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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Pfarrer wandte sich zu mir um und spießte mich mit einem Blick auf, der mich als gefühlloses Balg brandmarkte. Es störte mich nicht. Er war nicht eingeweiht. Ich stand dort und lächelte vor mich hin, während ich wartete – und wartete.
    Als ich auf Logans Grab hinunterstarrte, wünschte ich mir sehnlichst, den Kinderglauben zurückholen zu können. Aber inzwischen wusste ich es besser. Tot war tot. Begraben war begraben. Vorbei war vorbei. Ich fiel auf die Knie, zerdrückte die Blumen in meiner Hand. Etwas in mir zerriss. Ich fiel nach vorn und begann zu schluchzen. Nachdem ich einmal angefangen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören. Die Tränen flossen, bis meine Augen pochten und meine Kehle schmerzte. Irgendwann brach eine Stimme durch den Schmerz. Nicht Jeremy, der schweigend hinter mir stand und wusste, er sollte sich nicht einmischen. Es war der, der sich immer einmischte.
    »– jetzt!«, schrie Clay. »Ich kann da nicht einfach zuhören und nichts –«
    Dann Jeremys Stimme; die Worte waren ein leises, gedämpftes Flüstern.
    »Nein!«, brüllte Clay. »Die können das nicht machen. Nicht mit Logan. Nicht mit ihr. Ich stehe nicht einfach dabei –«
    Wieder eine gemurmelte Unterbrechung.
    »Herrgott noch mal! Wie kannst du –« Clays Stimme erstickte in Wut.
    Ich hörte etwas, das Knacken von Zweigen, als Jeremy Clay in den Wald zog, um mit ihm zu sprechen und mich meinem Kummer zu überlassen. Ich hörte sie reden, während ich dort kniete. Clay wollte sich auf die Suche nach Logans Mörder machen – nicht morgen oder heute Abend, sondern gleich jetzt. Sie hatten an Logans Körper den Geruch eines unbekannten Werwolfs gefunden. Während wir Brandon gejagt hatten, hatte ein weiterer Mutt Logan getötet. Jeremy versuchte Clay umzustimmen, erklärte ihm, dass es noch zu hell war, dass er noch zu wütend war, dass wir einen Plan brauchten. Es kam nicht darauf an, was Jeremy sagte oder wie vernünftig es war. Clays stürmische Wut spülte jede Logik mit sich fort. Ich wartete darauf, dass Jeremy Clay verbieten würde, sich auf die Suche nach dem Mutt zu machen. Ich horchte auf die Worte. Sie kamen nicht. Jeremy argumentierte und versuchte Clay zur Vernunft zu bringen, aber er war zu sehr von seinem eigenen Kummer abgelenkt, um ihm ausdrücklich zu verbieten, Rache zu nehmen. Ein entscheidendes Versäumnis. Ich rieb mir mit den erdigen Fingern über das nasse Gesicht, und Furcht begann den Schmerz zu überlagern. Während sie noch debattierten, schlich ich mich aus dem Hain und rannte zurück zum Haus.
    Zehn Minuten später riss Clay die Tür seines Boxster auf und ließ sich auf den Fahrersitz fallen.
    »Wohin willst du?«, fragte ich. Meine raue Kehle gestattete mir kaum mehr als ein Flüstern.
    Er fuhr zusammen, drehte sich um und sah mich auf dem Beifahrersitz kauern.
    »Du willst ihn finden«, sagte ich, bevor er antworten konnte. »Ich will mitkommen. Ich muss mitkommen.«
    Ein Stück weit stimmte das. Ich brauchte eine Methode, meinen Kummer zu bannen, und wie Clay kannte ich nur eine solche Methode. Rache. Wenn ich daran dachte, dass irgendein Mutt Logan umgebracht hatte, erfüllte mich eine Rage, die mich ängstigte. Sie peitschte durch mich hindurch wie eine dämonische Schlange, entflammte Wut in jedem Teil meines Körpers, so schnell und so unkontrollierbar, dass ich die Fäuste ballen und mit Willensanstrengung ruhig halten musste, um nicht zuzuschlagen. Ich hatte solche Wutanfälle schon in meiner Kindheit gekannt. Aber damals war ich frustriert gewesen von meiner eigenen Unfähigkeit, sie einzusetzen, sinnvoll zuzuschlagen. Heute konnte ich die Wut nutzen, besser, als ich mir damals hätte vorstellen können. Es machte die Anfälle nur beängstigender. Nicht einmal ich selbst wusste, was geschehen würde, wenn ich ihr jemals nachgab. Zu wissen, dass ich etwas Gezieltes tat, indem ich nach dem Mörder suchte, half mir, die Wut unter Kontrolle zu bekommen.
    Es gab noch einen zweiten Grund, weshalb ich mit Clay ging. Ich hatte Angst, ihn allein losziehen zu lassen, Angst, es könnte ihm etwas zustoßen, wenn ich nicht dabei war und über ihn wachte, und es könnte ein weiteres Grab in dem Hain voller Wildblumen geben. Der Gedanke daran weckte Empfindungen, die ich nicht einmal mir selbst eingestehen wollte.
    »Bist du sicher?«, fragte er, während er sich zu mir umwandte. »Du brauchst nicht mitzukommen.«
    »Doch. Versuch mich ja nicht abzuhalten, sonst erzähle ich Jeremy, dass du gegangen

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