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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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beruhten auf der Möglichkeit der Gestaltwerdung symbolischer Wesen. Der Trickser war ein solches Wesen. Der Ledermann hatte ihn aus den kollektiven Vorstellungen seines Volkes destilliert und in die reale Welt gebracht. Von einem ähnlichen Wesen, nur ungleich mächtiger, war in den Schriften die Rede, die ihm nun vorlagen . Ein Wesen, das aus dem Reich der kollektiven Symbole hinaus in die reale Welt treten konnte, um die Voraussetzungen für den Kosmischen Krieg zu schaffen. Schon einmal, gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts, war es fast gelungen, dieses Wesen in die Welt zu bringen.
    Es war jetzt klar, dass Hitler einfach der falsche Mann gewesen war. Er war nur ein abartiger Knilch, der zufällig auf die richtige Spur gestoßen war, und sich dann für den angekündigten Erlöser selbst gehalten hatte. Aber das war eben ein Irrtum. Wahrscheinlich hatte er die Papiere, die Volkmar jetzt in Händen hielt, nie gesehen. Der häßliche , kleine Diktator hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Erlöser, den Volkmar hier beschrieben fand.
    Von da an hatte er gewußt , dass das Erscheinen des Erlösers noch in seine Lebenszeit fallen würde. Und wenn es so weit war, wollte er seine Rolle im großen Theater der Erfüllung des Sinnes der Geschichte schon spielen.
    Er wollte dem Erlöser einen Ort schaffen, der seinem Erscheinen würdig wäre.
    Er würde für die Geburt des Erlösers seinen eigenen Leib zur Verfügung stellen.
    Er würde seinen Abgesandten in sich aufnehmen.

 
    ***

 
    An Wochenenden war im 2N8, der Kneipe, in der Elaine arbeitete, die Hölle los.
    Ihren Nebenjob erledigte sie nur noch ungern, am liebsten hätte sie sich ganz ihren Studien über die Geschichte ihrer Stadt gewidmet, aber sie wusste, dass ihr etwas Ablenkung nicht schaden konnte, und obwohl es keine leichte Arbeit war, hatte sie wenigstens Umgang mit anderen Leuten, wenn sie ihr Tablett durch die volle Kneipe jonglierte und allzu lästige Männer abwehrte.
    Und heute hatte sie einen wirklich netten Mann kennen gelernt. Oder fast kennen gelernt.
    Schon von vorhergehenden Abenden hatte sie ihn in angenehmer Erinnerung behalten, und das nicht nur wegen des angemessenen Trinkgeldes, eine Seltenheit in ihren Kreisen. Sie hatte des öfteren seinen Blick in ihrem Nacken gespürt, er hatte sie beobachtet, aber nicht dumm von der Seite angequatscht.
    Noch eine Seltenheit.
    Er sah weder gut noch schlecht aus, normaler Durchschnitt, kurze, dunkle Haare, groß und etwas schlacksig . Das einzig Auffällige an ihm war, dass er den linken Fuß etwas hinterherzog , wenn er ging. Alles in allem machte er einen etwas schüchternen und verschlossenen Eindruck, aber seine Augen verrieten, dass er sehr wohl auf der Suche nach Kontakt war, und da er offensichtlich den Mut nicht hatte sie anzusprechen, nahm sie die Gelegenheit wahr, als sie ihm seinen dritten Kaffee des Abends brachte.
    Er war neu in der Stadt, freier Journalist, und wohnte in einem Hotel außerhalb der Stadt. Seinen Namen wollte sie gerade erfahren, als ihr Chef sie zu mehr Kundendienst aufrief. Die nächste halbe Stunde war dann an ein Gespräch nicht zu denken und gegen zwölf wurde sie von Eckhardt zu einem nächtlichen Spaziergang abgeholt, da sie ohnehin nicht würde schlafen können.
    Als er kam, drehte sie sich noch einmal zum Sitzplatz ihres neuen Bekannten um, aber da stand schon eine Horde amüsierfreudiger Teenis an seinem Tisch.
    Er war wohl schon gegangen.

 
    ***

 
    Mit Eckhardt ging sie durch die dunkle Innenstadt nach Hause. Es war bereits nach zwei Uhr, größtenteils waren sie schweigend durch die Stadt gestreift. Es wurde langsam leerer um sie herum, selbst die letzten Nachtschwärmer verzogen sich.
    "Du siehst schlecht aus in letzter Zeit." sagte er.
    "Das Studium ..." versuchte sie auszuweichen.
    Er blickte sie prüfend und etwas scharf an. Obwohl sie sich schon eine Weile kannten, konnte sich Elaine nicht an diesen Blick gewöhnen. Wie ein Bussard, bevor er sich auf die Maus im Feld stürzt.
    "Das glaube ich dir nicht. Da ist noch etwas anderes, aber du mußt es nicht erzählen."
    Sie meinte deutlich aus seiner Stimme heraushören zu können, dass er unter einer dünnen Schicht aus Verständnis beleidigt war. Das machte sie sauer.
    "Ich bin etwas überarbeitet und träume schlecht, das ist alles."
    "Was ist der Grund?" Jetzt, wo er sie am Haken hatte, würde er nicht mehr loslassen.
    "Vielleicht du?" fragte sie zurück, überrascht über ihre eigene

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