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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Robert wollt nich hin, konnt mit dieser lauten Gesellschaft nichts anfangen. Also geht Hattie allein hin. Kommt um zwei oder drei Uhr morgens zurück, kann natürlich sein, dass sie nach dem Ball noch mit jemand zusammen war.»
    «Schlampe.»
    «Genau. Also, er is immer noch auf, als sie reinkommt, höchstens isser im Sessel eingedöst. Dann gibt’s ein Riesengebrüll. Die Hausangestellten hams gehört, aber sie warn ja dran gewöhnt, verstehste? Erst als sie im Garten weitergestritten ham und dann auf einmal alles ganz still war, ham ein paar von den Dienstboten ma nachgesehen. Und dann hamse Robert im Garten gefunden. Und Hattie, die stand einfach ’n paar Schritte von ihm entfernt wie ’ne Statue un hat die Arme hängen lassen. Un in jeder Hand hatte sie ’nen Stein. Vom Kaminsims.»
    «O Gott.» Jane fragte sich, wie gut Ben diese Geschichte kannte.
    «Dann hat sie die Steine fallen lassen un is ganz ruhig an ihnen vorbei ins Haus gegangen. Die Angestellten ham Robert reingetragen und im Salon aufs Sofa gelegt. Einer hat den Arzt angerufen, aber sie ham gewusst, dasses zu spät is. Hattie hören sie inzwischen oben rumlaufen, aber keiner hat sich zu ihr raufgetraut. Und dann fällt einem auf, dass die Schreibtischschublade offen steht. Die, in der Robert seinen Armeerevolver eingeschlossen hat.»
    «Oh nein.»
    «Kaum hamse die Schublade offen stehen sehn, isses auch schon zu spät. Der Schuss hallt durchs ganze Haus wie ...»
    «O G –.»
    «... Donner. Hat ’ne Weile gedauert, bis einer genug Mut zusammengekratzt hatte, um raufzugehen. Es war dann Leonard, der Butler. Hatte ziemlich was zu tun, bisser die Schlafzimmertür auf hatte, weil Hattie direkt dahinter aufm Boden lag.»
    Jane hörte sich fragen: «War sie tot?»
    «Hat sich den Revolver in den Mund geschoben un abgedrückt, Janey.»
    Jane wäre am liebsten aufgesprungen und schreiend weggelaufen. Wenn sie dadurch die Erinnerung an den lauten Knall losgeworden wäre, den sie in diesem Zimmer gehört hatte.
    «Nich grade ’n schöner Abgang», sagte Gomer. «Aber eigentlich hat’s zu ’ner Frau wie ihr gepasst. Keine halben Sachen. Wie viel die Kinder davon mitbekommen ham, weiß ich nich ... vielleicht is Paula ja deswegen verrückt geworden.»
    «Ich hätte aber nicht gedacht, dass sie eine Frau war, die Selbstmord begeht.»
    «Was hättse denn sonst machen solln? Den Rest ihres Lebens im Gefängnis sitzen? Das hätt noch weniger zu ihr gepasst, oder? Wir ham uns später Geschichten von ihrem Geist erzählt, der mit ’nem Stein in jeder Hand im Garten umgeht.»
    Gomer stellte die Teetassen und die Kanne auf ein Tablett und trug es zur Spüle.
    «Und immer hat ihr Geist
Hüa, Hüaa!
gerufen», sagte er über die Schulter.

23  Eine spontane Entscheidung
     
    Danny war um halb vier Uhr morgens mit einem Gefühl der Beklemmung aufgewacht, das so stark wurde, dass er schließlich aufstand, im Wohnzimmer ein Holzscheit aufs Feuer legte und Musik hörte. Irgendwann musste er auf dem Sofa eingeschlafen sein, denn als er die Augen wieder aufschlug, war es sieben Uhr, und Greta stand mit einem Becher Tee vor ihm.
    «Du musst nicht gehen, Danny.»
    Danny setzte sich auf.
    «Du hast schließlich selbst gesagt, dass das nicht deine Angelegenheit ist», sagte Greta.
    «Aber ...»
    «Aber gar nichts.»
    «Aber du findest, ich
sollte
es ihm erzählen. Oder?»
    «Du kannst es mir erzählen. Wenn du willst.» Greta setzte sich in ihrem alten rosa Frotteebademantel neben ihn. Danny dachte an die siebzehnjährige Greta, die sich für Rockmusik begeisterte, und daran, wie er sich immer vorgestellt hatte, sie würden in einem Strandhaus am Meer wohnen, und wie er gewusst hatte – er hatte es einfach
gewusst
 –, dass es eines Tages so kommen würde. Und jetzt saßen sie immer noch hier, dreißig Jahre später.
    «Dir was erzählen?»
    «Die restliche Geschichte», sagte Greta. «Da geht es doch um mehr, stimmt’s?» Es konnte Jahre her sein, dass sie so mit ihm gesprochen hatte – so
ruhig.
    «Keine Ahnung, was du meinst.»
    «Sieh mich an», sagte Greta.
    Er tat es. Sie hatte schon immer gut ausgesehen, wenn sie die Haare offen trug, allerdings tat sie das inzwischen nur noch morgens nach dem Aufstehen. Danny überkam ein Gefühl von Verlust und Traurigkeit.
    «Er ist einfach anders, das ist es, Gret. Das weißt du doch. Anders als die anderen, anders als ich. Aber ich erkenne das wenigstens.»
    «Wie anders?», sagte Greta.
    «Hör zu, es tut mir

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