Die Nacht Der Jaegerin
das Flittchen hätte ihn einfach verhext.»
«Und Sebbie Dacre?», fragte Gomer. «Was hält Sebbie Dacre von ihr?»
«Sebbie kann sich nicht beklagen», sagte Danny.
«Jetzt hatter Zelda Morgan, oder?»
«Ja. Ist aber ziemlich abgekühlt, die Sache, hab ich gehört. Zelda hat anscheinend keine Lust mehr, seine Launen zu ertragen.»
«Oder Sebbie meint, er kann was Bessres haben als Zelda», sagte Gomer. «Sucht vielleicht eher ne reiche Frau, nachdem ihn seine Madame bei der Scheidung so ausgenommen hat.»
«Haben Sie ...» Danny zögerte, während sie in Richtung Kington abbogen. «Haben Sie was davon gehört, dass Sebbie in letzter Zeit irgendwie komisch wird, Gomer?»
«Wie jetzt?»
«Na ja ... diese schießwütigen Waliser. Die hat er auf Jeremy angesetzt. Als hätte er irgendeine fixe Idee, was Jeremy angeht, seit Jeremy was Ernstes mit dieser Frau angefangen hat, oder so.»
«Du glaubst, es hat was mit der Frau zu tun?»
«Weiß ich auch nicht.»
Sie fuhren eine Zeitlang schweigend weiter. Dann sagte Danny: «Manchmal kommt es mir vor, als würde sich alles immer mehr aufladen und als wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die Explosion kommt. Zuerst habe ich gedacht, es läge am Schnee – Sie kennen doch das Gefühl, das man kriegt, wenn der erste Schnee bevorsteht. Aber es liegt nicht nur am Schnee.»
Gomer warf ihm einen Blick zu. «Tja, wenn du schon sone Gefühle hast, dann frag dich ma, wies erst Jeremy Berrows gehen muss.»
Nat hatte Jane hinunter in die Küche gebracht.
Dort stand unter einem der hohen Fenster ein geblümtes Sofa. Sie hatten sich gesetzt, und Jane hatte gezuckerten Tee getrunken. An der gegenüberliegenden Wand stand der Beistelltisch, an dem Clancy Hausaufgaben machte. Als klar war, dass es Jane besser ging, hatte sich Clancy wieder an ihren Tisch zurückgezogen, um mit ihren Hausaufgaben weiterzumachen.
«Das ist mir noch nie passiert.» Jane war wütend auf sich selbst, weil sie Alistair Hardy diesen triumphalen Moment verschafft hatte. Und der Harry-Potter-Widerling würde die Geschichte genüsslich seinen schwachsinnigen Freunden erzählen, oder – noch schlimmer – sie in irgendeinem Spiritisten-Chatroom im Internet verbreiten: Die Geschichte von dem Mädchen, das die ganze Sache für totalen Quatsch hielt und dann angesichts des Beweises einfach aus den Latschen gekippt war.
«Das kann vorkommen», sagte Natalie zu Jane.
«Bei mir nicht. Ich falle
nie
in Ohnmacht.»
Natalie sagte nichts. Auch sie hatte die naheliegendste Frage nicht gestellt. Das hatte keiner getan, nicht einmal Alistair Hardy.
«Wo sind sie?»
«In der Bar», sagte Nat. «Er sucht immer noch nach seiner sogenannten Kontaktstelle.»
«Und wo ist Amber?»
«Ich weiß nicht. Sie ist völlig am Ende.»
«Vermutlich wünscht sie sich, sie hätte Stanner Hall nie im Leben gesehen.»
«Kommt mir auch so vor.»
Dann sagte Jane: «Als wir gerade nach Ledwardine gezogen waren, hatte ich eine gute Freundin, die sich unheimlich viel mit der Geschichte und den alten Volkserzählungen aus der Gegend hier und mit der Dichtung Thomas Trahernes beschäftigt hat.»
«Das musst du mir nicht erzählen», sagte Nat. «Deine Vergangenheit gehört erst einmal dir ganz allein. Du musst nicht ...»
«Ich will es aber. Sonst macht es mich irre, und mit Mom kann ich aus naheliegenden Gründen nicht darüber reden. Diese Freundin hieß Lucy Devenish. Sie wurde von ihrem Moped gestoßen und starb auf der Straße. Sie war schon älter, und sie war ziemlich dünn, und sie hatte ein Gesicht wie ein alter Krieger, und sie ...» Stechende Tränen sammelten sich in Janes Augen. «Jedes Mal, wenn sie aus dem Haus ging, Nat, trug sie diesen ... blöden Poncho.»
Nat sagte nichts dazu. Stille hing in der riesigen Küche. Man hörte nur Clancys Faserstift, als sie irgendetwas unterstrich. Clancy drückte immer viel zu fest auf.
Jane verschlang die Hände ineinander. «Glauben Sie, er hat sie aus meinen Gedanken? Hat mir eine Erinnerung gestohlen? Verstehen Sie, ich kann einfach nicht glauben, dass ... sogar wenn sie wirklich ... ich kann einfach nicht glauben, dass sich Lucy so ein Weichei ausgesucht hätte. Ich spüre, dass er in meinem Kopf war. Ich spüre, dass er sie da rausgeholt hat, so wie sich ein Hacker Zugang zu einer Festplatte verschafft und irgendeine alte Datei rausholen kann. Das war Vergewaltigung.»
«Das glaube ich nicht, Jane», sagte Nat.
«Dass er es aus meinem Kopf hat?»
Natalie
Weitere Kostenlose Bücher