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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Womit sie übrigens gar nicht so unrecht hatte. Dass Sie Kommissar sind, hab ich mir gedacht, so wie Sie einen über Brotkrümel ausfragen. Der Kollege von hier ist nicht so.«
    »Sie finden, dass ich mich zu lange bei den Krümeln aufhalte?«
    »Nein, machen Sie ruhig, wie Sie wollen. Das ist für Ihren Bericht, irgendwas müssen Sie ja in den Bericht schreiben. Verstehe ich vollkommen, ich habe mein Leben lang nichts anderes gemacht bei der ALLB, Abrechnungen und Berichte. Wenn es noch ehrliche Berichte gewesen wären.Von wegen. Der Chef hatte seine Devise, er sagte immer: Eine Versicherung muss nicht zahlen, selbst wenn sie zahlen muss. Fünfzig Jahre Betrug in dieser Weise, das verkleistert einem ganz schön den Verstand. Ich sagte zu meiner Frau: Wenn du mal meinen Kopf waschen könntest statt der Gardinen, das wäre weiß Gott nützlicher.«
    Tuilot Julien lachte, wie um seinen Geistesblitz zu unterstreichen.
    »Ich verstehe ja nur diese Geschichte mit dem Brotkanten nicht.«
    »Wer verstehen will, muss logisch vorgehen, Kommissar, logisch und schlau. Ich, Tuilot Julien, bin es, ich habe sechzehn Kreuzworträtselmeisterschaften in zweiunddreißig Jahren gewonnen. Im Schnitt alle zwei Jahre eine, allein mit meinem Grips. Logisch und schlau. Das bringt auf diesem Niveau sogar Geld ein. Das hier«, sagte er und wies auf die Zeitung, »ist Kinderkram. Allerdings muss man dabei häufig seine Bleistifte anspitzen, und das gibt Späne. Was ist sie mir auf den Geist gegangen mit diesen Spänen! Was stört Sie eigentlich an diesem Brot?«
    »Es liegt nicht im Mülleimer, ich finde es gar nicht besonders alt, und ich begreife nicht, warum es keine Krume mehr hat.«
    »Geheimnis des Hauses«, sagte Tuilot, und er schien amüsiert. »Ich habe nämlich zwei kleine Untermieter, Toni und Marie, ein richtiges kleines Paar, unheimlich nett, und sie lieben sich innig. Nur sind sie nicht nach dem Geschmack meiner Frau, das können Sie mir glauben. Über Tote soll man ja nichts Schlechtes sagen, aber sie hat alles versucht, sie mir umzubringen. Und ich hintertreibe nun seit drei Jahren alle ihre Listen! Logisch und schlau, das ist das Geheimnis. Nicht du, meine arme Lucette, sagte ich zu ihr, wirst einen Kreuzworträtsel-Champion austricksen. Ich und diese beiden, wir sind ein Trio, sie wissen, dass sie auf mich zählen können, und ich auf sie. Allabendlichein kleiner Besuch. Da sie schlau sind und sehr feinfühlig, kommen sie nie, bevor Lucette im Bett ist. Sie wissen ja, dass ich auf sie warte. Toni kommt immer als Erster, er ist der Größere, Kräftigere.«
    »Und die haben also die Krume gefressen? Während das Brot im Mülleimer lag?«
    »Sie sind ganz verrückt danach.«
    Adamsberg warf einen Blick auf die Kreuzworträtsel, die ihm durchaus nicht so einfach erschienen, dann schob er die Zeitung von sich.
    »Und wer sind ›sie‹, Monsieur Tuilot?«
    »Ich spreche nicht gern darüber, die Leute verurteilen so was. Sie sind borniert, die Leute.«
    »Tiere? Hunde, Katzen?«
    »Ratten. Toni ist brauner als Marie. Und sie lieben sich so sehr, dass sie oft mitten im Fressen innehalten, um einander mit ihren Pfoten den Kopf zu kraulen. Wenn die Leute nicht so vernagelt wären, würden sie so ein Schauspiel bemerken. Marie ist die Lebhaftere. Nach ihrer Mahlzeit klettert sie auf meine Schulter und krallt sich in meine Haare. Sie kämmt mich sozusagen. Es ist ihre Art, sich zu bedanken. Oder mich zu lieben? Wer kann das sagen? Jedenfalls ist es irgendwie tröstlich. Und dann, nachdem wir uns eine Menge netter Dinge gesagt haben, trennen wir uns bis zum nächsten Abend. Durch das Loch hinter dem Fallrohr gelangen sie wieder in den Keller. Einmal hat Lucette alles zuzementiert. Arme Lucette, sie hat keine Ahnung, wie man Zement anmischt.«
    »Ich verstehe«, sagte Adamsberg.
    Der Alte erinnerte ihn an Félix, der achthundertachtzig Kilometer von hier Weinstöcke beschnitt. Er hatte eine Ringelnatter mit Milch gezähmt. Eines Tages hatte ein Kerl seine Ringelnatter getötet. Daraufhin tötete Félix den Kerl. Adamsberg ging zum Schlafzimmer zurück, wo Lieutenant Justin bei der Toten wachte, bis der behandelnde Arzt käme.
    »Sieh mal in ihren Mund«, sagte er. »Sieh nach, ob du weißliche Überreste findest, wie Brotkrume.«
    »Ich habe keine große Lust, das zu tun.«
    »Tu’s trotzdem. Ich denke, dass der Alte sie erstickt hat, indem er sie mit Brotkrume vollstopfte. Danach hat er die Krume wieder rausgeholt und sie irgendwohin

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