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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Händen, weil sie die Worte, die sie von ihrer eigenen Berufung
überzeugen sollten, beinahe selbst gesprochen hätte, obwohl diese wohl vom
Orakel kamen. Nur zu gerne hätte sie Jagannathas Zweifeln nachgegeben, aber sie
wusste selbst nur zu gut, dass sie niemals Dinge sah, die ohne Bedeutung waren.
Nicht unter diesem Dach.
     
    Cat hielt sich unwillkürlich an Romys Hand fest, als Nico die
zweite Vision ereilte, die mit Nathan zu tun zu haben schien. Sie hielt sich
ihre Seite, als wüsste sie, dass Manasses ihn dort mit einem Hieb getroffen
hatte, der sie beim Zusehen an den Rand der Raserei gebracht hatte. Es war zum
Glück Mittag und sie war noch sehr von dieser Affectio-Sache erschöpft, so dass
sie auf keinen Fall fähig gewesen war, sich zu verwandeln.
Es war trotz allem ein fairer Kampf gewesen und Catalina musste zugeben, dass
ihr Erzeuger ein Händchen für diese Waffe hatte. Allerdings wäre er ihr in
einer direkten Auseinandersetzung nicht so leicht davon gekommen. Sie war es
gewöhnt, nicht auf ihre Kräfte zurückgreifen zu können und trotzdem gegen
Aryaner zu kämpfen. Sie hätte ihm zu gerne eine Lehre erteilt, aber um des
lieben Friedens willen darauf verzichtet.
    Sie war nun völlig fassungslos, als Nico Wendys Leiden
erlebte, die sie nur aus Erzählungen kannte. Sie hätte am liebsten geschrien,
dass es aufhören sollte, doch so etwas ließ sich niemals aufhalten. Trotzdem
wäre es ihr lieber gewesen, wenn das Mädchen das nicht hätte sehen müssen.
    Sie wird eine Kriegerin werden… Sie muss Anlagen haben,
die sie dazu befähigen, das auszuhalten. Sie würden doch kein unbedarftes Kind
in den Krieg schicken… , versuchte sie, sich in Gedanken zu beruhigen.
Catalina regte sich nicht über die Tatsache auf, dass ihre harte Erziehung sie
zu jemand Besonderem gemacht hatte. Wenigstens hatte das Ganze nun einen Sinn
bekommen. Die jahrelange Quälerei war nicht umsonst gewesen.
     
    Nathan bebte innerlich vor Wut. Er wusste nur zu gut, dass er
sich mit seinem Einwand gerade sehr weit, wenn nicht schon zu weit aus dem
Fenster gelehnt hatte. Jede Art von Bestrafung wäre ihm Recht gewesen, doch das
Mädchen erneut mit einer schrecklichen Vision für seine Verfehlung bluten zu
lassen, war nicht fair. Salama wusste ganz genau, dass er in Rage und als
besorgter Vater gesprochen hatte. Das hatte nichts damit zu tun, dass er das
Offensichtliche anzweifelte. Er wollte nur nicht begriffen haben, dass Wendy
ein Teil dieser Vision sein sollte, die Nicolasa ihnen allen mitteilte.
    Salama strafte ihn auf die übelste Weise für seinen Einwand,
die er sich hätte vorstellen können. Nico sah und fühlte, was Winston seiner
Tochter vor einhundert Jahren angetan hatte. Alles. Bis ins kleinste Detail.
Sie ahmte mit ihren Fingernägeln sogar die Narben in Awendelas Gesicht nach.
Wie war das möglich? Was machte Salama mit ihr? Warum ließ sich die Sophora
dies gefallen? Nur annähernd erahnte er, dass dies etwas mit ihren zukünftigen
Fähigkeiten zu tun haben musste, die genauso besonders waren wie die der
Formwandlerin Catalina.
    Nathan biss sich so sehr auf die Innenseiten seiner Wangen, dass
er auch dort zu bluten begann. Nicos Schmerzen und die Art, wie sie ihn ansah,
war für ihn unerträglich. Er hatte sie nicht ängstigen wollen und auch nicht
gewollt, dass sie die Vergangenheit sah. Sie war so klein und zerbrechlich.
Alles, was sie sah, musste eine kaum zu ertragende Belastung sein und ihr dabei
zusehen zu müssen, war entsetzlich. Nathan fühlte sich in diesem Augenblick
genauso schwach wie damals, als er Wendy nicht rechtzeitig hatte retten können.
Vollkommen fassungslos sah er die Sophora an, die ihm verkündete, nicht das
Blut eines Kriegers hatte Awendela in den Kreis der neuen Krieger berufen,
sondern das Leid, das sie sozusagen auf ihre Standfestigkeit geprüft hatte.
    Er hätte gern etwas zerschlagen. Einen dieser Stühle
vielleicht, die Salama mit ihrem Herzblut und fantastischen Geschmack gesammelt
und bis in die heutige Zeit bewahrt hatte. Am liebsten hätte er gleich den
ganzen Raum in Schutt und Asche gelegt. Genauso wie er damals Winston zerlegt
hatte. Sollten sich Cat, Romana und Wendy etwa freuen, diese Grausamkeiten in
ihrem Leben ertragen zu haben, weil es sie zu Kriegern gemacht hatte? Nico sah
jedenfalls nicht so aus, als wäre sie über ihre Visionen glücklich. Ganz im
Gegenteil. Was erwartete Salama von ihr? Was erwartete sie von ihm? Die
männlichen Krieger waren da, um zu

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