Die Nacht der lebenden Trekkies
Flurbeleuchtung kaputt gemacht. Eine Mauer aus Finsternis begrüßte ihn. Jim schaltete das LED -Lämpchen des Tasers ein und ließ den Strahl über den Boden wandern. Er fiel auf einen gewaltigen Blutfleck, der von blutigen Fußabdrücken umgeben war. Jemand, wahrscheinlich sogar mehrere Jemande, waren hier gestorben. Aber wo waren die Leichen?
Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, dachte Jim. Es ist schlimmer.
Er hielt die Aufzugtür mit einem Bein offen und leuchtete weiter umher. Der Lichtstrahl landete auf Dexters Glock 17. Die Handfeuerwaffe des Hotelsicherheitschefs lag ein Stück neben der Tür von Zimmer 301.
Jim schob den Kopf aus der Liftkabine und fragte sich, ob er sein Glück versuchen sollte, sich die Pistole unter den Nagel zu reißen. Sämtliche Wandlampen auf dem Gang waren zwar erloschen, doch die roten Notleuchten, die den Weg zum Ausgang wiesen, reichten aus, ihm zu zeigen, dass er hier momentan allein war.
Die Knarre war gerade mal fünf Meter weit weg. Im Moment wollte er nichts anderes als sie.
Jim sortierte seine Kartenschlüssel, bis er den fand, mit dem man den Aufzugcomputer außer Kraft setzen konnte. Er schob die Karte ins Bedienfeld und hielt den Lift mit offener Tür an Ort und Stelle fest.
Dann ging er zur Glock hinüber und hob sie auf. Es war eindeutig Dexters Waffe. Und sie war abgefeuert worden. Jim zog das Magazin heraus und stellte fest, dass nur noch sieben von siebzehn Kugeln vorhanden waren. Der Sicherheitschef war also nicht kampflos untergegangen.
Obwohl sein Widerstand ihm nichts genützt hatte.
Jim stand im Dunkeln und spürte, dass seine Hoden versuchten, sich in seinen Unterleib zurückzuziehen. Seit dem letzten Kampfeinsatz hatte er sich nicht mehr so entmutigt gefühlt. Damals war dies hauptsächlich auf der Patrouille passiert. Beim Herumstochern in unheimlichen Häusern und klaustrophobisch engen Vierteln hatte er sich ständig gefragt, ob er die nächste Ecke lebend sah.
Dies hier war ganz ähnlich. Nur schlimmer. In Afghanistan war er wenigstens nicht allein gewesen. Jetzt stand er der Gefahr mutterseelenallein gegenüber.
Was angesichts meiner Erfolgsbilanz möglicherweise umso besser ist, dachte er ergrimmt. Wenn ich hier oben draufgehe, stirbt außer mir niemand.
»Wird Zeit, mutig woanders hinzugehen«, murmelte er.
Er zog gerade die Schlüsselkarte aus dem Bedienfeld des Aufzugs, als er eine Stimme rufen hörte.
»Hallo? Ist da jemand?«
Jim erschreckte sich so, dass die Schlüsselkarten zu Boden fielen. Er sammelte sie flink ein, dann trat er wieder in den Gang hinaus.
»Wo sind Sie?«, rief er.
»Zimmer 308.«
Jim schluckte. Dieser Raum befand sich im letzten Drittel des Ganges zu seiner Rechten.
»Sind Sie verletzt?«, fragte er.
»Nein, aber ich kann mich nicht bewegen. Es ist kompliziert.«
Jim richtete den grellen Strahl des Tasers in den Gang hinein. Er war so intensiv, dass er befürchtete, er könnte seine Position verraten. Außerdem machte er sich Sorgen um den Zustand der Batterie. Dann fiel ihm der Plastikphaser ein. Er holte ihn aus dem Rucksack und betätigte den Abzug. Das Spielzeug erzeugte einen weniger durchdringenden, aber noch immer hilfreichen Strahl bernsteinfarbenen Lichts.
Jim schob den Taser in das Holster zurück und machte sich, die Pistole in der rechten, den Phaser in der linken Hand, auf den Weg. Als er an den Zimmern vorbeiging, konnte er die Bewohner der dahinter liegenden Räume ächzen, röcheln und an der Tür scharren hören. In ihrem gegenwärtigen Zustand mangelte es ihnen wohl am nötigen Grips, um einen Türknauf zu drehen und hinauszugehen.
Jemand hatte einen Servierwagen dazu verwendet, die Tür zum Zimmer 306 offen zu halten. Jim blieb an der Schwelle stehen und lugte um die Ecke. Er sah einen Mann in den mittleren Jahren, der, in einen Bademantel gekleidet, apathisch zwischen den Betten des Zimmers hin und her ging. Dort, wo seine Hände gewesen waren, waren zwei blutige Stümpfe. Ein grotesk aussehender Augapfel hockte irgendwie unpraktisch auf seinem kahlen Schädel.
Die Kreatur schien Jim wahrzunehmen, denn sie wandte sich um und verbeugte sich – allem Anschein nach, damit das Auge auf dem Schädel bessere Aussicht hatte. Jim wartete nicht darauf, dass das Gestöhn anfing. Er schob den Servierwagen ganz hinein und zog die Tür ins Schloss.
Dann eilte er zum Zimmer 308, dessen Tür, wie er feststellte, ebenfalls ein wenig offen stand. Jim fragte sich kurz, ob es eine Falle war.
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