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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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sollte.
    »Fahr weiter«, sagte Jeremy. »Sie deliriert. Fahr weiter.«
    Nick versuchte nach Kräften, mich auf meinem Sitz festzuhalten; sein Gesicht wurde hart vor Entschlossenheit. Von vorn hörte ich ein Geräusch. Über Nicks Schulter hinweg sah ich, wie Jeremy von seinem Sitz aufstand und nach hinten griff, um mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ich nahm alles zusammen, was ich an Kraft und Körperbeherrschung hatte, zog die Faust nach hinten und schlug Jeremy in die Magengrube. Seine Augen weiteten sich, und er krümmte sich. Ein tief verschütteter Teil von mir war entsetzt, aber weiter kümmerte es mich nicht. Das Fieber in meinem Hirn verzehrte alle Gewissensbisse. Ich musste raus hier. Ich war spät dran. Nichts anderes zählte.
    Ich stieß Nick zur Seite und warf mich an ihm vorbei auf die Tür. Ich packte den Griff, öffnete die Tür und sah nach unten. Kies flog als grauer Schleier vorbei. Nick brüllte. Die Bremsen kreischten. Der Explorer schwenkte nach rechts. Ich spannte mich für den Sprung. Zwei Paar Hände packten mich, eins am Rücken, eins an den Schultern, und zerrten mich wieder ins Innere. Ich spürte, wie Jeremys Hände sich um meinen Hals legten, dann einen Druck seitlich am Hals, und dann wieder Schwärze.
    ***
    Ich wachte inmitten einer Erinnerung auf. Jeder Teil meines Körpers tat mir weh. Ich hatte mich in der vergangenen Nacht verwandelt. Die Erinnerung war vage, eine Collage aus Bildern – Schmerz, Furcht, Wut, Unglauben. Aber ich war nicht durch den Staat New York gerannt. Ich hatte mich in einer Zelle von zwei mal zweieinhalb Metern Größe verwandelt, mit Ketten an Händen und Füßen. Meine siebte Wandlung. Sieben Wochen, seit ich an diesem Ort angekommen war. Ich hatte keine Ahnung, welcher Tag es war, aber ich wusste, wie oft ich diese Hölle schon durchgemacht hatte, und daran maß ich die Zeit. Als ich aufwachte, war ich immer noch im Käfig. Ich war jetzt seit fünf Wochen hier unten, fünf Wandlungen, seit der Mann den Versuch aufgegeben hatte, mich in dem Zimmer im ersten Stock zu halten. Ich kannte seinen Namen – Jeremy –, aber ich gebrauchte ihn nie, nicht ihm gegenüber, nicht einmal, wenn ich nur an ihn dachte. Ihm gegenüber gebrauchte ich überhaupt keine Worte. Ich weigerte mich, mit ihm zu sprechen. In meinen Gedanken war er einfach ›er‹ oder ›der Mann‹, eine Bezeichnung, mit der keinerlei Gedanken oder Emotionen verbunden waren.
    Ich wachte auf und spürte den rauen Stoff einer Matratze unter mir. Ursprünglich hatte es auch Laken gegeben, weiche Laken aus Flanell, und eine Decke. Dann erwischte er mich dabei, wie ich sie in Streifen riss, und glaubte, ich wollte mich damit aufhängen. Ich hatte nichts dergleichen vor. Ich würde ihm das Vergnügen nicht gönnen, mich tot zu sehen. Ich hatte die Laken aus dem gleichen Grund zerrissen, aus dem ich auch die Zeitschriften zerstört hatte und die Kleidung, die er mir mitgebracht hatte, und die hübschen Bilder, die er an den steinernen Käfigwänden aufgehängt hatte. Ich wollte nichts von ihm. Ich würde nichts von ihm annehmen, das dazu bestimmt war, den Käfig als etwas anderes erscheinen zu lassen als das Höllenloch, das er war. Das Einzige, was ich akzeptierte, war Nahrung, und die aß ich nur, weil ich meine Kräfte brauchen würde, wenn ich von hier entkam. Das war es, was mich aufrecht hielt – der Gedanke an Flucht. Bald würde ich von hier entkommen, zurück in die Stadt, zu Menschen, die mir helfen und mich heilen konnten.
    Ich öffnete die Augen und sah eine Gestalt draußen vor dem Käfig auf einem Stuhl sitzen. Zunächst glaubte ich, er sei es. Er saß den größten Teil des Tages über dort, beobachtete mich und sprach mit mir, versuchte seine Gehirnwäsche fortzusetzen mit Hilfe des Irrsinns, der ihm über die Lippen kam. Als ich den Blick auf sie richtete, wurde die Gestalt deutlicher – vorgebeugt, die Ellenbogen auf den Knien; die goldenen Locken glänzten in dem künstlichen Licht. Der Einzige, den ich noch mehr hasste als den Mann. Ich schloss schnell die Augen und stellte mich schlafend, aber es war zu spät. Er hatte mich gesehen. Er stand auf und begann zu reden. Ich hätte mir am liebsten die Ohren zugehalten, aber es hätte nichts genützt. Ich hörte inzwischen viel zu gut. Selbst wenn ich die Worte hätte ausblenden können, ich hätte immer noch gewusst, was er sagte. Er sagte immer das Gleiche, jedes Mal, wenn er kam; er schlich sich zu mir herein, wenn der Mann

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