Die Nacht der Uebergaenge
hast
jetzt Zeit, Romana. Unendlich viel Zeit. Du kannst machen, was du möchtest. In
deinem Tempo. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Und was mein Rücken
angeht, nun...“
Rys machte eine bedeutungsvolle Pause, zuckte mit den Schultern und gab sich
ihr gegenüber nun sichtlich gelassen.
„...der hat schon Schlimmeres erlebt als den Zusammenstoß mit einer
Stuckdecke.“
Sie lachten wieder. Rys zog sie in seine Arme, um ihr so auch
körperlich Mut zuzusprechen. Das war es, was sie brauchte. Keine weiteren
Verunsicherungen und keine blöden Kommentare. Sie war heute schon mehr als
mutig gewesen. Zuerst die Sache mit Manasses und dem Geist seiner Frau, dann
Wendy, dann das Zwischenspiel mit dem Orakel und schließlich die Verwandlung,
die alles abschloss.
„Sieht so aus, als würden wir den Rest der Nacht doch nicht
mehr hier verbringen.“
Chryses schob sie nach einer kleinen Weile von sich, erhob sich und suchte in
den Trümmern nach etwas, das sie überwerfen konnten, um einigermaßen geschützt
bei dem hellen Mondlicht durch den Garten zu kommen. Doch von ihren Kleidern
war dank ihrer Eifrigkeit nicht mehr viel übrig. Also riss er die Stoffbahnen
von der Decke, hüllte sie und sich damit ein, half ihr aufstehen und hob sie
abermals auf seine Arme, als sie feststellen mussten, dass ihr ihre Beine noch
nicht ganz gehorchten.
„Du schläfst heute Nacht dann wohl besser bei mir. Bekky
braucht ihre Ruhe und sie wird dir nicht helfen können, falls du doch noch
einen Anfall haben solltest.“
Ein großzügiges Angebot und recht unverbindlich gesprochen, dabei wollte er
nichts lieber als testen, ob die Decke in seinem Zimmer und das mächtige Bett,
in dem er schlief, genauso wenig oder mehr aushielt als der Pavillon.
5. Mondgetrieben
° ° °
Nathan ließ Catalina ihren Willen, als es sie hinaus drängte.
Irgendwie war sie die letzte halbe Stunde über sehr anhänglich geworden, obwohl
sie doch schmollte, weil er ihr über den Mund gefahren war. Dafür würde er sich
später entschuldigen müssen. Seine Mutter nahm Wendy unter seine Fittiche,
somit blieb ihm nur Rys für eine oberflächliche Unterhaltung, die dieser jedoch
schnell unterbrach, da es ihn ebenfalls nach draußen zog. Bei Vollmond waren
alle in seinem Umfeld irgendwie unberechenbar. Verständlicherweise.
Er blieb allein zurück, nippte immer noch an dem ersten Glas
Champagner, das man ihm zum Anstoßen überreicht hatte und fühlte schon bald
eine gewisse innere Unruhe, die damit zu tun hatte, dass Catalina partout nicht
von der Terrasse zurückkehrte.
Musste er sich Sorgen machen? Wohl kaum bei dem Anblick, den sie in ihrer neuen
Gestalt als anmutige Raubkatze geboten hatte. Sie würde sich allerdings auch
verbal und unverwandelt bestens gegen jeden unerwünschten Angreifer zur Wehr
setzen. Auch gegen sich selbst?
Das amüsierte Schmunzeln auf seinem Gesicht erstarb, als er
den alarmierenden Gedanken Romanas auffing. Cat war also tatsächlich bei ihr
und sie fürchtete, dass etwas nicht stimmte.
Augenblicklich entmaterialisierte er sich und tauchte draußen direkt hinter
Catalina, die er immer und überall durch den bereits geschlossenen Blutbund
finden würde und umgekehrt, wieder auf.
Er wusste sofort, was Sache war, als er sie behutsam aus den Armen der anderen
Devena löste, die bereits von Chryses beobachtet wurde, der hoffentlich endlich
eine vernünftige Entscheidung bezüglich Romana treffen würde, statt wie die
Katze um den heißen Brei herumzuschleichen.
„Ich glaube, jetzt ist ein guter Zeitpunkt für eine
Unterhaltung unter vier Augen, Liebste.“, flüsterte er Cat ins Ohr, bevor er
sich mit einem stets verbindlichen Nicken von Romy verabschiedete, die ihnen
sehnsüchtig nachsah und sich wahrscheinlich wünschte, dass Chryses sie
irgendwann selbst so in seinen Armen halten und vor dem Übel der Welt in
Sicherheit bringen würde.
Vor dem Übel des Vollmonds, um genau zu sein. Doch dem würde
Cat selbst bei größter Stärke und Widerstand nicht entkommen. Durch die Katze
in ihr schien sie für die Affectio besonders anfällig zu sein. Zumindest
kam es ihm so vor, als sie sich auf dem Weg in die oberen Stockwerke, in denen
ihre Zimmer lagen, des Öfteren mit gierigem Blick an ihm rieb und dabei seinen
Namen säuselte und seinen Plan, sich mit ihr zu unterhalten absolut
fantastisch fand. Auch das betonte sie mehrmals und so nachdrücklich, dass er
sich gerade noch zusammenreißen konnte, um nicht zu lachen. Die Sache
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