Die Nacht Der Jaegerin
viel Erfahrung im Catering und im Hotel-Management. Clancy hatte erzählt, in wie vielen Hotelbetrieben Natalie schon gearbeitet hatte. Die letzte Anstellung hatte sie aufgegeben, weil sich Clancy in der Schule nicht wohl fühlte. Und als die Sommerferien da waren, hatte Nat das alte Wohnmobil gekauft, und sie waren losgefahren, um nach einem schönen Ort zum Leben zu suchen. Wie die Zigeuner, hatte Clancy gesagt.
«Also interessiert sich dieser Typ überhaupt nicht für die Geschichte mit dem
Hund von Baskerville
?», fragte Nat.
«Höchstens, um sie als eine von Bens verzweifelten Bemühungen um einen Neustart in seiner Aussteigerserie unterzubringen. Und das würde davon abhängen, ob Ben ein paar alte Promi-Bekannte aus seiner Filmzeit herlocken kann. Das würde doch sowieso so aussehen, als würden sie das nur aus Mitleid machen, oder?»
«Tja, in der Aussteigerserie aufzutauchen, wäre für Ben vermutlich eine ziemliche Demütigung. Der Mensch liebt es eben, andere auf die Schnauze fallen zu sehen. Ganz besonders, wenn es sich wie bei Ben um einen arroganten Mistkerl handelt, der früher beim Film Erfolg hatte.»
Jane nickte verdrießlich. Sie sah nun alles vor sich wie das Rohmaterial für einen Film: die feuchten Flecken an den Wänden und die welligen Velours-Tapeten; Stanner Hall, das unter dem grauen Winterhimmel beinahe wie eine Ruine wirkte; Ben, der durchs Gebäude streifte wie ein verwirrter, überforderter Hausmeister. Jane hatte das Gefühl, dass es Antony Largo nicht gerade die allergrößten Gewissensbisse bereiten würde, seinen alten Kumpel Ben in die Pfanne zu hauen.
Der Staubsauger wurde ausgeschaltet, und Jane sah die Treppe hinauf. «Das sollte nicht sie machen, das sollte ich machen.»
Nat warf einen Blick auf das Frühstückstablett. «Sie hat dich stattdessen das Frühstück servieren lassen, weil sie sich bei so etwas im Hintergrund halten will. Eine tolle Chefin!»
Und du bist eine Hotel-Managerin mit sehr viel Berufserfahrung
, dachte Jane.
Aber trotzdem seid ihr beide hier gelandet.
Aber sie sagte nichts.
Dann kamen Ben und Antony Largo aus dem Speisesaal. Largo sagte gerade: «... den Bach runter, ganz klar. Ich sage auch nicht, dass du nicht im richtigen Moment ausgestiegen bist, ich glaube nur ...»
Er unterbrach sich. Er hatte Natalie gesehen, und er sah sie auf die Art an, wie es die meisten Männer taten. Sie stand in einem schräg hereinfallenden Strahl Sonnenlicht und sah auf ihre absichtslose Art genauso umwerfend aus wie immer.
«Das ist Natalie Craven.» Ben machte einen Schritt nach vorn, sodass er zwischen Nat und Antony stand. «Natalie ist meine ... Geschäftsführerin.»
Nat hob eine Augenbraue. Antony legte den Kopf schräg. «Sagen Sie, sind Sie zufällig Schauspielerin?» Als Natalie ohne jedes Lächeln den Kopf schüttelte, setzte er hastig hinzu: «Das sollte keine Beleidigung sein, Natalie. Ich dachte bloß, Ben hätte Sie vielleicht hergeholt, weil Sie ihm noch ... einen alten Gefallen schulden.»
«Sie schuldet mir überhaupt nichts», sagte Ben spitz.
«Hey!» Antony hob die Hände. «War nicht böse gemeint, Kumpel.»
«Schon gut.» Ben wirkte etwas erschöpft. «Nat, wenn Sie Amber sehen, sagen Sie ihr doch bitte, dass ich mit Antony in die Kirche gehe, damit er ... die Vaughans kennenlernt.»
«Oder möchten Sie uns vielleicht begleiten?», sagte Antony schmeichelnd zu Nat.
Nat lächelte ihn an. «Ich war schon einmal dort. Außerdem muss ich telefonieren, weil ein paar Umbuchungen zu machen sind.» Sie sah Ben an. «Zum Beispiel für die Gruppenbuchung, die Sie von diesem auf ein anderes Wochenende verschoben haben. Warum nehmen Sie nicht Jane mit?»
Ben zuckte gleichgültig mit den Schultern. Jane fand, dass sie eigentlich hinaufgehen und Amber helfen sollte, aber vielleicht wollte Nat auch herausbekommen, wie sich die Verhandlungen zwischen Ben und Antony Largo entwickelten, und erwartete nach ihrer Rückkehr einen Bericht.
Cool.
«Es ist doch bestimmt längst Zeit für deine Pause, oder?», sagte Nat. «Und die Vaughans hast du auch noch nicht kennengelernt.»
Die Kirche von Kington stand einsam am Rande der Stadt. Von der Straße aus wirkte sie wie eine Dorfkirche. Ben sah nicht einmal zu ihr hinüber, als er mit seinem alten blauen MG , dessen Verdeck heruntergeklappt war, an der Zufahrt vorbeifuhr. Antony Largo saß auf dem Beifahrersitz, Jane hatte sich auf die enge Rückbank gezwängt.
«Das war doch die Kirche», sagte
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