Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
mir nicht hörte. Zu spät drehte ich mich um. Ein Arm packte mich an der Kehle und drückte mich an die Mauer.
    »Elena«, sagte LeBlanc. »So ein Zufall aber auch.«
    Ich drehte den Kopf, um die Gasse entlangzusehen; ich erwartete, dass der FBI-Mann zurückkommen würde. Er war verschwunden.
    »Freund von dir?«, fragte LeBlanc.
    »Deiner vielleicht, nicht meiner.«
    LeBlancs Augenbrauen schoben sich nach oben, dann lachte er. »Oh, ich verstehe. Du bist ihm gefolgt, weil du gesehen hast, wie er mit Koenig geredet hat, also hast du gedacht, er wäre einer von uns. Falsch gedacht, Girlie. Ganz falsch. Koenigs Schützling hat's nicht geschafft. Ist mit der Wandlung einfach nicht fertig geworden. Gestern gestorben. So ein Jammer, furchtbar traurig. Daniel hat mich losgeschickt, ich soll den alten Deppen abholen. Ich hab euch Typen rumhängen sehen, also hab ich mich im Hintergrund gehalten und mir die Show betrachtet. Dann hab ich gesehen, wie du allein losziehst, und dachte, vielleicht kann ich den Auftrag ja doch noch erledigen.«
    Während er sprach, spannte ich die Muskeln für einen plötzlichen Angriff, aber bevor ich zuschlagen konnte, holte er etwas aus der Tasche. Eine Waffe. LeBlanc hob die Pistole und setzte mir die Mündung mitten auf die Stirn. Der Boden schwankte unter mir, als meine Knie nachzugeben drohten. Stopp, sagte ich mir. Er spielt ein Spiel. Nicht die Sorte Spiel, an die du gewöhnt bist, aber ein Spiel ist es trotzdem. Ja, sicher, eine Pistole zeigte auf meine Stirn, aber ich würde einen Ausweg finden. Mutts waren berechenbare Wesen. LeBlanc würde mich nicht umbringen, weil ich zu wertvoll war, um für ein paar Sekunden mörderischen Vergnügens geopfert zu werden. Ich war der einzige weibliche Werwolf. Er würde vielleicht versuchen, mich zu vergewaltigen oder zu kidnappen oder zusammenzuschlagen, aber er würde mich nicht töten.
    Ich schluckte die Furcht hinunter. Gespielte Furchtlosigkeit hatte das letzte Mal funktioniert. Bewährtes soll man nicht ändern.
    »Werwölfe verwenden keine Schusswaffen«, sagte ich. »Schusswaffen sind etwas für Schwächlinge. Ihr Typen wisst das doch, oder nicht?«
    »Halt den Mund«, sagte LeBlanc, während er die Waffe etwas nach oben richtete.
    »Am Ende hattest du doch Recht, als du gesagt hast, dass wir nicht so wahnsinnig schlau sind«, bemerkte ich. »Wenn ich intelligent gewesen wäre, hätte ich dir das rechte Handgelenk gebrochen. Wie geht's dir eigentlich? Noch Schmerzen?«
    »Halt den Mund.«
    »Ich versuche doch nur Konversation zu machen.«
    »Wenn du reden willst«, sagte LeBlanc, »dann schlage ich vor, du fängst mit einer Entschuldigung an.«
    »Wofür?«
    Sein Gesicht wurde dunkelrot, und die Augen füllten sich mit einer Empfindung, die ich im ersten Augenblick nicht erkannte. Hass. Reiner, purer Hass, zehnmal stärker als alles, was ich heute Morgen auf dem Polizeirevier gesehen hatte. War er so wütend auf mich, weil ich ihm das Handgelenk gebrochen hatte? Der Gedanke schockierte mich geradezu. Ja, natürlich, die meisten Leute würden derlei übel nehmen, aber in der Regel machten Mutts kein solches Theater deswegen, vor allem dann nicht, wenn ich es war, die den Schaden angerichtet hatte. Im Gegenteil, meist taten sie es lachend ab, als seien sie auf eine etwas verdrehte Art erfreut darüber, dass ich die Nerven gehabt hatte, es zu tun. Vor Jahren hatte ich Daniel ein Ohr abgebissen. Er nahm es mir nicht übel. Wenn überhaupt, dann war er stolz auf sein fehlendes Ohr, und jedem Mutt, der danach fragte, erzählte er in allen Einzelheiten, wie er es verloren hatte – als beweise das, dass wir ein enges und vertrautes Verhältnis zueinander hatten. Es gibt doch keinen Liebesbeweis, der eine bleibende Entstellung ersetzen könnte.
    »Ist es das Handgelenk?«, fragte ich. »Du warst es doch, der beweisen wollte, dass du mich erstechen könntest. Ich habe nur bewiesen, dass ich mich verteidigen kann.«
    »Blödsinn. Du hast gedacht, es ist komisch. Den Neuen demütigen. Als wir wieder im Hotel waren, was glaubst du, was Marsten macht? Es Daniel und Olson weitererzählen. War für einen Lacher gut.« Er spannte den Hahn. »Ich will eine Entschuldigung.«
    Ich dachte darüber nach. Eine Entschuldigung war nicht allzu viel verlangt. Natürlich, es tat mir nicht Leid, dass ich es getan hatte, aber das brauchte er ja nicht zu wissen. Die Worte blieben mir trotzdem in der Kehle stecken. Warum sollte ich mich eigentlich entschuldigen? Warum

Weitere Kostenlose Bücher