Die Nacht der Uebergaenge
Draco, die ehrwürdige
Devena Thersites stolz und anmutig in einem Kleid aus flammendroter
französischer Seide entgegen schritt und an Wendys Stelle eine Antwort auf die
ausgesprochene Einladung Catalinas gab.
Ihre orangebraunen Augen blickten gütig und freundlich drein, um ihre
feingeschwungenen Mundwinkel jedoch zeigte sich ein amüsierter Zug. Ihre
Enkeltochter würde um nichts auf der Welt den Platz in der Tri’Ora aufgeben.
Ein kleiner Besuch, um die zukünftige Frau ihres Vaters kennen zu lernen, ja,
aber länger als eine Woche würde sie der Schwesternschaft nicht fernbleiben.
Sie konnte es auch gar nicht. Ihr Schwur band sie daran und diese wurden in
ihrer Gesellschaft immer noch eingehalten.
Es sei
denn, Catalina fand einen Weg, diesen zu umgehen.
Was Thersites, die schon von der Listigkeit ihrer zukünftigen Schwiegertochter
gehört hatte, nicht wundern würde.
„Seid
gegrüßt, Devena. Ich hoffe, mein Sohn hat es nicht versäumt, Euch wenigstens
von mir zu berichten, meine Liebe.“
Nathans Mutter verbeugte sich vor der neuen Devena. Eine üppige Stola aus
ebenso rot gefärbten Fuchsfell verhüllte ihr immer noch jugendlich frisches
Dekolletee und sie hielt es züchtig mit einer brillantberingten Hand an Ort und
Stelle vor dem tiefen Ausschnitt, bevor sie sich wieder aufrichtete und
Catalina so spontan in ihre Arme schloss, wie diese das eben mit Wendy getan
hatte. Das war sicher eine Geste, die sich ihr Sohn von ihr wünschte.
„Möget Ihr
auf eine strahlende Zukunft blicken und meinem Sohn das wiedergeben, was er
seit langer Zeit vermisst.“
Liebe, Glück, Geborgenheit. Etwas, dass dieses Kind hier auch sehr gut
gebrauchen konnte. Jagannatha würde sie gewiss nicht unglücklich machen.
Thersites hielt Catalinas Schultern umfasst und musterte sie eingehend, als
wäre sie etwas, das man kaufen könnte. Dabei war es nur die Art der Devena,
Catalina in der Familie willkommen zu heißen. Ohne dass diese es merkte, prüfte
Thersites das junge Mädchen sozusagen auf Herz und Nieren. Sie war gesund.
Sogar mehr als das. Sie strotzte nur so vor Fruchtbarkeit und unbändiger
Energie. Man musste schon blind sein, um nicht zu erkennen was in ihr steckte. Eine
Löwin.
Cat konnte
ein überraschtes Zusammenzucken im letzten Moment unterdrücken, als die ihr
völlig fremde Dame zu ihrer Rechten auftauchte und so imposant wie ein
Schlachtschiff wirkte, das das Rote Meer teilte. Als würde allein ihre Aura genügen,
damit die anderen Gäste vor ihr zurückwichen.
Die Worte, die an sie gerichtet wurden, sanken nur langsam zu ihrem Bewusstsein
durch, als würden sie im Treibsand feststecken. Sohn?!
Jegliche Erwiderung blieb ihr vor Überwältigung in der Kehle stecken, weil ihr
klar wurde, dass dies Nathans Mutter sein musste. Eine echte Devena.
Catalina wurde ganz anders, weil sie früher nie auf die Umgangsformen geachtet
hatte. Wieso auch? Sie war eine Jägerin, die hielten sich nicht mit Bücklingen
oder sonstigen Höflichkeitsbekundungen auf. Sie war oft genug blutbesudelt in
den diversen Heimen aufgetaucht, um das Gelingen ihrer Mission zu verkünden.
Sie konnte sich noch gut an den Ausdruck des Entsetzens in den Augen der feinen
Damen erinnern.
Sie konnte gar nicht anders, als von Kopf bis Fuß zu erröten, als sie die
Umarmung und die Glückwünsche entgegen nahm, die sie nur mit einem leisen Danke
erwidern konnte. Dabei warf sie Nathan einen beinah verzweifelten Blick zu,
weil er sie ruhig auf dieses Treffen hätte vorbereiten können. Wenn sie
überhaupt einen Gedanken an seine Mutter verschwendet hatte, wozu überhaupt
keine Zeit gewesen war, dann hätte sie sich niemals jemanden wie Thersites
Draco vorgestellt. Im Vergleich zu ihrem Sohn und ihrer Enkeltochter war sie
irgendwie… ziemlich… überwältigend auf eine sehr mondäne Art und Weise.
“Ich hoffe,
mein Sohn hat ebenso wenig vergessen, was für eine Nacht wir heute haben.“
Thersites Mund verzog sich zu einem höchst anerkennenden, wissenden Lächeln.
„Du bist
wunderschön, Catalina. Eine Zierde für jedes Haus, das dich als seinen Gast
beherbergen wird und ein Juwel in den Reihen der Unseren. Solltest du jemals
Rat brauchen oder Hilfe benötigen, egal um was auch immer es sich handeln mag,
wende dich vertrauensvoll an mich, wenn du Nathan damit nicht behelligen
kannst. Es würde mir sehr gefallen, auch dir eine Mutter sein zu dürfen, Kind.
Du darfst mich Thersites nennen oder Mutter, ganz wie es dir beliebt. Wendy
nennt mich
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