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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Mund zu atmen, revoltierte mein Magen. Jetzt konnte ich die Verwesung nicht nur riechen, sondern auch schmecken. Ich kehrte wieder zur Nasenatmung zurück. Die Wade führte zu einem Knie und ging dann in zerfetzte Haut und Muskeln mit durchschimmerndem Knochen über; der Oberschenkelknochen sah aus, als sei er von einem Hund benagt worden, dem der Appetit eher nach Zerstörung als nach Abendessen stand. Der zweite Oberschenkel war ein madenverseuchter Stumpf; der Knochen war von mächtigen Kiefern abgetrennt worden. Als ich unter die Brücke spähte, entdeckte ich den Rest des Beins, oder zumindest Teile davon, die dort verstreut waren, als hätte jemand die letzten Reste Müll aus einer Tüte geschüttelt. Der Torso oberhalb der Schenkel war nur noch eine formlose Masse von wüst zugerichtetem Fleisch. Wenn die Arme noch an Ort und Stelle waren, konnte ich sie jedenfalls nicht sehen; wahrscheinlich lagen sie bei den weiter hinten verstreuten Teilen. Der Kopf war nach hinten verdreht, der Hals fast durchgebissen. Ich wollte das Gesicht nicht sehen. Es ist einfacher, wenn man das Gesicht nicht sieht, wenn man eine verwesende Leiche als Requisite aus einem drittklassigen Horrorfilm abtun kann. Aber einfacher ist nicht notwendigerweise besser. Dies war keine Requisite, und sie verdiente es nicht, wie eine behandelt zu werden. Angesichts ihrer Größe und der Schlankheit ging ich davon aus, dass es sich um eine ›Sie‹ handelte, aber als ich den Kopf bewegte, stellte ich fest, dass ich mich geirrt hatte. Es war ein junger Mann, kaum mehr als ein Junge. Die Augen standen weit offen; sie waren schmutzverkrustet und glanzlos wie angeschlagene Murmeln. Davon abgesehen war das Gesicht unversehrt: glatthäutig, wohlgenährt und sehr, sehr jung.
    Ein weiteres Werwolfopfer. Obwohl ich den Mutt unter dem Gestank nach Blut und Verwesung nicht riechen konnte, erkannte ich es an der zerrissenen Kehle und den klaffenden Zahnspuren am Torso. Der Mutt hatte die Leiche hierher geschafft. Nach Stonehaven. Er hatte den Jungen nicht hier getötet. Es gab keine Blutspuren, aber der verkrustete Schmutz wies darauf hin, dass die Leiche vergraben und dann wieder ausgegraben worden war. Gestern Abend, als wir gerade damit beschäftigt gewesen waren, die Wohnung des Mutts zu durchsuchen, hatte er die Leiche nach Stonehaven gebracht, wo wir sie finden würden. Die Beleidigung jagte kleine Schauer der Wut durch mich hindurch.
    »Wir müssen sie loswerden«, sagte Jeremy. »Lass sie für den Augenblick hier. Wir gehen zurück zum Haus –«
    Ein Krachen in den Büschen unterbrach ihn. Ich zog den Kopf unter der Brücke hervor. Jemand trampelte durchs Unterholz wie ein Nashorn. Menschen. Ich spülte mir hastig die Hände im Bach ab und kletterte die Böschung wieder hinauf. Ich hatte es kaum geschafft, als zwei Männer in leuchtend orangefarbenen Jagdwesten aus dem Wald gestürmt kamen.
    »Dies ist ein Privatgrundstück«, sagte Jeremy. Seine ruhige Stimme durchschnitt das Schweigen auf der Lichtung.
    Die beiden fuhren zusammen und drehten sich hastig um. Jeremy blieb auf der Brücke stehen und griff mit einer Hand hinter sich, um mich näher zu ziehen.
    »Ich habe gesagt, dies ist ein Privatgrundstück«, wiederholte er.
    Einer der beiden, ein kräftig gebauter Junge von etwa neunzehn Jahren, trat vor. »Yeah, und was machen Sie dann hier, Kumpel?«
    Der ältere Mann nahm den Jungen beim Ellenbogen und zog ihn zurück. »Entschuldigen Sie die Manieren meines Sohnes, Sir. Ich nehme mal an, Sie sind…« Er verstummte, versuchte sich offensichtlich auf den Namen zu besinnen, konnte sich aber nicht erinnern.
    »Ich bin der Eigentümer, ja«, sagte Jeremy. Seine Stimme klang immer noch freundlich.
    Ein weiterer Mann und eine Frau tauchten so plötzlich hinter den beiden auf, dass sie sie fast über den Haufen gerannt hätten. Sie blieben abrupt stehen und starrten uns an, als sähen sie eine Erscheinung. Der ältere Mann flüsterte ihnen etwas zu, wandte sich dann wieder Jeremy zu und räusperte sich.
    »Ja, Sir. Ich verstehe schon, das Land gehört Ihnen, aber sehen Sie, wir haben hier ein Problem. Ich bin sicher, Sie haben von dem Mädchen gehört, das vor ein paar Tagen umgekommen ist. Also, und es sind Hunde, Sir. Wilde Hunde. Groß. Zwei Jungs aus der Stadt haben sie gestern Abend gesehen. Und dann hat uns heute Morgen einer angerufen und gesagt, dass er hier am Waldrand so um Mitternacht rum was gesehen hätte.«
    »Und jetzt durchsuchen Sie

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