Die Nacht Der Jaegerin
angeheuert.»
Danny hatte davon gehört. Irgendwelche Typen mit Gewehren trieben sich in der Gegend herum. «Sind Waliser, oder?»
«Aus Südwales, ja. Sollen angeblich Füchse abschießen.»
«Passt das zusammen?», fragte Danny. «Gibt doch keinen leidenschaftlicheren Jäger als Sebbie.»
«Barry Roberts vom Arrow-Valley-Schützenverein versteht’s auch nicht», sagte Jed Begley. «Und ist nicht grade glücklich darüber. Abgesehen davon: Habt ihr in letzter Zeit mehr Füchse gesehen als sonst? Ich jedenfalls nicht. Nee, Sebbie Dacre hat ein Alkoholproblem, und davon abgesehen ist er komplett verrückt.»
Danny nickte. Sebbie Dacre, Sebbie Three Farms: Friedensrichter, Jagdmeister, Räuberbaron der Marken, mit einem ausgefallenen, aber gefälschten normannischen Wappen über seiner Eingangshalle und auf seinem Range Rover. Er wurde als eine Art moderner Landadliger angesehen – kein gutes Vorbild, fand Danny –, aber Sebbie war einflussreich, kaufte am Ort und bei den Futtermittelhändlern in der Gegend ein, ging in die Pubs und beschäftigte Arbeiter und Handwerker aus der Umgebung ... nun ja,
normalerweise
jedenfalls.
Sebbie Dacre und Jeremy Berrows hatten schon immer als Nachbarn gelebt, zwar keinen engen Kontakt gepflegt, sich aber auch nie gestritten ... obwohl man an Jeremys Grundstücksgrenze das Gefühl hatte, als hinge Sebbies finsterer Blick über einem wie eine Gewitterwolke. Der Grund dafür war, dass Sebbies alter Herr nach dem Kauf von Emry Morgans Bauernhof ein sehr gutes Gebot für den Kauf von
The Nant
abgegeben hatte, das zwischen Emrys Hof und dem Besitz der Dacres lag. Doch die Besitzer, die sogar mit Sebbie verwandt waren, hatten
The Nant
den Berrows’ verkauft, und zwar nur, weil sie die Berrows’
mochten.
Und das war Sebbies Meinung nach überhaupt kein Grund.
«Seit der Scheidung ist er nicht mehr der Alte», sagte Jed. «Ist jetzt ungefähr zehn Jahre her. Dass er Frau und Kind los war, hat ihn anscheinend weniger gestört als die Kosten für den Unterhalt und den Anwalt. Seitdem hat er mit der Weiblichkeit nur noch für eine schnelle Nummer zu tun. Und dann zieht diese Wahnsinnsfrau bei Jeremy Berrows ein, und er sieht sie wahrscheinlich jeden Tag, wenn sie heimkommt. Hättest ihn vorhin wegfahren sehen sollen, Danny. So wie der über dem Lenkrad gehangen und die Gänge reingewürgt hat, da wollte man echt nicht auf derselben Straße unterwegs sein.»
«Wie seine Oma», ertönte auf einmal die hohe Stimme des alten Joe Cadwallader.
Gwilym sagte: «Was meinst du damit, Joe?»
«Seine Oma. Ihr seid alle viel zu jung, das is das Problem. Seine Oma is vor dem Krieg immer in Gladestry innen Pub gegangen. Das war was damals, ne Frau allein im Pub ... unerhört. Und dann noch Bier trinken ... richtiger Skandal. Aber ne Frau allein im Pub, die sechs große Bier trinkt, un sich anschließend hinters Steuer von ihrer alten Karosse setzt ... also das war echt was.»
«Irre», sagte Robin Thorogood. «Hat sie nie jemanden umgebracht?»
Joe Cadwaller antwortete nicht, weil Robin Thorogood von «draußen» stammte. Er warf nur grinsend einen Blick in die Runde, sagte «Hüa! Hüaa!» und trank sein Guinness aus.
Hier endete das Gespräch, und die Gruppe ging auseinander. Die letzten Bestellungen waren aufgegeben worden, und Danny machte sich auf den Heimweg. Als er aus dem Pub ging, war er sicher, den alten Joe Cadwallader leise
«Hüa! Hüaa!»
vor sich hin sagen zu hören.
Mitten in der Nacht kam ein kräftiger Wind aus Richtung Wales auf, der die Regenrinnen klappern und die Kiefern ächzen ließ.
Jane rollte sich aus dem Bett, zog ihre Fleece-Jacke an und stellte sich ans Fenster. Sie hatte Amber zwei Stunden lang geholfen, ein Schlafzimmer wieder herzurichten. «Aufmotzen» hatte Amber es genannt und sarkastisch bemerkt, es könnte ja sein, dass sie doch nochmal Konferenzgäste ins Haus bekämen. Jane fühlte sich von der Absage Dr. Kennedys beinahe persönlich gekränkt. Das hier waren gute, schwer arbeitende Leute, auch wenn Ben dazu neigte, andere herumzukommandieren, als wäre er noch beim Fernsehen.
Irgendwie gefiel ihr seine Einstellung:
Das Leben ist wie das Fernsehen – wenn etwas auf dem Bildschirm auftaucht, muss es auch in Wahrheit passiert sein.
Immerhin konnte man das als eine Methode betrachten, Dinge geschehen zu lassen. Oder als einen Versuch, die Wirklichkeit zu verbessern.
Das Fenster bot zwar keine so großartige Aussicht wie das im
Weitere Kostenlose Bücher