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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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Aggressivität. Und, den Rückzug vorbereitend: "Ich träume halt von Sachen, die ich nicht verstehe."
    "Erzähl Mal." Der Haken saß bereits und er zupfte vorsichtig daran.
    "Einfach so Sachen ," meinte sie, "düstere Sachen, die einem Angst machen können."
    "Komme ich in deinen Träumen vor?" sie spürte seine Neugier und erschrak etwas.
    "Nein, entschuldige, das war doch eben nur eine dumme Bemerkung. Natürlich nicht von dir, von den Sachen, die ich so lese."
    Sie sah ihm ins Gesicht. Seltsamerweise schien er erleichtert, dass sie nicht von ihm träumte. Sehr erleichtert. Das irritierte sie etwas. Eckhardt war nicht der Typ, der sich wünschte, dass die Frauen von ihm träumten, aber dass er erleichtert war, dass sie es nicht taten, kam ihr doch ungewöhnlich vor. Obwohl es sich bei ihren Träumen um Alpträume handelte.
    "So, was liest du denn, was dich so verfolgt?"
    "Ich lese über unsere Stadt, über die Verfolgung der Hexen."
    Eckhardt blieb stehen.
    "So" sagte er, "Und, hat es dich weitergebracht?".
    Elaine verstand nicht.
    "Was meinst du, ob es mich weitergebracht hat?"
    Worauf wollte er hinaus?
    Er kam auf sie zu und blieb direkt vor ihr stehen. Das fand sie etwas unangenehm, also trat sie einen Schritt zurück.
    "Ich meine, ob du zufrieden damit bist, mich zu hintergehen?"
    Was, um Gottes Willen, sollte das denn jetzt? Wurde Eckhardt jetzt paranoid? Sie verstand ja, dass er sich ein wenig als ihr ideologischer Ziehvater sah, schließlich hatte sie viel von ihm gelernt, aber dadurch hatte er doch kein Exklusivrecht auf sie. Sie ahnte, dass ein Zurückweichen ihrerseits in diesem Moment einen Punkteverlust in einem Kampf bedeutet hätte, den sie nicht genau kannte, den sie nicht führen wollte aber irgendwann gewinnen musste. Deshalb hatte sie nicht vor, klein beizugeben. Aber es fiel ihr auch keine intelligente Antwort auf seinen Angriff ein. Ihre übliche Schlagfertigkeit versank unter einem Kloß in ihrem Hals. Sie musste sich eingestehen, dass sie wieder einmal etwas Angst vor dem Mann hatte, mit dem sie seit kurzem so viel Zeit verbrachte.
    Eckhardt sagte nichts. Er stand da, wie er damals im Park vor ihr gestanden hatte, als lausche er auf etwas. Aber jetzt schien er auf etwas zu lauschen, was direkt hinter ihr stand. Sein Blick ging durch sie hindurch.
    Sie drehte sich um.
    Da war nichts.

 
    ***

 
    Als Eckhardt in ihre Seele schaute, um herauszufinden, was sie im Stadtarchiv gefunden hatte, sah er nur Tische und vergilbte Dokumente, über die sich Elaine beugte, das schlaffe Gesicht seines Archivars, der kleine Zettel in einen Kasten legte, einen Haufen unwichtiger Leute, die wichtig über Bücher gebeugt saßen, und den alten Mann, von dem immer etwas Beunruhigendes ausging.
    Elaine unterhielt sich mit dem Mann und Eckhardt konnte fühlen, dass sie sich wohl in der Gegenwart des Alten fühlte.  
    Er wusste, um was für Dokumente es sich handelte über die sie sich unterhielten. Er hatte sie alle gelesen, nein, er hatte an ihnen mitgeschrieben, wenn man so wollte und sein Mann im Archiv hatte ihm natürlich eine genaue Auflistung aller Leihvorgänge zukommen lassen. Daher wusste er natürlich, dass der Professor sich ebenfalls für die Dokumente interessierte, und er wusste, was Elaine an Papieren zu Gesicht bekommen hatte, aber er wusste nicht, was sie aus den Informationen machen würden, die sie bekamen. Bisher hatte er nicht daran gezweifelt, dass von dem alten Mann keine Gefahr ausging, aber jetzt, wo er wusste, dass Elaine und der alte Sack sich miteinander austauschten, hatte er keine Kontrolle mehr darüber, was sie sich zusammenreimen würden. Er ärgerte sich, dass er nicht schon vor Jahren alle Dokumente hatte vernichten lassen, aber er hatte kein Aufsehen erregen wollen, außerdem würde er sie vielleicht noch für weitere Auswertungen brauchen, und so war es ihm ausreichend erschienen, die wichtigsten Papiere im unzugänglichen System des Archivs verschwinden zu lassen.
    Aber jetzt schien eine Entwicklung in Gang zu kommen, die er nicht hatte vorhersehen können.
    Er hatte gewußt , dass Elaine nicht dumm war. Nicht umsonst hatte er ihr die Orte gezeigt, auf die es ankommen würde. Wollte man ein Geheimnis bewahren, musste man andere Geheimnisse lüften. Wenn sie sah, würde sie sich vielleicht erinnern. Und wenn sie sich erinnerte, würde sie es ihm auf Dauer nicht verheimlichen können. Er wusste noch nicht genau, welche Rolle sie in dem Spiel spielen würde, aber es würde

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