mir, was ich deiner Meinung nach tun soll. Sag mir, ob ich überreagiere. Sag mir, dass es an der Zeit ist, sie flügge werden zu lassen, ihr Freiraum zu geben, die Nabelschnur zu durchtrennen und mich abzuregen.
Los, sag mir das alles, Lol.
»
«Du weißt doch, dass ich mit Klischees nichts anfangen kann.» Lol ging mit dem Handy zur Stalltür, entriegelte die obere Hälfte und stieß sie gegen den Widerstand des vereisten Schnees auf, der sich in dem Spalt festgesetzt hatte. Irgendwo da draußen war das Frome Valley, genauso weiß und kalt und tot wie die Psychiatriestation, an die sich Lol nur allzu gut erinnerte.
«Ich komm rüber», sagte Lol.
«Nein. Das geht nicht. Wirklich. Sie haben es gerade im Radio durchgesagt: Gehen Sie nach Hause und bleiben Sie im Warmen. Setzen Sie sich nur im Notfall ins Auto, und selbst dann ...»
«Hier ist es gar nicht so schlimm.» Lol schaute in die Richtung, in der sein Auto stehen musste, konnte es aber nicht erkennen. Es war inzwischen beinahe ganz dunkel, und der Schnee fiel so dicht wie eine Wand.
«Ich mache mir schon genügend Sorgen, ohne mir vorzustellen, dass du vielleicht die ganze Nacht in deinem alten Astra, dessen Heizung schon vor Jahren ihr Leben ausgehaucht hat, in einer Schneeverwehung feststeckst.»
Hinter Lol erklang Musik. Ein langsamer, dunkler Zwölftakt-Blues von dem Album, das Prof Levin gerade für die Gitarrenlegende Tom Storey abmischte. Ein drängender, pulsierender musikalischer Schwung: Das Leben geht weiter.
«Es ist wegen Gomer», sagte Merrily. Sie hatte Lol schon alles über Ben Foley, seinen Gewaltausbruch und über Hattie Chancery erzählt. «Gomer macht sich Sorgen. Das ist praktisch noch nie vorgekommen.»
«Du könntest sie doch anrufen. Sie hat doch ihr Handy dabei, oder?»
«Das könnte ich, stimmt. Ich könnte einen Eiertanz veranstalten, ganz vorsichtig fragen und auf den Moment warten, in dem sie ausrastet, auflegt und das Handy abschaltet, sodass ich sie überhaupt nicht mehr erreichen kann. Das
könnte
ich natürlich tun. Würdest
du
das machen?»
An der Wand direkt hinter der Brandschutztür hing ein Gasglühstrumpf. Während des Krimiwochenendes hatte Ben die Doppeltür offen stehen lassen, sodass man den Glühstrumpf von der Treppe aus sehen konnte.
Jetzt, wo er nicht leuchtete, sah er kein bisschen romantisch aus. Zweifellos würde er wieder in Betrieb genommen, wenn die
White Company
im Haus war. Inzwischen wurde der Korridor von elektrischen Wandlampen erleuchtet. Die Raufasertapete wirkte in dieser Beleuchtung gelblich.
Jane blieb etwas breitbeinig am Anfang des Durchgangs stehen und machte eine Aufnahme. Sie hätte natürlich das Stativ mitnehmen sollen. Aber wenn sie runtergegangen wäre, um es zu holen, wäre sie vermutlich nicht mehr zurückgekommen.
Die Kamera im Anschlag, ging Jane mit grimmiger Entschlossenheit weiter und blieb erst vor der letzten Tür auf der rechten Seite stehen. Das Bild wackelte. Durch die Kameralinse und mit dem glimmenden roten Aufnahmesignal war das Ganze sowohl aufregender als auch weniger beängstigend, weil alles unpersönlicher und eher wie eine ... berufliche Aufgabe
Weitere Kostenlose Bücher