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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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nicht weiter wusste, die Göttin würde ihm früher oder später einen Weg zeigen.

 
    ***

 
    Ganz hinten, am Ende des Ganges, sah Elaine ein etwas helleres Licht leuchten.
    Sie stoppten wieder, um sich zu beraten.
    Erics Verstand war von ihrer ungewöhnlichen Reise bis zum Zerreißen gespannt. Er hatte nicht die Erfahrungen Elaines, die innerhalb kurzer Zeit aus der etwas unsicheren, leicht beeinflußbaren jungen Frau eine selbstbewusste Kämpferin gemacht hatten, und er hatte nicht das intellektuelle Rüstzeug des Professors, der durch seine Studien immerhin ständig mit dem Ungewöhnlichen zu tun gehabt hatte, auch wenn er bisher nicht, wie es jetzt geschah, mit der Möglichkeit seiner Realität konfrontiert worden war.
    Eric war auf der Suche nach einem Mörder, nicht auf der Suche nach dieser traumatischen Welt mit geheimnisvollen Sekten, mit Monstern, die aus Mythen in die Wirklichkeit erwachten um die Welt zu zerstören und mit seltsamen Fischen, die durch Nebel fliegen konnten und Gesichter hatten.
    Was auch da vorne auf sie warten mochte, er hoffte nicht mehr, es in Kategorien von Vernunft und Wahnsinn, Realität und Traum einordnen zu können.
    Die einzige Chance, sich seinen Verstand zu bewahren, war, die Dinge zu nehmen wie sie kamen.
    "Wir gehen einfach weiter, und sehen, was dort ist." sagte er.
    Elaine sah ihn aufmerksam an. Sein Gesicht war blaß , aber das konnte auch an dem Licht hier unten liegen.
    Okay.
    Sie sah den Professor an.
    Der zuckte nur mit den Schultern.
    "Vielleicht hätten wir doch eine Waffe mitnehmen sollen?"
    Elaine schüttelte den Kopf.
    "Ich bin mir sicher, dass, was immer auch geschehen wird, es nicht durch Waffen entschieden werden kann. Auf jeden Fall nicht durch die Art Waffen, die wir kennen."
    Eric senkte unmerklich den Kopf. Er hatte nicht vor, Elaine jetzt von der Walther zu erzählen, die er hinten in seinem Gürtel trug. Sie mochte recht haben, mit dem, was sie sagte, aber im Falle des Falles wollte er vorbereitet sein.

 
    ***

 
    Auf der Mitte der riesigen Platte aus Stein saß ein Mann und blickte sie erwartungsvoll an. Elaine erkannte sofort, dass es der Mann war, den sie vor einiger Zeit vor sich im Gang gesehen hatte. Jetzt konnte sie auch seine Kleidung deutlicher sehen. Er trug eine Hose aus Wildleder, die mit dicken Schnüren zusammengehalten wurde und eine Art Mantel, der aussah, als wäre er aus alten Kartoffelsäcken gemacht. Das kurze, struppige Haar war blutverkrustet und um die rechte Hand hatte er ein grobes Tuch gewickelt.
    Der Mann stand auf und kam auf sie zu. Verwundert sah er Elaine direkt an und fragte etwas in einer Sprache, die sie nicht kannte. Sie verstand nur Brocken, die klangen wie " Hazzusa " und " Marstimer ".
    Verständnislos sah sie Eric und den Professor an. Der alte Mann schien krampfhaft zu überlegen. Dann hellte sich plötzlich sein Gesicht auf, um sich aber sofort wieder zu verdunkeln. Vorsichtig erhob er seine Hand und berührte den Fremden an der Schulter.
    "Das ist doch nicht möglich", sagte er leise, "das kann doch kein Mensch wissen, wie das ausgesprochen wird."
    "Was ausgesprochen wird?" fragte Elaine.
    Der Professor wandte sich ihr zu.
    "Der Mann spricht offensichtlich einen Dialekt des Althochdeutschen, der seit mindestens dreihundert Jahren nicht mehr gesprochen wird. Wir haben nur schriftliche Zeugnisse über ihn. Mit ' Hazzusa ' meint er offensichtlich das uns bekannte ' Hagazussa ', was soviel bedeutet wie 'Hexe'."
    Elaine schaute erstaunt den Professor an.
    "Er hält mich für eine Hexe?"
    Unwillkürlich musste Eric lachen, er wusste auch nicht warum, aber so abwegig fand er die Bezeichnung nicht. Schließlich ging es in seinem Leben, seitdem er Elaine kennengelernt hatte, wirklich nicht mehr mit rechten Dingen zu. Er wollte schon einen Scherz machen, aber auf einen Blick von Elaine der eine blühende Rose zum Verdorren gebracht hätte, verkniff er sich seine Bemerkung.
    "So ähnlich ," sagte Rosner zu Elaine, "er meint wohl, dich zu kennen."
    Der Mann wiederholte, was er gerade gesagt hatte, und dieses Mal hörte der Professor genauer hin.
    "Er hält dich für eine gewisse Carda , glaube ich."
    Elaine nickte.
    Carda hieß sie also.
    Carda , ihre Seelenverwandte.

 
    ***

 
    Als die drei Fremden auf ihn zugekommen waren, war Wessel aufgestanden und hatte sie freundlich begrüßt, obwohl er nicht wusste, ob sie Freunde oder Feinde waren. Aber in der Welt der Göttin, und offensichtlich befanden sie sich

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