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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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außergewöhnliches Ereignis ist. Er weiß nicht, wo man Wasser suchenmuss, aber Weißwein findet er ziemlich schnell; er weiß seine Ängste nicht zu beherrschen noch die Menge seiner Fragen zu vergessen, die sich zu einem ungeheuren Haufen auftürmen, den er unablässig durchforscht wie ein Biber seinen Bau. Er versteht nicht zu rennen, er versteht nicht zu beobachten, wie der Regen fällt oder der Fluss fließt, er versteht es nicht, über die Sorgen des Lebens hinwegzusehen, ja, er denkt sie sich schon im Vorhinein aus, damit sie ihn nicht überraschen. Dagegen weiß er alles, was auf den ersten Blick nicht von Nutzen ist. Alle Bibliotheken dieser Welt haben Eingang gefunden in Danglards Kopf, und noch immer ist da eine Menge Platz drin. Das ist etwas Kolossales, Unerhörtes, etwas, das ich dir nicht beschreiben kann.«
    »Und wenn es auf den ersten Blick nicht von Nutzen ist?«
    »Dann zwangsläufig auf den zweiten oder fünften Blick.«
    »Ach so«, sagte Zerk, offensichtlich zufrieden mit der Antwort. »Ich selbst weiß nicht, was ich weiß. Was denkst du, was ich weiß?«
    »Dasselbe wie ich.«
    »Das heißt?«
    »Ich weiß nicht, Zerk.«
    Adamsberg hob eine Hand zum Zeichen, dass er Danglard endlich erreicht hatte.
    »Danglard? Schläft alles bei Ihnen? Können Sie auf einen Sprung vorbeikommen?«
    »Wenn es um die Taubenpflege geht, dann muss ich passen. Das Tier ist voller Flöhe, und ich habe eine schlechte Erinnerung an Flöhe. Ihren Kopf unterm Mikroskop mag ich auch nicht noch mal sehen.«
    Zerk sah auf die beiden Uhren seines Vaters. 21 Uhr. Violette hatte befohlen, die Taube jede Stunde zu nähren und ihr zu trinken zu geben. Er weichte Zwiebackstückchen ein, füllte die Pipette mit Wasser, gab einen Tropfen vondem Stärkungsmittel hinzu und machte sich an seine Aufgabe. Das Tier hielt die Augen geschlossen, nahm aber die Nahrung an, die der junge Mann ihm in den Schnabel füllte. Zerk hob sanft den Körper der Taube an, wie Violette es ihm gezeigt hatte. Diese Frau war ein Schock für ihn gewesen. Er hätte nie geglaubt, dass es ein derartiges Geschöpf geben könnte. Er sah ihre großen Hände vor sich, wie sie geschickt mit dem Vogel umgingen, ihre kurzen blonden, zum Tisch hin fallenden Haare, die sich in ihrem breiten Nackten ringelten, der von einem zarten weißen Flaum überzogen war.
    »Um die Taube kümmert sich Zerk. Und Flöhe hat sie keine mehr. Retancourt hat das Problem erledigt.«
    »Also was dann?«
    »Da ist eine Sache, die mir keine Ruhe lässt, Danglard. Die kleine Frau mit der geblümten Bluse, die vorhin bei uns war, haben Sie die bemerkt?«
    »Wenn man so will, ja. Ein spezieller Fall von Unbeständigkeit, von physischer Vergänglichkeit. Sie würde wegfliegen, wenn man sie anpusten würde, wie die Achänen vom Löwenzahn.«
    »Die Achänen, Danglard?«
    »Die Samenkörner des Löwenzahns, die von ihren flaumigen Flugschirmen getragen werden. Haben Sie niemals als Kind da draufgepustet?«
    »Na sicher. Alle haben wir auf Pusteblumen geblasen. Aber ich wusste nicht, dass die Dinger Achänen heißen.«
    »Ja.«
    »Doch abgesehen von ihrem flaumigen Fallschirm, Danglard, war die kleine Frau wie gelähmt vor Schrecken.«
    »Habe ich nicht bemerkt.«
    »Doch, Danglard. Schrecken in Reinkultur, Schrecken, wie aus tiefster Seele gekommen.«
    »Hat Sie Ihnen gesagt, warum?«
    »Es ist ihr scheinbar verboten, darüber zu reden. BeiTodesstrafe, nehme ich an. Aber sie hat mir mit leiser Stimme einen Hinweis gegeben. Ihre Tochter hat das Verwegene Heer vorüberrasen sehen. Wissen Sie, was sie damit meint?«
    »Nein.«
    Adamsberg war grausam enttäuscht, nahezu gedemütigt, als hätte er vor seinem Sohn soeben versagt, sein Versprechen nicht eingelöst. Er begegnete Zerks gespanntem Blick und gab ihm durch ein Zeichen zu verstehen, dass die Beweisführung noch nicht beendet sei.
    »Veyrenc scheint zu wissen, worum es sich handelt«, fuhr Adamsberg fort, »er hat mir geraten, Sie zu konsultieren.«
    »Ach ja?«, sagte Danglard in etwas lebhafterem Ton, die Erwähnung Veyrencs schien ihn in Unruhe zu versetzen wie der Anflug einer Hornisse. »Was genau hat er denn gehört?«
    »Dass ihre Tochter in einer Nacht das Verwegene Heer gesehen hat. Und dass diese Tochter – sie heißt Lina – noch einen Jäger und drei andere Kerle in der Bande erkannt hat. Der Jäger ist seit über einer Woche verschwunden, sie meint, dass er tot ist.«
    »Wo? Wo hat sie das alles gesehen?«
    »Auf einem Weg dort

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