Die Nacht der Wölfe
besorgt, wie sie an seiner gefurchten Stirn und dem leichten Flackern in seinen Augen bemerkte. Seine Frau und seine Kinder scheuchte er davon und wies sie in seiner Sprache an, vorübergehend in einer anderen Hütte zu warten. Seine Stimme klang barsch, fast ärgerlich. Clarissa sah den Verwandten verwundert nach und bemerkte, wie Agnes den Kopf wandte und ihr einen verschwörerischen Blick zuwarf.
In der Baracke bot ihr Chief Leonard einen Hocker an, eine der wenigen Sitzgelegenheiten neben den Decken und Fellen, die auf dem Boden verteilt waren. Im Schein einer altmodischen Öllampe holte er seine kurzstielige Pfeife hervor und setzte den Tabak mit einem glühenden Span aus dem Kanonenofen in Brand. Er rauchte schweigend, schien angestrengt über etwas nachzudenken und sagte schließlich: »Wir bekommen einen strengen Winter.«
Eine Lady aus Vancouver hätte sich vielleicht über einen solchen Satz gewundert, doch Clarissa kannte die Gepflogenheiten. »Die Hunde freuen sich«, erwiderte sie. »Im März will ich mit meinem Gespann am Frontier Race teilnehmen.«
Nach dieser und einigen anderen Nebensächlichkeiten kam Clarissa endlich zur Sache. »Du kennst Alex, meinen Ehemann«, begann sie. Und als er nickte: »Er ist verschwunden.« Auch ihm berichtete sie in wenigen Worten, dass Alex bei dem Aufgebot gewesen war, das drei gefährliche Bankräuber verfolgt hatte, und das sein leerer Schlitten zu ihr zurückgekommen war. »War mein Mann hier? Waren die drei Bankräuber hier? Es sind gefährliche Männer.«
»Ich habe von ihnen gehört.«
»War Alex hier, Chief Leonard?«
Der Häuptling schwieg viel zu lange, paffte angestrengt an seiner Pfeife, als hätte er ein schweres Problem zu lösen, und sagte: »Du solltest weder deinem Mann noch den Bankräubern folgen. Fahr nach Hause, weiße Frau!«
»Ich habe keine Angst!«
»Aber ich habe Angst um dich! Wir alle haben die Eule gehört und wissen, was ihr Ruf bedeutet. Ihr dunkler Schatten liegt über den Spuren der weißen Männer und reicht bis in unser Dorf hinein. Fahr nach Hause, Clarissa, und bete zu deinem Gott, denn nur er kann dir jetzt noch helfen! Unsere Geister sind machtlos, wenn die Eule ruft.« Er zog erneut an seiner Pfeife, hüllte sich in eine dichte Rauchwolke, auch damit niemand erkannte, wie das Blut aus seinem Gesicht gewichen war. »Du willst nicht hören, wenn ihr Ruf erklingt.«
Er klopfte seine Pfeife über der Feuerstelle aus und erhob sich. Clarissa blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls aufzustehen und ihm nach draußen zu folgen. Die Höflichkeit verbot es, ihm weitere bohrende Fragen zu stellen.
»Überlass es dem Marshal und seinen Männern, nach ihnen zu suchen«, sagte er, als sie den Anker aus dem Schnee zog und auf den Schlitten stieg. »Hör auf den Rat eines Mannes, der schon einmal den Ruf der Eule hören musste und am nächsten Morgen seine geliebte Mutter begraben musste.«
»Das tut mir leid«, sagte Clarissa. Sie erkannte, dass sie nicht mehr aus dem Häuptling herausholen würde, und trieb die Hunde an. »Vorwärts!«, rief sie ihnen wütend zu. »Wollt ihr wohl laufen?« Sie drehte sich nicht um, als sie auf den Trail zurückfuhr, hatte immer noch die Worte des Häuptlings in den Ohren, als sie an den eingefrorenen Fischrädern des Dorfes vorbeifuhr.
Die junge Indianerin, die im nahen Birkenwald auf sie wartete, sah sie beinahe zu spät. Das Mädchen stand auf dem verschneiten Trail, eine gemusterte Wolldecke über den Schultern, und blickte ihr erwartungsvoll entgegen. »Whoaa! Whoaa!«, bremste sie ihr Gespann. Sie stemmte den rechten Fuß in den Schnee. »Agnes! Was tust du hier? Willst du mir etwas sagen, Agnes?«
Das Mädchen wirkte unsicher und blickte in die Richtung, in der ihr Dorf lag, bevor sie sagte: »Du darfst meinem Vater nicht böse sein. Er will nur dein Bestes, wenn er dich nach Hause schickt. Er glaubt, dass es sinnlos ist, sich gegen die bösen Geister aufzulehnen.« Sie lächelte gezwungen und zog die Decke fester um ihre Schultern, als ein kalter Windstoß über den Trail fuhr. »Ich habe drei weiße Männer gesehen«, fuhr sie fort. »Vor zwei Tagen. Sie fuhren mit zwei Hundeschlitten über den Fluss, ungefähr zwei Meilen westlich von hier. Meine Eltern haben mir verboten, mich so weit von unserem Dorf zu entfernen, aber ich bin gern allein und wollte sehen, wie es hinter der nächsten Biegung aussieht. Die Männer haben mich nicht gesehen, und ich konnte nur erkennen, dass es drei
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