Die Nacht des einsamen Träumers.
irgendetwas anderes kaputtgegangen sein, eine Erschütterung oder einen Steinwurf. Aber sie hatten den Fehler begangen, beim Schließen der Türen den Schlüssel nur einmal umzudrehen.
Er konnte die Bierflaschen nicht im Kühlschrank lassen, weil sie geöffnet waren und das Bier schal werden würde, also beschloss er, es in aller Ruhe zu trinken. Das dauerte zwei Stunden, und er saß die ganze Zeit da und betrachtete die fünf Kronkorken, die vom Dorn des Flaschenöffners leicht verbogen waren. Dann erhob er sich, um die leeren Flaschen in den Mülleimer zu werfen, und dabei fiel sein Blick auf eines der Etiketten. Dort stand: ÖFFNEN UND GEWINNEN! LÖSEN SIE DAS PLASTIKPLÄTTCHEN UND LESEN SIE, WAS AM BODEN DES KRONKORKENS STEHT. Darunter waren die Gewinne aufgeführt. Montalbano suchte den dazugehörigen Kronkorken heraus, löste mit einem Messer das Plastikplättchen ab und las: LEIDER NICHT GEWONNEN, VERSUCHEN SIE's NOCH MAL! Aber in diesem Moment wusste er, dass er, ganz im Gegenteil, gewonnen hatte.
Unterstützt vom Bier, das seinen Bauch aufblähte, konnte er leicht einschlafen. Doch einen Augenblick bevor er die Augen schloss, sah er noch einmal die Schachteln vor sich, die im Zimmer des Ragioniere ordentlich in den Regalen standen. Grabnischen. Die Schachteln waren Särge, in denen Ettore Ferro liebevoll die Reste seines Lebens verwahrte, das sich jeden Tag mehr auflöste.
Am folgenden Morgen, bei klarem Kopf, beschloss er, nur Augello und Fazio von der Idee in Kenntnis zu setzen, die ihm gekommen war. Das durfte unter keinen Umständen die Runde machen, es wäre ein gefundenes Fressen für seinen Journalistenfeind von »Televigàta«: »Wissen Sie, welch wichtigen Fall der berühmte Commissario Salvo Montalbano gerade bearbeitet? Den Diebstahl von dreihundertfünfundsechzig gebrauchten Kronkorken!« Und wie sie alle lachen und sich über ihn mokieren würden! Und unweigerlich der Anruf des besorgten Questore: »Hören Sie, Montalbano, stimmt diese Meldung, dass Sie...« Im Büro rief er gleich Fazio zu sich. »Wir beide waren gestern blöd.«
»Alle beide, Dottore?«
»Alle beide.«
»Da bin ich ja getröstet.«
»Und weißt du, warum wir blöd waren? Weil wir den Diebstahl im Haus des Ragioniere nicht ernst genommen haben.«
»Aber, Commissario...«
»Du hast mich auf die richtige Spur gebracht.«
»Ich?!«
»Du. Als du mir erzählt hast, dass der Ragioniere von diesen Kronkorken redet, als wären sie Kostbarkeiten für ihn. Da dachte ich: Und wenn es jemanden gibt, für den sie auch kostbar sind, so kostbar, dass er sie klaut?«
»Noch ein Kronkorkensammler?«, fragte Fazio verdattert.
»Quatsch! Vergiss es. Ich will alles über eine Brauerei wissen, sie heißt Torrefelice und steht in einem Dorf bei Messina. Pass auf, Fazio: Die Sache muss unter uns bleiben.«
»Keine Sorge. Wie viel Zeit habe ich?«
»Die Zeit ist schon abgelaufen.«
Zwei Stunden später erschien Fazio zur Berichterstattung, er setzte sich und hob mit salbungsvoller Stimme an: » Tra Pace e Contemplazione si trova U Paradiso. Zwischen Frieden und Kontemplation liegt das Paradies.«
Montalbano unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Komm, Fazio, lass deine blöden Scherze.«
»Das war zwar ein Scherz, Dottore, aber gleichzeitig die Wahrheit. Pace und Contemplazione sind zwei kleine Dörfer, die wirklich so heißen, praktisch Vororte von Messina, und dazwischen liegt ein Hotel namens Paradiso. Etwa fünfhundert Meter hinter dem Hotel steht die Brauerei, um die es Ihnen geht.«
»Hast du sonst noch etwas erfahren?«
»Sí'ssí. Die Brauerei Torrefelice hat 1993 mit der Produktion begonnen. Sie macht nicht viel Umsatz, aber das Bier kommt gut an. Ich habe erfahren, dass sie gerade dabei ist, sich zu erweitern.«
»Weißt du, wer die Besitzer sind?«
»So weit bin ich noch nicht.«
Er griff zum Telefon und rief Maresciallo Laganà von der Guardia di Finanza an, der ihm schon manches Mal bei Ermittlungen geholfen hatte. Er sprach lange mit ihm. »Meine Güte!«, rief Laganà, als der Commissario fertig war. »Maresciallo, ich weiß, dass Sie...«
»Commissario, Sie müssen verstehen, das ist nicht mein
Bezirk, ich muss einen dortigen Kollegen darauf ansetzen. Das wird dauern.«
»Wie lange ungefähr?«
»Wenn ich den richtigen erreiche, höchstens eine Woche.« Montalbano seufzte erleichtert, er war auf eine längere Wartezeit gefasst gewesen.
»Ich schicke
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