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Die Nacht der Schakale

Die Nacht der Schakale

Titel: Die Nacht der Schakale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Ihnen gewähren.« Er stieß zu wie ein Turmfalke: »Und das auch erst in drei Wochen. Mit dem Außenminister werde ich eine spezielle Urlaubslösung für Sie persönlich besprechen.« Er stand auf, nahm das Dossier und verschloß es sorgfältig in seinem Office-Tresor. »Ich gebe zu, daß ich Sie ein bißchen plötzlich aus Ihren Träumen gerissen habe; die Zeitverschiebung, der Klimawechsel und nunmehr Deutschland-West, statt Fernost. Was sein muß, muß sein. Ich will Sie nicht drangsalieren, Lefty.« Er sprach ohne Bedauern und ohne Wärme. »Auch wenn es Sie momentan hart trifft, wird es Sie bald trösten.« Über sein von den Jahren angefressenes Gesicht lief ein Lächeln wie Salzsäure. »Ich kann Ihnen bestätigen, daß Sie bei Ihrem Ferienabenteuer in Indonesien nicht viel versäumt haben – trotz der bemerkenswert zarten Pfirsichhaut von Miß Miles.«
    Es war ein Knockout, und mir wurde schwindlig.
    Vanessa mußte mich genauso hereingelegt haben wie dieser abgefeimte Puppenspieler. Meine Gefühle machten bankrott, und ich konnte momentan nicht mehr tun als zu verbergen, wie heftig der Schock war: Diese dunkelblauen Augen, klar und rein wie ein Bergsee, diese scheue, zurückhaltende Art, dieser grazile Körper, für den man die Empfindungen aufsparte, bevor man ihn berührte – ich wehrte mich gegen den Gedanken, daß die Frauen aus uns Esel machten – sofern wir uns nicht wie Schweine benahmen.
    Jedenfalls steckte hinter Vanessas plötzlicher Familienangelegenheit nichts anderes als meine zweifelhafte Firma – Romeo und Julia nach CIA-Art.
    »Sie haben also Vanessa auf mich angesetzt?« fragte ich mit einer Stimme, die auf Sandkörner biß.
    »Seien Sie doch nicht kindisch«, wies mich Gregory zurecht. »Glauben Sie, ich lasse einen Mann wie Sie völlig unbeaufsichtigt durch Fernost globetrotten?«
    »Sie halten es für nötig, Sir, mich noch drei Wochen vor meinem Ausscheiden bespitzeln zu lassen?«
    »Was ist das für eine Ausdrucksweise?« stauchte er mich zurecht. »Ich habe Sie nicht bespitzeln, sondern abschirmen lassen. Außerdem: Tests sind immer nötig. Ein Auto muß ja auch immer wieder zur Inspektion.«
    »Nun bin ich ein Mensch und kein Fahrzeug«, erwiderte ich.
    »Richtig«, sagte er, »und ein tüchtiger Experte dazu. Ich bin mir darüber im klaren, daß Sie die Gegenseite nicht hereingelegt hätte, denn Sie haben sich an unsere Residentur in Djakarta sogar noch vor der von uns als normal angesetzten Verzögerungszeit mit der Bitte um Auskunft über Miß Miles gewandt.«
    »Wie schön, daß ich nicht aufgefallen bin«, ironisierte ich. »Gelernt ist gelernt, nach elf Jahren, isn't it, Sir?«
    Der Vice reagierte nicht.
    »Aber es war kein Fair play. Ihr Mann in Djakarta hat mich nach allen Regeln seiner schäbigen Kunst durch eine Falschaussage getäuscht.«
    »Werden Sie nicht albern, Lefty«, wies mich die Mumie zurecht. »Der Mann hat in meinem Auftrag gehandelt. Auf Befehl, Lefty.« Er fixierte mich. »Und Sie würden doch auch meinen Befehl ausführen, ob es Ihnen paßt oder nicht.«
    »Noch drei Wochen lang, Sir«, entgegnete ich.
    Selbst meine Stimme zeigte Genugtuung.
    »Außerdem war es ein Doppeltest«, fuhr der große Gregory schamlos fort. »Auch Ihre Bewacherin hatte sich in den folgenden Tagen einer Probe zu stellen.« Er nickte mir zu. »Die Dame hat ebenfalls bestanden, mit Auszeichnung. Das war für mich nicht unwichtig, denn sie ist eine Debütantin.«
    Sollte er sagen, was er wollte, wer ihm glaubte, war selbst daran schuld.
    Ich sah auf die Uhr und dachte an den Kalender.
    Drei Wochen würde ich noch durchstehen, dann wären solcherlei Mätzchen vorbei, erledigt, ausgestanden, und das bedeutete, daß künftig und erstmals eine Frau für mich eine Frau sein würde und kein Objekt, das zuerst mich testen sollte, bevor ich ahnungslos zur Gegenprobe schritt und dadurch zur Unterhaltung des alten Gregory beitrug.
    Menschen, ihre Träume, Hoffnungen und Gefühle zählen einen Dreck im Untergrund, es sei denn als Waffe oder Daumenschraube. Und das war noch die humanste Art, einen Mann auf den Marschstraßen des Hinterhalts in der vorgeschriebenen Bahn zu halten, kontrolliert und manipuliert, herumzuschieben. Und darum wünschte ich ja diesen Satansjob zur Hölle.
    Ich dachte an Vanessa, und mir wurde übel. Eine Debütantin? Vielleicht. Womöglich aber auch ein besserer Profi als ich. Hereingefallen waren wir wohl beide, aber mich traf es wahrscheinlich härter, denn ich

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