Die Nacht des Satyrs
wehte ihm der Duft von Feenzauber entgegen. Er war süß mit einer würzigen Note wie frischer Herbst und bleicher Sonnenschein. Und er umgab ihn vollständig, erfüllte ihr Zimmer wie alles, was ihr gehörte.
Dann blickte er zum Wandspiegel auf und sah sich.
Er erkannte, wie entsetzlich sein Leib sich verändert hatte: den dichten hellbraunen Pelz, der seine Beine von den Schenkeln bis zu den Knöcheln bedeckte. Das war nicht die Behaarung eines Mannes, sondern die eines Tiers. Sie spross zu Beginn des Rufs und würde nicht vor dem nächsten Morgengrauen verschwinden.
Obgleich er sich am liebsten abgewandt hätte, zwang er sich, weiter hinzusehen, den riesigen adernüberzogenen Menschenpenis zu betrachten, der aus seinem dunklen Schamhaar aufragte und dessen blutrote Eichel sich suchend nach einer Möse reckte; und den zweiten roten Penis, der sich nur drei Finger breit darüber aus seinem Becken erhob.
Das war die Natur des Satyrs, und er hatte solche Verwandlung bereits erlebt – mindestens zwölfmal im Jahr. Aber stets hatte er es vermieden, sich selbst anzuschauen, wenn er so war. So hatte seine erste Frau ihn gesehen. Und so würde Jordan ihn erblicken.
Seine Augen wanderten wieder über die Flakons und Töpfe auf dem Frisiertisch, über die Kissen, die sie für ihren Sessel genäht hatte, und die Stickarbeit, die in dem Korb daneben lag. Alles passte zu ihr, feminin und zart wie es war. Zerbrechlich.
Heute Nacht könnte er sie verletzen. Es könnte ein Moment eintreten, wenn er sich nicht bremsen konnte, sie wieder und wieder zu nehmen, ob sie wollte oder nicht. Was für ein entsetzlicher Gedanke!
Steckte doch noch ein letzter Funken Anstand in ihm, der ihn hierherkommen ließ, fragte er sich. Schließlich hatte er auch Salbe in seinem Zimmer. Bisweilen benutzte er sie, wenn er sich mehrfach selbst befriedigen musste. Es war eine Notlösung, aber wenigstens tat sie niemandem weh. Ekelte keinen. Und er benutzte dabei niemanden außer sich selbst. Vielleicht bot das Schicksal ihm eine zweite Chance, seine Selbstbeherrschung wiederzufinden, bevor er einen schrecklichen Fehler beging.
Wenn er sich ein halbes Dutzend Mal oder mehr hier in ihrem Zimmer zum Orgasmus bringen könnte, war das Schlimmste womöglich vorbei. Es war noch nicht zu spät, Nebelnymphen heraufzubeschwören, damit sie ihn erleichterten, sollte er es allein nicht können. Was war schon eine weitere solcher Nächte, in der er nur von seiner Hand und heraufbeschworenen Frauenkörpern getröstet wurde? Nach einer ersten Befriedigung schaffte er es gewiss auch in die Klamm, wo er das Kopulieren fortsetzen konnte. Je größer der Abstand zwischen ihm und Jordan war, umso besser.
Er schmierte sich Creme aus dem Glastiegel in seine Hände. Halb auf dem Frisiertisch sitzend, packte er seine fiebrigen Schäfte, jeden in einer Hand. In diesem Moment glitten die seiner Brüder in ihre Frauen. Nick wäre mit Jane in der geweihten Klamm unter dem Vollmond. Lyon war irgendwo in Paris, wahrscheinlich mit Nebelnymphen unter sich – es sei denn, er hatte Feydons dritte Tochter bereits gefunden. Die Luststeigerung seiner Brüder jagte ihm einen frischen, schärferen Hunger in die Lenden. Allzubald wären seine Brüder auf dem Höhepunkt, und dann mochten die Götter ihm beistehen.
Mit zitternden Händen begann er, sich zu massieren, und betete, dass er die Willenskraft besaß, sich von der Frau fernzuhalten, die in seinem Bett wartete. Verbissen rieb er seine geschwollenen Schwänze, vor und zurück, rauf und runter. Aber das rhythmische Pumpen verlängerte und versteifte sie nur bis an die absolute Schmerzgrenze. Das Gefühl seiner Hände war nicht das, was er dringend brauchte. Seine Verzweiflung wuchs.
Ein plötzliches Geräusch schreckte ihn auf. Als er sich umwandte, sah er, dass Jordan ihm gefolgt war und nun in der offenen Tür zwischen seinem und ihrem Schlafgemach stand. Sie lehnte im Türrahmen und beobachtete ihn mit halbgesenkten Lidern.
Warum war sie aus dem Bett gestiegen?
Er richtete sich auf und kehrte ihr den Rücken zu, während er sich weiter rieb, nur um zu erkennen, dass sie ihn nun im Spiegel sah. Trotzdem machte er weiter, weil er die Stimulation brauchte.
»Schließ die Tür!«, murmelte er gefährlich ruhig. »Geh in mein Bett, und schlaf!«
Sie schmollte. »Du fehlst mir.«
Eine merkwürdige Resignation überkam ihn. Vielleicht war es das Beste, wenn sie ihn als die Halbbestie sah, die er in Wahrheit war, und lernte,
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