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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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nach hinten. Durch einen Nebel von Schmerz sah ich Philips Gesicht vor mir. Sah seine Augen, sah den Abscheu und das Entsetzen in ihnen. Ich fiel auf alle Viere, duckte mich in mich selbst. Mein Rücken hob sich. Meine Bluse zerriss. Ich hörte mich wieder wimmern; diesmal wurde es zu einem unheimlichen Heulen. Die Wandlung kam so schnell und so gewaltsam, dass nicht einmal daran zu denken war, sie noch aufzuhalten. Mein Kopf wurde leer, nur Furcht und Schmerzen waren noch da. Mein Körper verkrampfte sich, einmal, dann noch einmal, so fürchterliche Krämpfe, dass ich das Gefühl hatte, auseinander gerissen zu werden, und ich hatte nichts dagegen – ich wusste nur, dann würden die Schmerzen aufhören. Und dann hörten sie auf.
    Ich hob den Kopf und wusste, dass ich ein Wolf war. Ein Augenblick vollkommener Erschöpfung, der so schnell vorbeiging, wie er gekommen war. Panik und Angst nahmen sofort wieder ihren Platz ein. Ich sah auf. Philip lag ein paar Schritte entfernt am Boden. Alles, was ich sehen konnte, waren seine Augen; sie starrten mich in hilflosem Entsetzen an.
    Ich drehte mich um, rannte durchs Zimmer, schloss die Augen und pflügte durch die Balkontür. Das Glas zersprang. Splitter rissen mir den Pelz und die Haut auf, aber ich spürte es kaum. Ohne innezuhalten oder auch nur zu überlegen, sprang ich über das Geländer. Einen Augenblick lang hing ich in der Luft. Dann schlug ich vier Stockwerke tiefer auf dem Rasen auf. Meine linke Vorderpfote knickte ein. Schmerz schoss durch mein Bein. Irgendjemand brüllte. Ich rannte.
    Ich stürmte um das Gebäude herum und hinunter in die Tiefgarage. Dort duckte ich mich hinter das nächste Auto und horchte auf verfolgende Schritte. Als ich keine hörte, schüttelte ich mich und versuchte mich zu entspannen und zu konzentrieren. Selbst wenn niemand mich verfolgte, saß ich fest. Solange ich panisch und verängstigt war, konnte ich mich nicht zurückverwandeln. Und selbst wenn ich es könnte, säße ich danach nackt in einer Tiefgarage. Kleidung ließe sich vielleicht auftreiben, aber was dann? Meine Börse mit Geld, Kreditkarten und Ausweis war oben in der Wohnung. Ohne diese Dinge konnte ich Toronto nicht verlassen. Ich würde nicht nur Kleidung finden müssen, ich würde auch in die Wohnung zurückkehren müssen. Und das konnte ich nicht. Philip hatte mich gesehen. Der Krankenwagen musste jeden Augenblick da sein. Vielleicht, wenn ich wartete… Wie lange? Wann, wenn überhaupt, wäre es ungefährlich, zurückzugehen? Daniels Nachricht schoss mir durch den Kopf. Zehn Uhr morgen Vormittag. Mein Termin. Die Furcht stieg wieder auf und verdrängte jede rationale Überlegung.
    Geh.
    Geh jetzt.
    Ich zögerte nur einen Augenblick lang, bevor ich gehorchte.
    Ich nahm den Weg durch die Hinterhöfe, wann immer ich konnte, und durch Nebenstraßen, wenn ich nicht konnte. Leute sahen mich. Es kümmerte mich nicht. Als ich Toronto hinter mir hatte, stürmte ich über Felder und Viehweiden und offene Wiesen. Logisch betrachtet ergab meine Flucht keinerlei Sinn. Besser wäre es gewesen, in der Tiefgarage zu warten, nach einer Stunde in die Wohnung zurückzuschleichen und dann ein Flugzeug zu nehmen. Aber auf diesen Gedanken kam ich gar nicht erst. Jede Faser meines Wesens sträubte sich gegen die Vorstellung, abzuwarten. Mein Instinkt sagte mir, ich solle handeln, und ich handelte.
    Mein Hirn schaltete sich ab, als ich rannte, und ließ den Instinkt meine Muskeln kontrollieren. Erst Stunden später stieß ich auf ein Hindernis, das mit Instinkt allein nicht zu überwinden war: den Grenzübergang Niagara Falls. Ich verbrachte beinahe eine Stunde damit, hinter einem Lagerhaus auf und ab zu traben, während meine Gedanken abrutschten und durchdrehten wie abgefahrene Reifen auf einer vereisten Straße und nirgends Halt fanden. Irgendwann hatte ich genug Selbstkontrolle zurückgewonnen, um das Problem zu überdenken und mir eine Lösung einfallen zu lassen. Auf der Brücke hatte sich eine lange Schlange von Lastwagen angestaut, deren Abfertigung sich offenbar aufgrund irgendeiner neuen Zollregelung verzögerte. Ich hatte es also den bürokratischen Verwicklungen zu verdanken, dass mir genügend Zeit blieb, um einen Laster mit einem planenbedeckten Anhänger auszuwählen und mich an Bord zu schleichen. Glücklicherweise wurde die Ladung nicht überprüft, und der Laster überquerte ungehindert die Grenze zwischen Niagara Falls, Ontario, und Niagara Falls, New York. Dann verließ

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