Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
über die Abreise?«

      »Wenn einer meiner Soldaten in der Nähe vorbeikommt, soll er einen Blick auf die Fabrik werfen. Sicherheitshalber.«

      »Wo ist die fertige Ware untergebracht, während sie fort sind?«
      »In einem großen Lager hinter dem Haus. Mit einer eisenbeschlagenen Tür. Es wurde noch nie eingebrochen.« Der Commissario schwieg eine Weile. Dann sagte er weiter:

      »Tun Sie mir einen Gefallen, Maresciallo? Würden Sie jemanden von der Familie Marcuzzo anrufen und fragen, an welchem Tag sie letztes Jahr einen Händler vor den Sommerferien beliefert haben? Er heißt Giuseppe Tarantino, er sagt, er sei Kunde bei ihnen.«

      Pennisi musste, nachdem er seine Frage gestellt hatte, zehn Minuten am Telefon warten. Anscheinend mussten alte Karteien durchgeblättert werden. Schließlich dankte der Maresciallo und legte wieder auf.
    »Die letzte Lieferung an Tarantino war am Nachmittag des einunddreißigsten Juli. Nach den Ferien gab es weitere Lieferungen an ihn, eine am...«
      »Danke, Maresciallo. Das genügt mir.« Der Zettel war also in den bùmmulo gesteckt worden, als dieser sich in Tarantinos Besitz befand. Und in einem Depot verwahrt wurde, das unbewacht und jedermann zugänglich war. Montalbano sah schwarz.

      Auf der Rückfahrt gelangte er nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss, dass er die Sache niemals würde aufklären können. Die Feststellung versetzte ihn in schlechte Laune.
      Er ließ seinen Ärger an Gallo aus, der etwas, was er ihm aufgetragen hatte, nicht erledigt hatte. Das Telefon klingelte. Catarella rief aus der Telefonvermittlung an. »Dottore? Da ist der Signore Dimastrissi, der persönlich mit Ihnen selber sprechen will.«
    »Wo ist er?«

    »Keine Ahnung, Dottore. Ich frag ihn, wo er ist.«
      »Nein, Catarè. Ich will nur wissen, ob er im Kommissariat oder am Telefon ist.«

    »Am Telefon, Dottore.«
    »Stell ihn durch. Pronto?«
      »Commissario Montalbano? Hier ist De Magistris, Sie wissen doch, der Sachbearbeiter, der...«
    »Was gibt es?«

      »Nun, verzeihen Sie die Frage, es tut mir furchtbar Leid, aber... waren Sie zufällig bei Tarantino, dem Händler, und haben sich unter meinem Namen vorgestellt?«
    »Na ja, stimmt. Wissen Sie...«
      »Um Himmels willen, Commissario, ich will gar nichts weiter wissen. Danke.«
    »O nein, Augenblick. Wie haben Sie das erfahren?«

    »Eine junge Frau hat mich im Rathaus angerufen und gesagt,
    sie sei die Frau dieses Tarantino. Sie wollte den wahren Grund dafür wissen, warum ich mittags bei ihnen gewesen sei. Ich bin aus allen Wolken gefallen, sie muss begriffen haben, dass sie einen Fehler gemacht hatte, und hat wieder aufgelegt. Ich wollte Sie nur informieren.«

      Warum hatte ihr dieser Besuch Sorge bereitet? Oder hatte ihr Mann sie zu dem Anruf gedrängt, um mehr zu erfahren? Wie auch immer, dieser Anruf stellte alles erneut in Frage. Die Partie wurde wieder eröffnet. Der Zettel mit Tarantinos Telefonnummer lag auf dem Schreibtisch. Er wollte keine Zeit verlieren. Signora Tarantino meldete sich.
    »Signora Tarantino? Hier ist De Magistris.«

      »Nein, Sie sind nicht De Magistris. Sie haben eine andere Stimme.«

      »Also gut, Signora. Ich bin Commissario Montalbano. Geben Sie mir Ihren Mann.«
      »Er ist nicht da. Gleich nach dem Mittagessen ist er nach Capofelice auf den Markt gefahren. Er kommt in zwei Tagen wieder.«

      »Signora, ich muss mit Ihnen sprechen. Ich fahre sofort los und komme zu Ihnen.«
      »Nein! Bitte nicht! Lassen Sie sich bei Tag nicht im Dorf blicken!«
    »Wann soll ich denn kommen?«

      »Heute Nacht. Nach Mitternacht. Wenn nie mand mehr auf der Straße ist. Und stellen Sie ihr Auto bitte weit weg von unserem Haus ab. Und niemand vom Dorf darf Sie sehen, wenn Sie zu mir kommen. Ich bitte Sie.«
    »Keine Sorge, Signora. Ich werde unsichtbar sein.«

    Bevor sie auflegte, hörte er sie schluchzen.
      Die Tür war angelehnt, im Haus war es dunkel. Flink wie ein Liebhaber trat er ein, die Tür zog er hinter sich zu. »Darf ich Licht machen?«

    »Ja.«
      Er tastete nach dem Schalter. Das Licht erhellte ein einfaches Wohnzimmer: ein kleines Sofa, ein niedriges Tischchen, zwei Sessel, zwei Stühle, ein Regal. Sie saß auf dem Sofa, das Gesicht in den Händen verborgen, die Ellbogen auf den Knien. Sie zitterte.
      »Haben Sie keine Angst«, sagte der Commissario, der an der Tür stehen geblieben war. »Wenn Sie wollen, fahre ich zurück, wo ich

Weitere Kostenlose Bücher