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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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besaß drei Cafés, aber The Donut Hole war das einzige, das in unserem Fall in Frage kam. Die beiden anderen wurden vor allem von Auswärtigen besucht – Truckern und allen anderen, die kurz vom Highway abbogen, weil sie einen Schuss Koffein und Zucker brauchten. Als wir das Café betraten, schepperte die Kuhglocke über der Tür. Alle Welt sah sich um. Ein paar Leute an der Theke lächelten, jemand hob kurz die Hand. Vielleicht kam ich ihnen vage bekannt vor, aber Clay war derjenige, den sie erkannten. In einer Stadt von achttausend Einwohnern hat ein Typ von Clays Aussehen ebenso gute Chancen, nicht beachtet zu werden, wie sein Porsche Boxster auf dem örtlichen Parkplatz. Clay hasste die allgemeine Aufmerksamkeit. In seinen Augen war sein Gesicht der Fluch, nicht das Werwolfblut. Clay wünschte sich nichts mehr, als in der Menschenwelt im Hintergrund bleiben zu können. Ich glaube, er hätte sogar auf den Boxster verzichtet, wenn das möglich gewesen wäre. Aber ebenso wie mein Schlafzimmer war der ein Geschenk von Jeremy gewesen, der vorläufig Letzte in einer ganzen Reihe von Sportwagen, die Jeremy gekauft hatte, um Clays Vorliebe für hohe Geschwindigkeiten und scharfe Kurven entgegenzukommen.
    Dabei hatte Clay es mit Bear Valley noch gut getroffen. Sein Sportauto und sein Aussehen veranlassten die Leute vielleicht, sich nach ihm umzudrehen, aber niemand belästigte ihn, wie es in der Großstadt unweigerlich geschehen wäre. Vor unerwünschten weiblichen Aufmerksamkeiten bewahrte ihn der goldene Ring am linken Ringfinger; Bear Valley war ein Ort, wo ein Ehering nach wie vor bedeutete, dass man für das andere Geschlecht tabu war. Und der Ring war nicht einmal ein Bluff. Zu solchen Täuschungsmanövern ließ Clay sich nicht herab. Sein Ring war Teil eines Paars, das wir vor zehn Jahren gekauft hatten, bevor der kleine Zwischenfall mit dem Biss in die Hand die ganze Eheglück-bis-an-ihr-seliges-Ende-Angelegenheit durch den Kamin gehen ließ. Die Tatsache, dass die Zeremonie nie stattgefunden hatte, machte in Clays Augen allerdings keinerlei Unterschied. Die Zeremonie selbst war vollkommen irrelevant; sie war ein bedeutungsloses menschliches Ritual, das er meinetwegen mitgemacht hätte. Die ihm zu Grunde liegende Entscheidung war es, die für ihn zählte – das Prinzip einer Gemeinschaft fürs Leben, etwas, das der Wolf in ihm anerkannte, ob man es nun Heirat oder Partnerwahl oder wie auch immer nannte. Und deshalb trug er den Ring. Damit konnte ich leben – ich tat es als eine weitere Wunschvorstellung seines illusionsvernebelten Hirns ab. Nur wenn er mich anderen als seine Frau vorstellte, konnte es etwas unangenehm werden.
    The Donut Hole war eine dieser typischen schäbigen Eckkneipen mit gesprungenen roten Vinylbezügen auf den Bänken und dem immerwährenden Geruch nach billigem Kaffee. Die Raucherecke war überall – selbst wenn man einen Tisch ohne Aschenbecher erwischte, fand der Rauch von den Nachbartischen innerhalb von Sekunden den Weg dorthin, wobei er die Möglichkeit, zu der überforderten Lüftungsanlage aufzusteigen, vollkommen ignorierte. Die Angestellten waren ausnahmslos Frauen in mittleren Jahren, die ihre Kinder großgezogen hatten, danach etwas Geld hatten verdienen wollen und festgestellt hatten, dass dies der einzige Job war, für den sie als hinreichend qualifiziert betrachtet wurden. Zu dieser Tageszeit waren die meisten Gäste Berufstätige, die hier einen letzten Kaffee tranken, bevor sie nach Hause gingen, oder länger blieben als nötig, um das Nachhausegehen noch etwas hinauszuzögern.
    Während ich uns einen Tisch suchte, ging Clay zur Theke und kam mit zwei Tassen Kaffee und zwei Schnitten hausgemachtem Apfelkuchen zurück. Ich schob den Teller zur Seite und breitete die Bear Valley Post auf dem Plastiktisch aus. Der Zwischenfall bei der Raveparty nahm die Titelseite ein. Selbstverständlich wurde das Ereignis nicht als Raveparty bezeichnet, schon weil der größte Teil der Leserschaft – und wahrscheinlich auch der größte Teil der Redaktion – nicht die leiseste Ahnung gehabt hätte, was genau das war. Stattdessen beschrieb man es als eine große private Party, bei der es zu allerlei ›illegalen Aktivitäten‹ gekommen sei, was das Ereignis sehr viel unterhaltsamer klingen ließ, als es tatsächlich gewesen war. Obwohl es nicht ausdrücklich behauptet wurde, verstand der Artikel doch den Eindruck zu erwecken, dass der größte Teil der Besucher nicht aus Bear Valley

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