Die Nacht der Uebergaenge
fürchtete.
„...sie mag das Blut zweier Krieger in sich tragen, aber das
macht sie noch lange nicht selbst zu einem. Sie ist meine Tochter, Salama.
Diese Vision kann unmöglich wahr sein. Nicht Awendela. Jede andere kann
meinetwegen berufen werden. Nehmt die Schwester der Devena Romana. Bringt ihr
bei, wie man kämpft. Aber nicht meine Tochter. Ich habe sie schon einmal
fast verloren. Sollte sie im Kampf sterben, sei es für eine noch so gute Sache
und eine ehrenvolle Aufgabe, wäre es für mich mehr als ich ertragen könnte.“
Es war ihm egal, ob er sich in diesem Augenblick über jede Regel, die er kannte
und verinnerlicht hatte, hinwegsetzte. Natürlich vertraute er Cat und er würde
auch ihrer Führung vertrauen, aber Wendy würde nicht mehr beschützt sein, wenn
sie die Tri’Ora erst einmal verließ und das schmerzte ihn mehr, als die Wunde
an seiner Seite, an der das Blut von neuem zu tropfen angefangen hatte und nun
durch den Stoff durchzusickern begann.
. . .
Ash wusste immer noch nicht, was ihn gestern Abend geritten
hatte, Awendela gegenüber den Gentleman heraushängen zu lassen. Ein Handkuss,
selbst nur angedeutet, hatte ihn beinahe an den Rand der Raserei gebracht. Wäre
seine Mutter nicht in der Nähe gewesen, dann hätte die Sache wirklich peinlich
für ihn enden können.
Ihre Abwehrreaktion hatte ihn elektrisiert. Sie reagierte auf seine
Anwesenheit!
Eigentlich hätte er sich für dieses Gefühl des Triumphes
schämen müssen, doch insgeheim schwoll ihm die Brust an, als wäre er ein Tier,
das ein Weibchen beeindruckt hatte. Gegen seine Instinkte kam er nur an, wenn
er sie in Eisenketten legte. Wehe, sie wurden losgelassen.
Das durfte nicht passieren!
Damit würde er die junge Dame nur erschrecken und daran
erinnern, was ihr passiert war, als sie das letzte Mal auf einen
unkontrollierbaren Mann ihrer Rasse getroffen war. Daran musste er stets
denken, es gab für ihn keine Möglichkeit, seinen Gefühlen freien Lauf zu
lassen. Unter keinen Umständen!
Er war nicht der Typ Mann, der sie eines Tages ihre Leiden vergessen machen
könnte. Er war nicht sanft oder fürsorglich, dafür beherrschte ihn die
tierische Natur zu sehr, die viel zu wild war und in Kombination mit dem
Aryanerblut wüten konnte, ohne dass er ihr Einhalt zu gebieten vermochte.
Seine Nähe hatte Awendela irritiert, ihre heftige Reaktion
sprach Bände, wenn sie wüsste, was er getan hatte, dann würde sie zumindest
versuchen, ihn in Stücke zu reißen. Es war gut, dass sie sich zurückgezogen
hatte. Noch eine weitere Sekunde bei Vollmond in ihrer Nähe ertragen zu müssen,
wäre zu viel für ihn gewesen. Ihm hatte der Weg der Flucht nicht offen
gestanden, das hatte seine Mutter ihm nur zu klar gemacht. Er wünschte sich,
ihr gegenüber offen ansprechen zu können, was er Awendelas zarter Seele
Schlimmes antun könnte, doch solche Respektlosigkeiten wären ihm niemals über
die Lippen gekommen. Die beiden Frauen hatten genug gelitten, er musste die
Schmerzen nicht erneut heraufbeschwören.
Gott, könnte er nur ein wenig mehr wie Nevin sein!
Der Mann hatte es vom ersten Moment fertig gebracht, dass seine Mutter sich in
seiner Nähe gut aufgehoben und beschützt vorgekommen war. Und er hatte sich
nicht gescheut, Ash gegenüber zu seinen Gefühlen zu stehen, selbst als er sich
vor dessen Augen in eine blutrünstige Bestie verwandelt hatte.
… Es ist mir völlig gleichgültig, was mit mir passiert!
Wenn es zu Gwens Bestem ist, dann töte mich! Ich habe keine Angst vor dem Tod!
Nur davor, ihr vielleicht weh zu tun oder Schaden zuzufügen …
Es war schon beinahe vierzig Jahre her, doch er erinnerte
sich noch an jede Einzelheit dieser Nacht, als er Nevin aufgelauert hatte, der
noch ein Breed gewesen war. Also schwach und ihm völlig wehrlos ausgeliefert.
Seine Mutter hatte zum Glück niemals davon erfahren. Nevin war bereit, alles
für sie zu tun, auch die Umwandlung in Ketten zu verbringen, weil er
schließlich erfahren hatte, was Gwen so unsicher und distanziert im Umgang mit
Männern machte. Aber es war anders gekommen… Die Zeit der Heilung war
angebrochen und Ash konnte sich heute kaum eine glücklichere Frau vorstellen
als seine Mutter, die ihr warmherziges Wesen unter Nevins Schutz und Fürsorge
wieder gefunden hatte.
Nun saßen sie alle beisammen und erwarteten gespannt von der
Vision zu hören, die die neu ernannte Sophora am frühen Morgen ereilt haben
musste. Der Platz neben ihm war frei, aber sie waren ja eine
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