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Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Titel: Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexia Casale
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gefällt. Alles dreht sich um mich. Und das nicht, weil ich Geburtstag hätte oder dergleichen, sondern einfach nur so. Sie wollen, dass ich glücklich bin, mehr nicht.
    Beide umarmen mich, als wir vor unserem Haus stehen, sie drücken mich scheinbar unbedacht, aber ich muss sie nicht daran erinnern, auf meine Rippen zu achten. Es ist ein rundum gelungener Tag. Beide winken vom Rücksitz, als sie im Auto von Phees Mutter davonfahren. Amy steht schon in der Tür, um mich zu begrüßen, und ich bleibe mitten im Vorgarten stehen, um ihr Lächeln in mich aufzunehmen.    
    Ich bin froh und glücklich, und meine Rippen tun nicht weh, und die Welt ist wunderschön. Ich gehe zu einem Haus voller Menschen, die mich lieben.
    Onkel Ben fordert Paul und mich zu Monopoly heraus, wir verbünden uns gegen ihn und verlieren trotzdem. Angesichts der absehbaren Niederlage steige ich aus und gehe in die Küche, um Amy beim Abendessen zu helfen. Sie öffnet eine Pappschachtel wie die für Kleenextücher, holt aber etwas heraus, das wie eine verunglückte Plastiktüte aussieht – weiß und klumpig.
    »Ich wollte dich gerade rufen«, sagt sie und lacht, als ich die Dinger skeptisch anstarre. »Wegwerfhandschuhe«, erklärt sie und hebt einen am Finger hoch. »Aber wir brauchen sie nicht für das Essen. Weißt du noch, dass Dr. Barstow ein Rezept für eine Betäubungssalbe ausgestellt hat? Für den Fall, dass deine Wunde nach dem Verheilen noch wehtut? Ich habe sie heute Nachmittag abgeholt, und der Apotheker meinte, dass wir Handschuhe brauchen, sonst bekommen wir schon durchs Einreiben taube Finger.«
    Ich nehme den Beipackzettel zur Hand, den Amy auf die Anrichte gelegt hat. Capsaicinsalbe, lese ich und frage mich, wie man das ausspricht. »Sie wird angeblich aus echten Chilischoten hergestellt.«
    Amy drückt ein Tröpfchen auf meine Fingerspitze. »Aber nicht direkt auf der Narbe auftragen«, warnt sie mich, und wir beißen uns beide auf die Unterlippe, während ich die Salbe auf meiner Haut verteile. Dafür, dass sie aus Chilis besteht, finde ich sie viel zu weiß, und wir tauschen einen skeptischen Blick, als ich mein Top wieder runterziehe. Danach will ich den Handschuh in der Spüle abwaschen.
    »Einfach wegwerfen, Liebes«, sagt Amy. »Es ist eine Hunderterpackung. Wir können also jedes Mal neue nehmen.«
    »Laut des Beipackzettels muss ich sie ›zwei- bis dreimal pro Tag‹ auftragen. Morgens mache ich es hier in der Küche, aber darf ich ein Paar Handschuhe mitnehmen, damit ich sie abends oben auftragen kann?«, frage ich und dehne einen neuen Handschuh.
    »Wenn du dich vorsiehst«, sagt Amy.
    Ich bringe Salbe und Handschuhe nach oben, und als ich wieder unten bin, duftet alles köstlich nach Ingwer, Knoblauch und Frühlingszwiebeln.
    »Kannst du das Zitronengras klopfen?«, fragt Amy, die im Kochbuch nachliest, während sie mir die Packung reicht.
    Ich nehme den Fleischklopfer und haue ordentlich drauflos, atme den frischen Zitronenduft ein, während ich die Stängel zu Brei schlage (wenn mich ein Rezept dazu einlädt, etwas kurz und klein zu schlagen, dann tue ich das gründlich).
    »Das reicht wohl, Liebes«, sagt Amy, als sie den Matsch auf dem Hackbrett erblickt.
    Sie klingt, als wollte sie eigentlich fragen, ob mich etwas belastet, und normalerweise würde ich lächelnd die Augen verdrehen. Aber heute lenke ich sie ab. Ich war noch nicht fertig mit dem Zitronengras, und ich habe nicht die Absicht, über das zu sprechen, was mich tatsächlich beschäftigt.
    »Miss Winters hat mich gebeten, über Ziele nachzudenken«, sage ich, bevor Amy den Mund öffnen kann.
    Amy lächelt erleichtert und schneidet weiter, aber immer, wenn der Fleischklopfer auf das Hackbrett knallt, zuckt ihr Blick zu mir. »Und? Ist dir etwas eingefallen?«
    Ich zucke mit den Schultern, sinke gegen die Anrichte und zupfe Korianderblätter von den Stängeln. »Heute war ein super Tag. Wäre es ein Ziel, wenn ich mir wünschte, immer gute Freunde zu haben, die so etwas für mich tun?«
    Amy lächelt. »Das wäre ein sehr weises Ziel, Evie.«
    Ich ziehe die Nase kraus und verbeiße mir eine schnodderige Bemerkung. »Ich bin echt glücklich«, sage ich. »Ich habe dich und Paul und Onkel Ben … und Phee und Lynne. Und letzte Woche habe ich die beste Geschichtsarbeit geschrieben, und das einzige Fach, in dem ich schlecht bin, ist Handarbeit, aber das ist mir egal, zumal das für den Abschluss nicht zählt. Mir fallen keine Ziele ein – ich

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