Die Nacht der Uebergaenge
leidenschaftliches Naturell. Sie konnte nur mit
Zurückhaltung und dann mit Zorn reagieren, als die Anziehungskraft zwischen
ihnen beiden immer heftiger geworden war.
“Ich…“
Romys Stimme erstarb, als Rys sich vorbeugte und ihre Unterlippe in seinen Mund
zog, um daran zu saugen. Es war, als träfe sie ein elektrischer Schlag und sie
hatte die blutende Wunde schon vergessen, sie hatte noch nicht einmal Zeit
gehabt, Schmerzen zu verspüren. Ihr Herz raste und ihr stockte der Atem. Sie
brachte keinen Ton heraus, konnte ihn nur wortlos anstarren.
„Komm, gehen
wir ein Stück. In deinem Zustand ist es besser, wir bleiben an der frischen
Luft, statt noch einmal den Saal zu durchqueren. Der Garten ist groß genug.
Niemand wird uns finden und niemand wird uns vermissen.“
Chryses reichte ihr eine helfende Hand und zog sie besitzergreifend an sich. Er
gab die Richtung vor und die führte nicht über Umwege ins Haus, sondern
geradewegs auf den Irrgarten zu, in dessen Mitte sich ein kleiner,
rosenberankter Pavillon befand, der um diese Jahreszeit ebenso ausgestattet war
wie das Liebesnest, das Damon sich gerade mit Nico teilte. Niemand anderer
würde sich dorthin verirren, da Salama keine weitere Störung der beiden dulden
würde.
“Ja, du hast
Recht…“
Romy fühlte sich unerwartet nachgiebig, nachdem er sie mühelos vom Boden hoch
und eng an seine Seite gezogen hatte. Gerade wäre sie ihm ganz sicher bis ans
Ende der Welt gefolgt. Sie versuchte, irgendwie selbst an ihren Verstand zu
appellieren, aber sie konnte nicht leugnen, dass sie allein mit seiner
Gesellschaft zufrieden war. Sie war so erleichtert, dass er ihr wegen ihres
Verhaltens nicht zürnte, dass sie ihren Kopf gegen seine Schulter lehnte und
einfach die stille des Irrgartens genoss, durch das er sie zielsicher führte.
Bei dem
Anblick des Pavillons kamen Romy noch keinerlei Bedenken. Sie hatte keinen
Blick für Einzelheiten, war viel zu sehr damit beschäftigt, die Gefühle
zuzulassen, die sie bisher mit sehr mäßigem Erfolg unterdrückt hatte.
Allerdings zuckte sie erschrocken zusammen, als ein paar diensteifrige
Gestalten auf sie zukamen, die sie und Rys mit sanfter Gewalt voneinander
trennten.
Sie hatte sie zuvor nicht bemerkt und war ziemlich überrumpelt, als ihre Hände
in eine antike Schüssel mit angenehm temperiertem Wasser getaucht wurden. Als
wären sie erwartet worden.
Aber sie war dankbar dafür, dass sie das Blut von ihren Händen waschen konnte,
das sie schon vergessen hatte. Man trocknete ihre Hände ab und rieb sie sanft
mit einer Lotion ein, ohne dass sie sich groß dagegen zur Wehr setzte. Die
Angestellten des Hauses wollten nur helfen und hatten ihre Anweisungen sicher
von der Hausherrin persönlich bekommen.
Sie bedankte
sich mit leisen Worten und die beiden Damen verabschiedeten sich mit einer
tiefen Verbeugung, so dass Romy den Kopf in Rys’ Richtung wandte, dem man sein
Jackett und das blutbefleckte Hemd abgenommen hatte. Sie hatte freien Blick auf
seinen breiten Rücken, was Romy einen ziemlichen Schock versetzte. Nicht weil
sie davon abgeschreckt wurde, im Gegenteil. Sie wollte am liebsten die Hand
ausstrecken, um die ausgeprägten Muskeln nachzufahren, die sich bei der
kleinsten Bewegung abzeichneten. Er sah eindrucksvoll aus und Romy begehrte ihn
mit einem Mal so sehr, dass ihr die Hitze in die Wangen schoss und sie den
Blick von ihm losreißen musste, um nichts Dummes zu tun.
Sie ging
stattdessen auf den Pavillon zu, der geräumiger war, als es ihr auf den ersten
Blick erschien, er war schon eher als Gartenvilla zu bezeichnen. Sie nahm die
ersten beiden Stufen und verharrte dann auf der Schwelle des Eingangs, weil der
Anblick des Inneren sie erstarren ließ und eine weitere Hitzewelle in sich
aufsteigen ließ. Das hier war… Romy fehlte das passende Wort. Eine Liebeshöhle?
Das Rot auf ihren Wangen wurde noch dunkler, weil Rys bestimmt nicht damit
gerechnet hatte, den harmlosen Pavillon, den er sicher von früheren Besuchen
kannte, auf diese Art und Weise hergerichtet zu finden. Ein feiner Duft wild
wachsender Rosen lag in der Luft, der Mondschein drang durch die feinen Stoffe,
die man über die Bögen des Pavillons drapiert hatte und die in der seichten
Brise sanft flatterten. So wie ihr Herz.
Sich an der einen Säule, die den Eingang des Gartenhäuschens einrahmten,
festhaltend drehte sie sich langsam zu Rys um, der gerade ein frisches Hemd
übergestreift bekommen hatte, das über seiner Brust aufklaffte,
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