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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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bedeuteten, dass sie ein echter Hilferuf waren. Von wegen ein Scherz, wie Fazio behauptete! Doch das war nur ein Gefühl, nichts weiter. Deshalb beschloss er, sich um die Sache zu kümmern, ohne seine Leute einzubeziehen: Falls sich sein Eindruck als falsch herausstellte, ersparte er sich das schadenfrohe Gegrinse von Augello und Co. Er erinnerte sich, dass das Areal, auf dem der Markt stattfand, mit weiß gekalkten Linien auf dem Boden gekennzeichnet und in viele kleine Einzelfelder unterteilt war. Zusätzlich hatte jedes Feld eine Nummer: So wurden Streit und Handgreiflichkeiten zwischen den Händlern vermieden.
      Montalbano ging ins Rathaus und hatte Glück. Der Sachbearbeiter, der De Magistris hieß, erklärte ihm, nur zwei Standplätze seien für Verkäufer von Tonwaren reserviert. Auf dem ersten, mit der Acht als laufender Nummer, lege Tarantino Giuseppe seine Ware aus. Er befinde sich im unteren Teil des Marktes. Auf dem oberen Teil des Marktes, nah beim Friedhof, befinde sich der Standplatz 36, auf dem Fiorello Antonio ebenfalls bùmmuli und quartare, Tonkrüge, verkaufe.
      »Aber, Commissario, es ist nicht unbedingt so, wie es auf diesem Plan steht«, sagte De Magistris. »Warum nicht?«
      »Weil sich die Händler oft absprechen und die Plätze tauschen.«
    »Die beiden bùmmuli Vekäufer?«
      »Nicht nur die. Auf dem Plan steht, was weiß ich, dass auf der Nummer 20 einer steht, der Obst und Gemüse verkauft, und dann geht man hin und findet einen Schuhstand vor. Uns ist das egal, es muss nur alles in gutem Einvernehmen vonstatten gehen.«
    Er kehrte ins Büro zurück, ließ sich von Fazio erklären, wie er
    zu Consolato Damiano kam, und fuhr gleich los. Contrada Ficuzza, wo der Bauer wohnte, war ein abgelegener Ort zwischen Vigàta und Montereale. Um dort hinzugelangen, musste er nach einer halben Stunde Fahrt seinen Wagen stehen lassen und dann noch einen halbstündigen Fußmarsch zurücklegen. Es war schon dunkel, als er bei einem kleinen Bauernhof ankam, sich seinen Weg durch die Hühner bahnte und in Hörweite der Tür, die offen stand, schrie: »He! Ist da jemand?«
    » Cu è?«, fragte innen eine Stimme.
      »Ich bin Commissario Montalbano.« Consolato Damiano, Schirmmütze auf dem Kopf, erschien und zeigte sich gar nicht überrascht.
    » Trasisse , kommen Sie herein.«
      Die Familie Damiano wollte sich gerade an den Tisch setzen. Da waren eine alte Frau, die Consolato als seine Frau Pina vorstellte, der etwa vierzigjährige Sohn Filippo und dessen Frau Gerlanda, um die dreißig, die sich um die beiden Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, kümmerte. Das Zimmer war geräumig, in dem als Küche benutzten Teil gab es auch einen offenen Herd.
      »Möchten Sie mitessen?«, fragte Signora Pina und schickte sich an, einen weiteren Stuhl an den Tisch zu stellen. »Ich habe heute Abend ein bisschen pasta cu i bròcculi gemacht.« Montalbano aß mit. Nach der Pasta holte Signora Pina ein halbes Zicklein mit Kartoffeln aus dem Backofen, in dem sie es warm gehalten hatte.
      »Sie müssen entschuldigen, Signor Commissario. Das ist von gestern, mein Sohn ist nämlich vierzig geworden.«
    Es war köstlich, zart und fein, wie es in der Natur des Zickleins liegt, zu Lebzeiten ebenso wie im Tod. Schließlich, da niemand ihn nach dem Grund seines Besuchs fragte, fing Montalbano von sich aus an.
      »Signor Damiano, erinnern Sie sich zufällig noch, an welchem Stand Sie den bùmmulo gekauft haben?«
      »Natürlich erinnere ich mich. Bei dem am Friedhof.« Der Tarantino zugewiesene Standplatz. Aber wenn er mit Fiorello Platz getauscht hatte? »Wissen Sie, wie der Händler heißt?«
    » Sissi. Er heißt Pepè. Aber den Nachnamen weiß ich nicht.«
      Giuseppe. Das konnte nur Giuseppe Tarantino sein. So etwas Einfaches hätte man leicht mit einem kurzen Telefonanruf erledigen können. Aber wenn Consolato Damiano ein Telefon gehabt hätte, dann hätte Montalbano die Pasta mit Blumenkohl und das gebackene Zicklein versäumt.

    Im Büro traf er Mimi Augello an, der ihn offenbar erwartete.

      »Was gibt's, Mimi? Ich fahre in fünf Minuten nach Hause. Es ist spät, und ich bin müde.«
      »Fazio hat mir die Geschichte mit dem bùmmulo erzählt. Ich habe schon begriffen, dass du dich klammheimlich darum kümmern willst, ohne jemand was zu sagen.«

    »So ist es. Was hältst du davon?«
      »Ich weiß nicht. Die Sache kann ebenso gut ernst wie lächerlich sein. Es könnte sich, zum

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