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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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antwortete nicht. Auf der gemauerten Treppe wurden Schritte laut, und dann tauchten Alistair Hardy und Harry Potter auf. Hardy hatte sein Jackett ausgezogen. Um die Hemdsärmel trug er altmodische Gummi-Ärmelhalter. Er spähte zu Jane hinüber.
    «Alles wieder in Ordnung mit uns, Kleine?»
    «Uns geht es gut. Wir hatten bloß seit dem Frühstück nichts gegessen. Uns war vorher schon schlecht. Das war der einzige Grund. Jetzt geht es wieder bestens.»
    «Gut», sagte Hardy. «Dürfen wir uns kurz umsehen?»
    Natalie stand auf. «Ich dachte, Sie würden ...»
    «Es dauert nur einen Moment. Das ist also die Küche.» Er blinzelte. «Gehörte früher vermutlich zum Bedienstetentrakt.»
    «Das stimmt», sagte Harry Potter. «Das habe ich auf den Grundrissen aus der viktorianischen Zeit gesehen.»
    «Und woher hatten Sie diese Grundrisse?» Jane stand auf. Sie fürchtete einen Moment, dass ihre Beine sie erneut im Stich lassen würden, aber dann ging es. Grundrisse? Sie hatten
Grundrisse von diesem Gebäude
? Ob Ben das wusste?
    «Wo ist Ben?», sagte Natalie.
    «Oh, er ist aus dem Haus gegangen.» Harry Potter strich sich eine fettige Haarsträhne aus der Stirn. «Als wir in der Nähe der Eingangstür waren, haben wir gehört, dass draußen geschossen wurde, und Ben meinte, es wäre auf der Tonspur zu hören und würde die ganze Aufnahme kaputt machen. Er war ziemlich genervt. Also ist er raus, um das abzustellen.»
    Die schießwütigen Waliser, verdammt.
    «O mein Gott.»
Nat sprang auf, drängte sich zwischen Alistair Hardy und Harry Potter durch und stieß auf dem Weg aus der Küche beinahe mit jemandem zusammen, der gerade die Treppe herunterkam.
    Amber. Sie blieb ein paar Sekunden unten an der Treppe stehen, nachdem Nat verschwunden war. Jane wollte Nat hinterher, aber ...
    Amber.
Diese Leute kommen mir nicht in meine Küche.
    Jane sah Alistair Hardy zu, der auf seine bedächtige Art durch die Küche ging, bis er die Kücheninsel von den Ausmaßen Australiens zwischen sich und Amber hatte.
    «Es gibt keinen Grund sich zu fürchten, Mrs. Foley», sagte er.

19  Schlappschwanz
     
    Amber sagte beinahe weinend: «Das ist die Küche. Sie ist das Herz ...»
    «... des Hauses. Exakt.»
    Alistair Hardy beugte sich über die riesige Kücheninsel, die Hände flach auf das geölte Hartholz gestützt: der Bankfilialleiter an seinem Schreibtisch, einem Kunden die Alternativen darlegend.
    Doch er und Amber sahen diese Sache vollkommen unterschiedlich, das wusste Jane genau. Amber betrachtete diese Küche als das Herz ihrer eigenen schrumpfenden Welt. Diese Frau war vermutlich das Einzige am
Stanner Hall Hotel
, was man ernsthaft als professionell und wertvoll bezeichnen konnte, und das hier war ihr Refugium, hier bewahrte sie sich ihr letztes bisschen Selbstvertrauen, während das übrige Haus vergammelte, zerbröselte, zusammenbrach und Geld verschlang. Das hier war
ihre
Küche. Hardy dagegen ...
    «Sie liegt tiefer als das übrige Haus», erklärte Harry Potter. «Sie mussten die Fundamente in den Fels hauen. Dieser Teil hier wurde in eines der ältesten Felsgesteine gebaut, das es in England gibt. Diese Felsen sind über sechshundertfünfzig Millionen Jahre alt.»
    «Na und?»
Amber stemmte wütend und verständnislos eine Hand in die Hüfte. «Sechshundert Millionen, viertausend Millionen –
alle
Felsen sind im Vergleich zur menschlichen Spezies uralt. Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.»
    Sie trat einen Schritt zurück. Vielleicht war ihr wieder eingefallen, dass sie gerade die Leute anschrie, die für Weihnachten als zahlende Gäste gebucht hatten.
    «Mrs. Foley ...» Beth Pollen kam die letzten Treppenstufen herunter und betrat die Küche. «Oh, was für ein Durcheinander. Das ist alles meine Schuld. Ich dachte, Sie wären
au fait
mit allem. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie sich Sorgen machen ... ich wohne doch nur ein paar Kilometer entfernt. Ich hätte leicht ...»
    «Ich verstehe nicht», sagte Amber.
    Jane erschien die Küche inzwischen beinahe ein bisschen höhlenartig. Das diffuse Licht, die schmalen Fenster, die aussahen wie verbreiterte Schießscharten. Vielleicht bildete ja dieser uralte Felsen sogar einen Teil der Wände – Ambers Küchenheiligtum war ein Teil der Stanner Rocks. In der Ecke saß Clancy an ihrem Tisch und hörte regungslos zu.
    Amber musste das Licht angeschaltet haben, denn plötzlich leuchtete eine Reihe Halogenstrahler auf, deren Licht Hardys Gesicht hellrosa

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