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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Hattie Chancery. Hat immerzu
Hüa, Hüaa
!
gebrüllt, um die anderen Reiter anzutreiben.
Hüa, Hüaa!
, so ging’s bei Hattie immer.»
    Gomer lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    «War ein weiblicher Jagdmeister damals ungewöhnlich?», fragte Jane.
    «Hier jedenfalls schon. Aber Hattie war ’ne Wahnsinnsreiterin, un außerdem hat sie ganz schön Autorität ausgestrahlt. War auch ziemlich groß, weißte. Un in späteren Jahren hat sie ziemlich was auf die Waage gebracht. Un Bier hatse getrunken. Immer Riesendurst, die Frau», sagte Gomer. «Ich weiß noch, dass die Leute in den Straßengraben gesprungen sind, um sich in Sicherheit zu bringen, wenn sie im Auto vom Pub in Gladestry kam. Das is ne Tatsache, die sin in den verdammten Straßengraben gesprungen, un ham sie wie eine Irre lachen hörn, wie sie mit runtergekurbelten Scheiben total vollgetankt an ihnen vorbeigefahrn is.»
    «Und was war mit ihrem Ehemann?»
    «Robert? Der hat sich rausgehalten, Janey. Is nicht mit auf die Jagd – erstens konnt er nich reiten und zweitens hatte er ne Verletzung ausm Ersten Weltkrieg, aber ich hab auch gehört, dass ihn die Jagd angeekelt hat. Das Blut, verstehste? Is anscheinend als anderer Mensch ausm Krieg in Frankreich zurückgekommen und hat nie darüber geredet, was er dort erlebt hat. War ein Arztsohn aus Kington. Hat gut ausgesehen und is Hattie aufgefallen. Sie war noch jung, achtzehn oder so, als sie geheiratet ham. Da war ihr Vater schon tot, und so is Robert nach Stanner Hall gezogen. Hattie wär sowieso nie dort weg. Hat Robert heimgebracht, als wär er die Braut und sie der Bräutigam.»
    Jane nippte an ihrem Tee und versuchte sich Robert vorzustellen, einen empfindsamen Mann, für immer vom Grauen der Schützengräben gezeichnet.
    «War ne echte Fehlentscheidung. Die ham überhaupt nich zusammengepasst», sagte Gomer. «Hat schon früh Probleme gegeben, und von da an isses bloß immer schlimmer geworden.»
    «Haben Sie ihn mal gesehen?»
    «Der ist am liebsten im Haus oder auf ihrem Gelände geblieben, aber ich hab ihn ein- oder zweimal gesehen. Einmal war ich mit meinem Dad auf dem Hergest Ridge unterwegs, da muss ich so ungefähr sieben gewesen sein, und da ham wir Mr. Robert getroffen. Hat mir ’nen Apfel geschenkt. Un ich weiß noch, wie mein Dad ihm nachgesehn und gesagt hat: ‹Armer Kerl.› Das werd ich nie vergessen.
Armer Kerl.
»
    «Und wie lange hat es dann noch gedauert, bis ...»
    «Oh, vielleicht ein oder zwei Jahre. Hat nämlich vorher noch ewig Gerede über Hattie un ihre Männer gegeben.»
    «Sie hatte andere Männer?»
    «Kannste wohl sagen. Und zwar jede Menge, wenn man glauben will, was die Leute so erzählt ham. War ne gutaussehende Frau, verstehste? Goldblonde Haare und ne Figur wie ’ne antike Statue. Da sind Geschichten rumgegangen ...» Gomer räusperte sich. «Vielleicht haste ja schon mal gehört, dass Jäger mit dem Blut ihrer ersten Beute getauft wern. Es hieß, die Jagd hier in der Gegend hätt ihre ganz spezielle ... Zulassungsprüfung. Für die neuen Jungs, die bei der Jagd mitreiten wollten. Um festzustellen, ob sie ihr gewachsen waren, verstehste?»
    «Der Jagd oder Hattie Chancery?»
    «Es hieß, Hattie wär ... ich schätze, heutzutage gibt’s dafürn Begriff.»
    «Großzügig?»
    «Mannstoll», sagte Gomer. «Geil wie ’n Kerl, hab ich meine Ma mal zu Mrs. Probert aus Cwm sagen hörn. Nachdem sie getan hatte, was sie getan hat, hamse natürlich alle möglichen Erklärungen parat gehabt. Dasse sowieso mehr wie ’n Mann gewesen wär. Dasse sich dauernd im Pub geprügelt hat. Dasse ’n Bierglas an der Thekenkante kaputt geschlagen hat, um’s jemand ins Gesicht zu rammen ...»
    «
Was?
Stimmt das?»
    «Nachdem sie Robert umgebracht hatte, sin alle möglichen Geschichten rumgegangen. Auch welche, die ich lieber nicht wiederholen würd.» Gomer schniefte. «Jedenfalls nich vor ’ner jungen Dame.»
    «Oh,
Gomer.
»
    «Janey, das war doch alles nur Tratsch. Und das hab ich sowieso erst gehört, als sie schon fünf oder sechs Jahre tot war. Kannst du dir doch vorstellen, wie sich ’n paar Halbwüchsige über so was das Maul zerreißen.»
    Jane stellte sich Gomer als Jugendlichen vor: dünn wie ein Strick und Haare wie ein Straßenbesen.
    «Gomer, ich bin inzwischen siebzehn!»
    Gomer schenkte sich Tee nach. «Es war oben auf den Stanner Rocks», sagte er. «Sie hat sie immer mit rauf auf die Stanner Rocks genommen.»
    «Die Männer?»
    «Is komisch da oben. Die

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