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Die Nacht der Wölfe

Die Nacht der Wölfe

Titel: Die Nacht der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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und als ich ihn fragte, ob er einen Grizzly erlegt oder sonst was Großartiges vollbracht habe, klopfte er auf die Haltestange seines Schlittens und hielt ein Gewehr hoch, eine Lee-Enfield hoch. ›Hab ich von weißem Mann‹, sagte er, ›Schlitten und Gewehr. Er sehr krank. Nicht mehr leben wollen.‹« Er sprach diesen Kauderwelsch, den manche Indianer für Englisch halten. »Er gehen hinaus auf eisiges Meer … brauchen keinen Schlitten und kein Gewehr mehr.«
    »Alex …«, flüsterte Clarissa entgeistert, »das war Alex!«
    »Keine Ahnung, Ma’am. Ich höre hier die tollsten Geschichten, und die wenigsten sind wahr, deshalb bin ich auch nicht gleich drauf gekommen. Vielleicht hatte er den Schlitten und das Gewehr auch gestohlen, keine Ahnung. Nun ja, ich hab ihm den Tabak und den Kaffee gegeben. Solange sie keinen Whiskey verlangen, gebe ich ihnen gern Rabatt.« Er setzte sich wieder und schenkte Tee nach. »Tut mir leid, aber mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Alex!«, flüsterte Clarissa wieder. »Er ist tot! Alex ist tot!« Sie blickte Dolly beinahe flehentlich an. »Warum nur? Warum begeht er Selbstmord, wenn er vorher alles getan haben muss, um aus der Felsspalte zu kommen?«
    Dolly reichte über den Tisch und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Warum lässt du ihn nicht ruhen, Clarissa? Alex ist tot … Ob er in der Felsspalte oder auf dem Meer gestorben ist, spielt doch keine Rolle. Lass ihm seinen Frieden und komm nach Hause … Dort wartet eine neue Zukunft auf dich.«
    »Du … du hast ja recht, Dolly!«
    »Dann lass uns schlafen gehen.« Sie blickte Crazy Craig an. »Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir die Segel streichen? Wir haben eine lange Fahrt vor uns und müssen ausgeruht sein.« Whittler verschwieg sie vorsichtshalber. Warum Crazy Craig aufregen, wenn sie sowieso bald verschwanden?
    »Meinen Segen haben Sie, Ma’am.« Er erhob sich wie ein Gentleman und deutete eine Verbeugung an. »Es war mir eine große Ehre, mich mit zwei so gebildeten und hübschen Damen zu unterhalten, auch wenn wir nur wenig Zeit hatten und Sie meine Antworten vielleicht verstört haben.« Er wandte sich an Clarissa. »Es tut mir sehr leid, Ma’am. Mein aufrichtiges Beileid.«
    Clarissa hörte kaum hin, sie merkte nur am Klang seiner Stimme, dass er ihr sein Mitgefühl ausdrückte, und rannte plötzlich ohne Vorwarnung nach draußen. Ohne Anorak, Pelzmütze und Handschuhe hastete sie in die eisige Nacht hinaus, durch den vereisten Schnee, in den böigen Nachtwind, der ihr winzige Eiskristalle ins Gesicht blies. Sie spürte die Kälte kaum, hatte nur Alex und seinen unwürdigen Tod im Kopf, egal, ob in der Felsspalte oder auf dem Meer, hetzte bis zur Küste und auf das gefrorene Eismeer hinaus.
    Erst nach ungefähr hundert Schritten blieb sie stehen. Umgeben von wabernden Nebelschwaden und dem Wind, der am Meer noch kälter war, starrte sie mit leeren Augen in die Ferne, noch zu schockiert von der so grauenhaft endgültigen Todesnachricht, dass sie nicht einmal weinen konnte. Ihr Blick reichte bis in die schwarze Unendlichkeit, in der Alex verschwunden war, denn wenn er so lange gelaufen war, bis er vor Erschöpfung zusammengebrochen war, lag er irgendwo dort draußen, steif gefroren oder vom eisigen Wasser verschluckt, das am Rande des Packeises über die vereisten Ränder schwappte.
    Der Gedanke an seine letzten Minuten trieb einen Schrei über ihre Lippen, so laut und verzweifelt, dass er bis Nome zu hören sein musste, bis er zu einem heiseren Krächzen verkümmerte, und sie weinend auf die Knie sank und beide Hände in die dünne Schneeschicht grub, die sich über dem Eis gebildet hatte. Sie merkte kaum, wie Dolly ihr nachgelaufen kam, ihr hochhalf und ihr Anorak, Mütze und Handschuhe anzog, sie anschließend fest an sich drückte und sie so lange hielt, bis keine Tränen mehr kamen und sie nur noch leise schluchzte. »Alex! Warum hast du das getan?«
    »Beruhige dich, Clarissa!«, tröstete sie die Freundin. »Es geht ihm gut, es geht ihm sicher gut. Wie ich Alex kenne, bekommt er bestimmt einen Ehrenplatz bei den Engeln, und einen Hundeschlitten gibt’s da oben sicher auch, mit dem fährt er jetzt kreuz und quer durch die Wolken und lächelt auf dich herab. Wer weiß, vielleicht lädt ihn Luther sogar auf einen irischen Whiskey ein …«
    Wie eine Verletzte, die kaum noch laufen konnte, stützte sich Clarissa auf die Schultern ihrer Freundin und ging mit ihr zum Ranchhaus zurück. Ihre Huskys spürten

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