Die Nacht der Wölfin
selbst gestammt habe. Logischerweise.
Die Details fielen eher spärlich aus – dank einer Kombination von mildernden Umständen, etwa dass die meisten Zeugen entweder betrunken oder vollgekifft gewesen waren und es sich bei dem Täter um einen toten Hund handelte, was es doppelt schwer machte, ihn zu verhören. Es lief in etwa auf Folgendes hinaus: Ein großes hundeartiges Tier hatte während einer Party zwei Menschen zerrissen, bevor es von einem Polizisten erschossen wurde. Das allerdings hätte kaum gereicht, um die Titelseite zu füllen, und so hatte der Reporter genug Spekulation in den Artikel gepumpt, um sich für einen Job bei der Boulevardpresse zu qualifizieren. Man ging davon aus, dass es sich bei dem toten Tier um einen Hund handelte, und mit dieser Erklärung schien alle Welt zufrieden zu sein – was bedeutete, dass die Behörden nicht vorhatten, einen Experten für wild lebende Tiere zu Rate zu ziehen oder die Überreste für viel Geld im Labor untersuchen zu lassen. Was von Brandon noch übrig gewesen war, hatte man bereits entsorgt, lies: verbrannt. Sie hatten sogar auf einen Tollwuttest verzichtet, vermutlich aufgrund der Entscheidung, dass jeder, der an der Party teilgenommen hatte, so oder so eine Schutzimpfung brauchen konnte. Darüber hinaus nahm der Reporter an, dass der tote Hund auch mit dem Tod der jungen Frau in der Vorwoche zu tun hatte, obwohl die Polizei die Möglichkeit nicht ausschließen wollte, dass noch mehr wilde Hunde in den Wäldern umherstreiften – vor allem seit die beiden Jungen in der Nacht zuvor mindestens zwei Hunde gesehen hatten. Schließlich und endlich wurde trotz aller Spekulation nirgends erwähnt, dass irgendjemandem ein blonder Mann oder eine blonde Frau aufgefallen war, die den Anschein erweckten, mehr als andere Gäste mit den Vorfällen zu tun zu haben. Clay und ich waren einfach zwei weitere Zuschauer gewesen, die im allgemeinen Chaos untergingen, genau wie ich gehofft hatte.
»Zeitverschwendung«, knurrte Clay. Er hatte den Artikel mit überflogen. »Nichts Brauchbares drin.«
»Gut. Das ist schließlich genau das, was wir gehofft haben, also war es nicht gerade Zeitverschwendung, es zu überprüfen.«
Er schnaubte, rammte die Gabel in seinen unberührten Apfelkuchen, so dass ein kleiner Geysir von Krümeln aufspritzte, und schob den Teller weg, ohne einen Bissen gegessen zu haben.
»Du bist dir sicher, dass der Typ, den du an« – ich holte tief Luft und kämpfte eine Welle aufsteigenden Kummers nieder – »an Logan gerochen hast, jemand war, den du nicht kennst.«
»Yeah.« Clays Augen wurden trübe und blitzten dann wieder vor Wut. »Ein Mutt. Ein gottverdammter Mutt. Zwei davon in Bear Valley. Von allen –«
»Darüber dürfen wir jetzt nicht nachdenken. Vergiss das Wie und Warum. Konzentrier dich auf das Wer.«
»Ich hab den Geruch nicht erkannt. Die anderen auch nicht. Also ist es ein Mutt, mit dem wir nicht oft genug zu tun haben, um ihn zu kennen.«
»Oder er ist neu. Wie Brandon.«
Clay runzelte die Stirn. »Zwei neue Mutts? Einer ist merkwürdig genug, aber –«
»Vergiss es. Du hast ihn nicht erkannt. Lassen wir's erstmal dabei. Vielleicht hören wir irgendwen reden über das, was gestern Abend passiert ist.«
Clay murrte. Ich ignorierte ihn und lehnte mich zurück, um auf die Unterhaltungen ringsum zu lauschen, während ich so tat, als nippte ich an meinem Kaffee. Es war eine deprimierende Erfahrung – nicht deshalb, weil kein Mensch über den Zwischenfall sprach, sondern weil das, worüber sie sprachen, nicht gerade einen erhebenden Eindruck vom gewöhnlichen Menschenleben vermittelte. Beschwerden über unfaire Vorgesetzte, intrigante Kollegen, undankbare Kinder, aufdringliche Nachbarn, langweilige Jobs und noch langweiligere Ehen hallten aus jeder Ecke des Raums wider. Kein Mensch war glücklich. Vielleicht war es ja nicht so schlimm, wie es sich anhörte. Vielleicht waren die Bekanntschaften, die sich in billigen Cafés entwickelten, einfach besonders geeignet, um die trivialen Frustrationen des Alltagslebens abzulassen – die Sorte Frust, mit dem Großstädter zum Therapeuten laufen, der ihnen dafür sehr viel mehr abnimmt als einen Dollar für einen Becher Kaffee.
Während ich zuhörte, spürte ich, wie sich ein alter Groll wieder an die Oberfläche arbeitete. Warum beklagten sich die Leute immer über ihre Jobs und Partner und Kinder und Verwandten? War ihnen eigentlich nicht klar, wie viel Glück sie hatten, derlei zu
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