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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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geschlagene Minute des Schweigens. Dann stand Jeremy auf, winkte mir, ich sollte mitkommen, und verließ den Raum. Clay und Nick sahen mich an, aber ich schüttelte den Kopf. Dies war eine Privateinladung, so gern ich sie auch mit jemandem geteilt hätte. Ich folgte Jeremy aus dem Haus.
    Jeremy führte mich in den Wald, blieb aber auf den Fußwegen. Wir waren fast eine halbe Meile gegangen, bevor er etwas sagte. Und selbst dann drehte er sich nicht nach mir um, sondern ging einfach weiter vor mir her.
    »Du weißt, dass wir in Gefahr sind«, sagte er.
    »Wir wissen alle –«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob du es weißt. Vielleicht bist du einfach zu lang vom Rudel fort gewesen, Elena. Oder vielleicht glaubst du, dass dies alles dich nicht mehr betrifft, weil du nach Toronto gezogen bist.«
    »Willst du damit sagen, ich würde absichtlich etwas sabotieren –«
    »Natürlich nicht. Ich will damit sagen, dass ich dich vielleicht daran erinnern muss, wie wichtig dies für uns alle ist, ganz gleich, wo wir leben. Die Leute von Bear Valley suchen nach einem Killer, Elena. Der Killer ist ein Werwolf. Wir sind Werwölfe. Wenn er erwischt wird – was glaubst du, wie lang es dann noch dauert, bevor die halbe Stadt vor der Tür steht? Wenn sie diesen Mutt lebend fangen und herausfinden, wer er ist, wird er reden. Er ist nicht durch Zufall in Bear Valley, Elena. Jeder Mutt, der einen Vater hat, weiß, dass wir hier leben. Wenn dieser hier entdeckt wird, wird er die Behörden zu uns führen, zu Clayton und mir und dann zum Rest des Rudels und irgendwann zu jedem einzelnen Werwolf, einschließlich denen, die jede Verbindung zum Rudel zu bestreiten versuchen.«
    »Glaubst du, das wüsste ich nicht?«
    »Ich habe darauf vertraut, dass du gestern Abend den Takt vorgeben würdest, Elena.«
    Autsch. Das hatte wehgetan. Mehr, als ich zugeben wollte, und so verbarg ich es auf die übliche Art.
    »Dann war das aber dein Fehler«, schnappte ich. »Ich hab um dein Vertrauen nicht gebeten. Weißt du noch, was bei Carter passiert ist? Da hast du mir auch vertraut, stimmt's? Eine schlechte Erfahrung…«
    »Was mich angeht, war dein einziger Fehler bei Carter, dass du dich nicht mit mir in Verbindung gesetzt hast, bevor du gehandelt hast. Ich weiß, dass es für dich mehr bedeutet, aber das ist genau der Grund, weshalb du Kontakt mit mir hättest aufnehmen sollen – damit ich den Befehl geben kann. Ich übernehme die Verantwortung für die Entscheidung. Für den Tod. Ich weiß, dass du –«
    »Ich will nicht drüber reden.«
    »Natürlich nicht.«
    Wir gingen wortlos weiter. Ich spürte, wie sich mir die Worte in der Kehle stauten und verzweifelt ins Freie strebten, nach einer Gelegenheit suchten, über das zu sprechen, was ich getan hatte und was ich empfand. Aber im Gehen fing ich einen Geruch auf, und die Worte verflogen.
    »Riechst du das?«, fragte ich.
    Jeremy seufzte. »Elena, ich wünschte, du würdest –«
    »Das da. Tut mir Leid, ich wollte dich nicht unterbrechen, aber« – meine Nase zuckte, während ich den Geruch im leichten Wind wieder fand – »dieser Geruch. Riechst du das?«
    Jeremys Nasenlöcher blähten sich. Er schnupperte ungeduldig in den Wind, als erwarte er nicht wirklich, dort etwas zu finden. Dann blinzelte er einmal. Die winzige, harmlose Reaktion war genug. Er roch es ebenfalls. Blut. Menschliches Blut.

Übergriff
    Ich verfolgte den Blutgeruch zurück zur östlichen Grenze des Grundstücks. Als wir näher kamen, begann etwas anderes den Geruch zu überlagern, etwas Schlimmeres. Verrottendes Fleisch. Wir erreichten einen hölzernen Steg, der einen Bach überquerte. Als ich auf der anderen Seite angekommen war, blieb ich stehen. Der Geruch war verschwunden. Ich schnupperte wieder im Ostwind. Spuren von Fäulnis in der Luft, aber der überwältigende Gestank war nicht mehr zu spüren. Ich drehte mich um und sah ins Wasser hinunter. Etwas Blasses ragte unter dem Steg hervor. Es war ein nackter Fuß; die aufgedunsenen grauen Zehen zeigten in den Himmel. Ich trabte die Böschung hinunter und watete in den Bach. Jeremy lehnte sich über das Brückengeländer, sah den Fuß und zog sich zurück, um mir die Untersuchung der Angelegenheit zu überlassen.
    Ich hielt mich an der Kante des Stegs fest und kniete mich ins eisige Wasser; die Jeans waren sofort vom Knöchel bis zum Knie durchweicht. Der nackte Fuß ging über in eine schlanke Wade. Der Gestank war überwältigend. Als ich mich darauf verlegte, durch den

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