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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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jemand in ihn verliebte. Wer wusste, was er getan hatte, konnte sich nur mit Abscheu von ihm abwenden.
    Er beschloss, jeden Gedanken an Elaine aus seinem Kopf zu verbannen.
    Zumindest, bis er Kathrins Tod gerächt hatte.
    Endlich, nach all den Jahren, hatte er ihn gefunden, den Mann, den er unter dem Namen Hendrich kennengelernt und hier als Volkmar Eckhardt wiedergefunden hatte.
    Er schob die zweite Patrone in das Magazin.
    Seine Hände fingen so sehr an zu zittern, dass er die Waffe auf die schäbig karierte Überdecke legen musste.
    Die Jahre hatten nichts von seinem Schmerz gelindert. Wenn alles gewesen wäre wie es sein sollte, damals, wenn nicht dieser grauenvolle Mord gewesen wäre, dann hätte er Kathrin wahrscheinlich schon vergessen. Eine erste Jugendliebe, nichts weiter.
    Aber er war einfach weggelaufen und hatte sie diesem Mann überlassen.
    Er schämte sich immer noch so fürchterlich, dass nur der Gedanke an Rache ihn vom Selbstmord abhielt. Jede Nacht wenn er die Augen schloss, sah er vor seinem inneren Auge, wie der damals nur wenige Jahre ältere Volkmar Hendrich über die Leiche eines am Boden liegenden Mannes gebeugt da stand, von schwarzem Blut durchnässt.
    Er war mit Kathrin früher aus dem Kino herausgekommen. Der Film war fürchterlich langweilig gewesen, aber wahrscheinlich war ihm dies nur so vorgekommen, weil er viel lieber mit ihr ganz allein gewesen wäre. Er versuchte, sich an ihren Gesichtsausdruck zu erinnern, als sie Hendrich sahen.
    Aber umsonst. Er konnte sich einfach nicht erinnern, und das hatte einen Grund.
    Er hatte sie nicht angesehen.
    Er hatte nur auf den Mann vor ihm, Hendrich , gestarrt, wie der an der Brust des Daliegenden horchte, und dann, dann hatte er sich einfach umgedreht und war davongelaufen.
    Er hatte sie einfach da stehen lassen.
    Wenn er sich wenigstens hätte erinnern können, wie sie es damals aufgenommen hatte, dieses Bild, das ihn seitdem verfolgte, dann hätte er sich vielleicht vormachen können, dass es für sie nicht so schlimm gewesen war. Sie war immer mutiger gewesen als er. Während er in seinem Zimmer hockte und Bücher verschlang, übte sie ihre Kräfte auf der Judo-Matte und an der Kletterwand. Und an Wochenenden war sie immer mit ihrem Vater auf Tour gegangen. Sie nahmen sich die größten Berge vor, die sie in der Umgebung fanden, und er erinnerte sich noch, wie sehr sie sich schon auf ihren ersten Urlaub in den Alpen gefreut hatte. Gerade an diesem Abend hatte sie kaum von etwas Anderem reden können ..
    Sie war so mutig gewesen und er so feige.
    Später versuchte man ihn damit zu trösten, dass sie tatsächlich nicht lange zu leiden gehabt hätte.
    Ihr Genick brach und sie war sofort tot.
    Der nicht identifizierte Täter war dann noch mit seinem Wagen über ihre Leiche gefahren, aber wahrscheinlich nicht, um sicher zu gehen, sondern einfach, weil sie im Weg lag.
    Eric war sich schon damals sicher gewesen, dass es diesem Dreckskerl egal war, dass er über die Leiche seiner ersten und bisher einzigen großen Liebe gefahren war.
    Er nahm die Walther wieder in die rechte Hand und eine weitere Patrone in die Linke.
    Das Geschoss war mattschwarz, es schien alles Licht zu schlucken, in sich hineinzusaugen , wie damals sein Schmerz alles Licht der Welt verschluckt hatte.
    Er nahm die Patrone und führte sie in das Magazin ein.
    Angeblich hatte es sich um den Zufallsmord eines durchreisenden Psychopathen gehandelt, der bald darauf die Stadt verlassen hatte. Niemand konnte sich sonst einen Reim darauf machen, dass jemand wahllos einen Mann auf einem Parkplatz erschlug, der aber auch nichts an sich hatte, was ihn für eine solche Tat attraktiv machte.
    'Nicht identifizierter Täter', dass Eric nicht lachte. Er hatte den Typen sehr wohl identifiziert. Aber es stand Wort gegen Wort, das Wort eines gemeinen Verbrechers und seiner faschistischen Freunde gegen das Wort eines halben Kindes.
    Die vierte Patrone verschwand in der Kammer.
    Es war sicher Einbildung, aber er meinte, dass die Waffe schon schwerer in seiner Hand lag.
    Kurz nach der Tat hatte dann Hendrich , dem aber auch gar nichts nachzuweisen war, ohne eine Spur zu hinterlassen, die Stadt verlassen und Eric war zurückgeblieben mit seinen Schuldgefühlen und der Gewißheit , dass er nichts mehr tun könnte, um den Mörder hinter Gitter zu bringen.
    Erst einige Jahre später, als er in ein Alter gekommen war das zwar nicht seine Schuldgefühle gemildert, aber sein Selbstbewußtsein gestärkt hatte,

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