Die Nacht Der Jaegerin
war eine echte Schönheit, und sie brauchte ihn, und es war sein Job. Ich glaube, es hat ihm gefallen, so gebraucht zu werden ... eine Zeitlang.
Als sie schwanger wurde, war das die schönste Zeit ihrer Ehe, das hat er mir oft gesagt. Die Glückshormone. Aber nach meiner Geburt ... ob es so war wie bei ihrer Schwester, weiß ich nicht ... ob sie eifersüchtig war, aber ... ich glaube, wenn sie sich nicht selbst umgebracht hätte, dann hätte sie mich umgebracht.»
Ben stellte den Ton ab. Brigid bewegte weiter den Mund und gestikulierte, das Gesicht verzerrt, Tränen in den Augen. Sie wischte sich über die Augen, und auf einem Handgelenk war ein rötlicher Streifen zu sehen, der nach getrocknetem Blut aussah, und daneben frische Schürfwunden.
Merrily fragte Ben: «Er ist hiergeblieben, um ein Interview mit Brigid zu machen?»
«Dieser scheinheilige Dreckskerl.» Ben schaltete den Fernseher ab. «Wie hat er sie nur rumgekriegt? Keine Ahnung. Aber er hat ein Interview von mindestens fünfzig Minuten, und das ist ein Vermögen wert. Während meine blödsinnige Conan-Doyle-Doku ... tja, die wird
nie
gedreht werden, was? Jetzt wissen Sie, warum ich ihn umbringen könnte.»
«Haben Sie mit der Polizei darüber gesprochen?»
Er wirkte verwirrt. «Warum sollte ich das tun? Er hat ja nicht gegen irgendein Gesetz verstoßen, oder? Zugegeben, ich habe überlegt, dass die Polizei, wenn sie Natalie unter Anklage stellt, so ein Filmchen vielleicht gerne beschlagnahmen würde ... und damit hätte er die Aufnahme nicht mehr exklusiv. Aber das war mir dann doch zu plump. Ich habe es
Ihnen
erzählt, weil Sie mich nach ihm gefragt haben, aber es wäre mir lieber, wenn Sie es für sich behalten könnten. Es tut mir leid, aber im Moment suche ich noch nach einer Gelegenheit, es ihm so richtig heimzuzahlen.»
«Ich würde gerne Brigid fragen, was sie dazu zu sagen hat.»
«Ich auch, wenn ich mit ihr sprechen dürfte», sagte Ben. «Hören Sie mal, diese ... Vaughan-Sache. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Kann es wirklich sein, dass diese Frau ...»
«Ich weiß es nicht, Ben.»
«Wir wissen nicht, ob überhaupt etwas davon wahr ist, oder?»
«Es würde jedenfalls vieles erklären.»
«Die Vererbbarkeit des Bösen?»
«Ich kann das Meiste, was ich tue, nicht beweisen ...» Mit einem Mal war Merrily so müde, dass sie aufstehen musste, um nicht den Kopf auf den Schreibtisch sinken zu lassen und einzuschlafen.
Als sie nach Bliss suchte, deutete Mumford auf eine Tür bei der Treppe. Mumford legte den Finger auf die Lippen, als sie leise die Tür öffnete. Vor ihr lag ein kleines Arbeitszimmer mit Bücherregalen. Und Bliss lag mit dem Kopf auf dem Arm halb auf dem Schreibtisch.
Doch er sprang sofort auf.
«Schlafen ist erlaubt, Frannie», sagte Merrily.
«Werd wohl langsam alt.»
«Hören Sie, wenn Danny Thomas zurück ist, hoffe ich, dass Clancy hierhergebracht werden kann. Und Sie könnten mir Brigid doch noch für eine halbe Stunde anvertrauen, oder?»
«Sie wollten mich im Halbschlaf überrumpeln, damit ich einfach ja sage, stimmt’s? Wissen Sie, ich habe schon genügend Seelenmessen miterlebt. Ich weiß, welche Emotionen das hervorrufen kann. Ich will kein Blut auf dem Altar.»
«Blut auf dem Altar?»
«Die Kollegen haben mit Nathan geredet ... Sie wissen schon, dieser Typ mit der großen Knarre und dem kleinen Hirn, den Mrs. Parsons zusammengeschlagen hat, weil er das Schwerverbrechen begangen hat, ein Privatgrundstück zu betreten.»
«Oh.»
«Ich gehe natürlich davon aus, dass Ihnen das neu ist. Als er wieder einigermaßen reden konnte, hat er als Erstes Mr. Sebastian Dacre angerufen und von ihm Schweigegeld verlangt. Wie man es eben so macht.»
«Wann war das?»
«Gestern Abend um kurz vor sieben. Nathan hat außerdem gesagt, dass Sebbie vor ihrem ersten ... Einsatz von dieser Frau gesprochen hat, die bei Berrows lebt. Anscheinend hat er angedeutet, Nathan und seine Kumpels müssten sie nicht gerade mit Samthandschuhen anfassen. Natürlich hat Sebbie nichts davon gesagt, dass sie
zurückschlagen
könnte.»
«Und Sie glauben, deshalb ist Dacre bei diesem Schneesturm in die Stanner Rocks gegangen? Weil er die Bestätigung dafür haben wollte, dass sie wirklich Brigid Parsons war und sich nicht geändert hatte?»
«Wir haben uns Sebbies Handy angesehen, um festzustellen, wen er angerufen hat und mit wem er vielleicht verabredet war. Leider ist es auf die Felsen geknallt, sodass
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