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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Schlüssel nicht zweimal um, als sie die Türen abschließen. So entdeckt Ferro den Diebstahl.«
    »Sie hätten noch was anderes klauen müssen, um die Spuren zu verwischen«, lautete Augellos Kommentar, nachdem er eine Weile nachgedacht hatte. »Mimi, zum Glück sind nicht alle Verbrecher intelligent.«
      »Und was machen wir jetzt?«, fragte der Vice. »Wir warten den dreißigsten März ab, wenn Cacciatore seine neue Lieferung bekommt. Wir stoppen den Lieferwagen, öffnen eine Flasche und schauen nach, was zwischen dem Kronkorken und dem Plättchen steckt.«
    »Und wie verbleiben wir mit den Brüdern Pizzuso?«

      »Wir informieren unsere Kollegen in Messina, nachdem wir den Lieferwagen gestoppt haben.« Augello sah ihn fragend an.

      »Danach, Mimi, danach. Hast du noch nie was von undichten Stellen gehört?«

      Am dreißigsten März, um zehn Uhr vormittags, hielt der Lieferwagen vor dem Haus von Vincenzo Cacciatore. Selbiger Cacciatore saß in Handschellen in seinem Schlafzimmer, streng bewacht von Gallo. Mimi Augello hielt mit seinen Leuten den Fahrer fest, öffnete die Tür des Lieferwagens, entdeckte einen Karton, der mit blauem Stift markiert war, nahm eine Flasche heraus, öffnete sie an der Kante der Tür und löste das Plättchen ab. Zwischen diesem und dem Boden des Kronkorkens war nichts.
      »Wie, nichts?!«, rief Montalbano augenblicklich und spürte, wie ihm der Schweiß das Hemd durchweichte. »Ich schwör's«, sagte Mimi. »Zwischen dem Kronkorken und dem Plättchen ist nichts. Sieh mal, Salvo, der Lieferwagen kam um zehn Uhr an...«
      »Um zehn?! Es ist doch schon zwölf vorbei! Von wo aus rufst du an?«
    »Aus Montelusa. Aus der Questura.«

    »Du hast alles verraten, du Vollidiot!«
    »Lässt du mich vielleicht ausreden? Nachdem unter dem
    Plättchen nichts war, ist mir eine Idee gekommen, und ich bin schnell hierher gefahren, zu Jacomuzzi, um das zu überprüfen. Und weißt du was? Das Plättchen ist bei den Flaschen, die für Cacciatore bestimmt waren, nicht aus Plastik. Jacomuzzi hat es von einem Mitarbeiter der Spurensicherung analysieren lassen. Die Droge ist das Plättchen selbst. Es handelt sich um ein Verfahren, das...« Montalbano legte auf. Mehr brauchte er nicht zu hören.

Volksabstimmung

      Als Montalbano an jenem Morgen ins Büro fuhr, sah er eine dicht gedrängte Schar von Leuten, die mit amüsierter Miene eine Art Bekanntmachung kommentierten, die an einer Hausmauer klebte. Etwas weiter vorn lachten sich vier oder fünf Leute halb tot, ebenfalls vor einem aufgeklebten Blatt, das genauso aussah wie das erste. Das wunderte ihn, im Allgemeinen gibt es angesichts öffentlicher Bekanntmachungen nichts zu lachen, und diese sah aus wie die typische, regelmäßig wiederkehrende Mitteilung, dass das Wasser abgestellt wird. Als er sah, dass sich die gleiche Szene kurz darauf wiederholte, konnte er der Neugier nicht widerstehen, er hielt an, stieg aus, ging hin und las. Es war ein Quadrat aus selbstklebendem Papier von vierzig Zentimeter Seitenlänge. Die Wörter waren von Hand mittels jener gummierten Buchstaben zusammengesetzt, die man auf ein Stempelkissen drückt.

    VOLKSABSTIMMUNG
    IST SIGNORA BRIGUCCIO EINE H...?
    (Jeder Bürger kann sich an der
    Volksabstimmung beteiligen und seine freie Meinung hier auf dieses Blatt schreiben)

      Er kannte Signora Briguccio nicht, er hatte nie von ihr gehört. Daher sprach er gleich mit Mimi Augello darüber, dem größten Weiberhelden des ganzen Kommissariats.
    »Mimi, kennst du Signora Briguccio?«

    »Eleonora? Ja, warum?«
    Anscheinend hatte er die Plakate nicht gesehen. »Weiß du gar nichts von der Volksabstimmung?«
      »Von welcher Volksabstimmung?«, fragte Augello, der nichts begriff.
      »In der Stadt hängen Plakate, die zu einer Volksabstimmung aufrufen, um zu entscheiden, ob Signora Briguccio, Eleonora, wie du sie nennst, eine ›H‹ ist oder nicht. Und dieses ›H‹ steht sichtlich für Hure.«
    »Machst du Witze?«
      »Warum sollte ich? Wenn du mir nicht glaubst, dann geh in der Bar Contino einen Kaffee trinken, da gibt es mindestens drei Plakate in der Umgebung.«

    »Ich schau's mir mal an«, sagte Augello.
      »Warte, Mimi. Du kennst sie doch – wie würdest du bei der Abstimmung entscheiden?«

    »Wenn ich zurück bin, reden wir darüber.«

      Augello war noch keine fünf Minuten weg, als die Tür von Montalbanos Büro aufflog, gegen die Wand krachte, der Commissario aufsprang und Catarella

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