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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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wilden Amazone
beobachtet wurde, ihr war nur noch das Wohlergehen des Mannes wichtig, der
ihretwegen leiden musste. Auf seiner linken Wange entdeckte sie einen blutenden
Schnitt, der wohl von einem Stück der Phiole verursacht worden war und sie
reagierte instinktiv und drückte ihre bebenden Lippen auf die Wunde, als wäre
er ein kleiner Junge, den die Berührung heilen und trösten würde.
    Sein Blut
vermischte sich mit ihrem und löste Prozesse in beiden aus, die Romy nicht klar
sein konnten. Sie fühlte nur eine unerträgliche Sehnsucht nach seiner Nähe und
noch viel mehr Dinge, die sie nicht einordnen konnte. Und der volle Mond, der
die Szenerie gespenstisch beschien, verstärkte nur die Kräfte, die nun auf sie
wirkten.
    Das Orakel
wusste ganz genau, was es getan hatte, als sie die Splitter in Romys und Rys’
Richtung gelenkt hatte, ohne wirklichen Schaden anzurichten. Es waren nur ein
paar Tropfen Blut, die geflossen waren, doch die reichten, um die
Selbstbeherrschung der neu ernannten Patrona zu untergraben, die ihren
Paarungsduft aussonderte, ohne es kontrollieren zu können. Ihr Geist mochte
sich sperren, doch ihr Körper hatte sich längst entschieden.
    - Ich
sehe, dass du ihn retten möchtest, Romana. Du fühlst dich ihm verbunden und das
seit der ersten Begegnung. Warum unterdrückst du deine Wünsche? -
    „Nein… Das
kann nicht sein!“
Romy löste erschrocken die Lippen von seiner Wange und sank zurück auf die
Unterschenkel, wobei ihre Hände von seinem Gesicht glitten. Sie sah bittend zu
der einschüchternden Amazone auf, damit sie Rys nicht weitere Schmerzen
zufügte. Er sah sie immer noch nicht an und sie konnte die Qualen der
drückenden Ungewissheit kaum aushalten.
    Romy
verteidigte ihn. Rys konnte sich kaum auf ihre Worte konzentrieren. Salama
wütete weiter in seinen Eingeweiden und Flavia drückte die Klinge des Dolches
mit deutlich fühlbarem Genuss fester in die obere Hautschicht seines Halses.
Eine falsche Bewegung und er war tot.
Das Orakel hielt sich niemals mit halben Sachen auf. Der Appell der neuen
Devena würde ungehört bleiben. Mitleid war an dieser Stelle vollkommen fehl am
Platz. Chryses hatte schließlich auch keines gezeigt. Oder, wenn man es genau
nahm, ein bisschen zu viel davon.
Um bei einer neuen, sehr viel härter wütenden Schmerzwelle in seinem Körper
nicht doch schreien zu müssen, schöpfte er so tief Atem wie es die Waffe an
seinem Hals zuließ. Dabei schnappte er so viel von Romys Paarungsduft auf, der
die gesamte Luft um sie herum einnahm und süßer als jeden sommerlich blühenden
Garten riechen und schmecken ließ, dass sich das Gefühl der Folterung in seinem
Inneren um ein zehnfaches verdoppelte.
Nicht das Orakel oder Orsens Mutter bereiteten ihm nun die größte Pein, sondern
Romy selbst. Er wollte nicht gewählt werden, er war kein guter Mann und doch
drängte alles in ihm danach, das genaue Gegenteil zu beweisen. Sofort und auf
der Stelle.
Sie wollte, dass er sie ansah. Doch er konnte es nicht. Ihre weichen Lippen auf
dem blutigen Kratzer an seiner Wange zu spüren, die Wärme dieses kleinen,
zärtlichen Kusses beschwor Bilder in ihm herauf, die er zu verdrängen versucht
hatte. Das Orakel spürte seinen immer noch brennenden Widerstand und schickte
eine weitere Welle des Schmerzes durch ihn hindurch. Diesmal konnte er ein
Aufstöhnen nicht verhindern. Doch es galt mehr Romys Berührung denn Flavia oder
Salama.
Es war nicht seine Art, vor getroffenen Entscheidungen zurückzuschrecken.
Selbst wenn sie sich noch so falsch anfühlten wie in diesem Augenblick.
Romys behandschuhte Hände auf seinem Gesicht hinterließen imaginäre
Verbrennungen auf seiner Haut und er hätte sie gern darum gebeten, sie
fortzunehmen, damit er atmen konnte, doch sein Mund war ihm durch das Orakel
verwehrt. Er hatte sein Recht, etwas zu sagen sehr großzügig verspielt.
Stattdessen hielt sie Zwiesprache mit Romy und die Art wie sie um sein Leben
bat und dieses „Nein, das kann nicht sein!“ hauchte, ließen ihn endgültig
erkennen, wie es um sie stand. Was auch immer sie vor diesem Moment zu ihm
gesagt haben mochte, jede noch so kleine Beleidigung, die auf Gegenseitigkeit
beruhte und jeder Widerstand, den beide einander gegenüber gehegt hatten,
verschmolz zu einem nichtigen, unwichtigen Gegenstand.
     
    „Kein Mann
und auch kein Krieger steht mehr über dir, Romana. Du solltest dich sehr
schnell an deinen neuen Status gewöhnen, mein Kind! Ich bin übrigens Flavia
Hall, die

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