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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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wollen.«

      Er klingelte an der Sprechanlage, und noch bevor er ein Wort sagen konnte, meldete sich eine Stimme: »Commissario Montalbano?« Francesco hatte seinen Bruder schon verständigt.
    »Ja.«
    »Kommen Sie rauf. Vierter Stock.«

      Eine große, helle Wohnung mit derart geschmacklosen Möbeln, dass, wer sie ausgesucht hatte, dies nur mit Absicht getan haben konnte. Er wurde in ein Wohnzimmer geführt, in dem die extreme Sauberkeit die Hässlichkeit der Einrichtung noch unterstrich.

      Salvatore Lumia war von der äußeren Erscheinung her das Gegenteil des Bruders. Dunkel und schmächtig, aber in den Umgangsformen ganz genauso. »Ich habe Kopfschmerzen und Mühe zu sprechen.«
    »Ich will nicht lange stören. Wissen Sie, warum ich hier bin?«

      »Djalma!«, rief der Mann statt einer Antwort. Eine Art dunkelhäutiger Engel erschien. Hoch gewachsen, geschmeidig, unglaublich große Augen. Montalbano sprang ganz erschrocken auf.
      »Das ist Djalma, meine Verlobte. Das ist Commissario Montalbano. Er will was über unsere Heirat wissen.«
      »Meine Papiere sind in Ordnung«, sagte Djalma. Vielleicht hatten die Sirenen auch solche Stimmen. Montalbano fing sich wieder.
      »Nein, Signorina, es geht nicht um Ihre Papiere. Das Problem ist...«
    »Danke, Djalma«, sagte ihr Verlobter. Das Mädchen schenkte dem Commissario ein Lächeln und entschwand.
      »Ich wollte nicht, dass sie beunruhigt ist, wenn sie hört, dass sich so ein Arsch ein Vergnügen daraus macht, Leute, die heiraten wollen, zu bedrohen. Ich habe Djalma bei Freunden kennen gelernt, in Palermo. Ich verliebte mich in sie. Sie war ungebunden. Sie kam nach Vigàta, um bei uns zu leben. Wir werden standesamtlich heiraten, weil sie Muslimin ist. Ich persönlich habe keine Feinde und sie auch nicht. Die Sache mit dem Schaukasten hat also mit unserer Heirat nichts zu tun. Mi scusasse, Commissario, aber ich kann jetzt nicht mehr sprechen. Mir zerspringt fast der Kopf.«

      Er aß in der Trattoria San Calogero, wobei er sich viel Zeit ließ und vor allem einen Gedanken wälzte, der ihm gekommen war. Im Büro rief er seinen Freund Valente, Vicequestore in Palermo, an und erklärte ihm, was er von ihm brauchte. In der nächsten Stunde trödelte er herum und tat, als beschäftige er sich mit Problemen, die ihn in Wirklichkeit einen Dreck interessierten. Dann rief Valente zurück und beantwortete alle seine Fragen. Er hatte gerade aufgelegt, als das Telefon wieder läutete. »Commissario Montalbano?«

      Die Stimme war unverwechselbar und am Telefon so sinnlich, dass es ihm ganz anders wurde. »Hier ist Djalma. Wir haben uns heute Morgen gesehen.«

    »Ja bitte, Signorina?«
      »Ich würde gern mit Ihnen sprechen. Salvatore musste geschäftlich nach Fela, er konnte nicht absagen, trotz der Kopfschmerzen. Ich kann nicht aus dem Haus. Salvatore will das nicht.«

      Die Antwort auf die Frage, die er ihr stellte, wusste er bereits. Aber er fragte trotzdem, um zu testen, ob sie bei dem, was sie ihm erzählen wollte, aufrichtig sein würde. »Ist er eifersüchtig?« Ein ganz kurzes Zögern.
    Dann: »Es ist nicht nur Eifersucht, Signor Commissario.«
    »Soll ich zu Ihnen kommen?«
    »Ja, möglichst rasch. Bis gleich.«

      »Ich sagte Ihnen, meine Papiere seien in Ordnung. In Wirklichkeit sind sie zwar nicht falsch, aber auch nicht einwandfrei.«
    »Erklären Sie mir das.«
      »Ein Freund von Salvatore hat mir für die Aufenthaltsgenehmigung eine Arbeitsbescheinigung besorgt. Darin stand, ich sei Babysitter, aber das stimmte nicht. Ich ging einem anderen Beruf nach. Ich kam vor drei Jahren nach Sizilien, illegal. Dann wurde ich von der Polizei in einem Bordell aufgegriffen, registriert und in meine Heimat zurückgeschickt. Ich kam wieder her...«
      »Wissen Sie, all das wusste beziehungsweise ahnte ich, Signorina. Ich habe bei der Sitte und im Ausländeramt in Palermo angerufen.« Djalma begann leise zu weinen.
      »Und was machen Sie jetzt? Jetzt wo ich Ihnen gesagt habe...«
      »Signorina, ich versichere Ihnen, dass mich dieser Teil Ihres Lebens nicht interessiert... Ich will nur wissen, was Sie beide mir verheimlichen.«
    Immer mehr Tränen rannen über das schöne Gesicht der Frau.

      »Salvatore hat sich in mich verliebt. Und ich mich in ihn. Da sind wir geflohen, und ich habe mich hier versteckt. Aber er muss mich gefunden haben.«
    »Wer, er?«
    »Mein Zuhälter.«

      »Glauben Sie, dass er auf den Schaukasten

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