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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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jungen Mann, sich in Bewegung zu setzen.
    Rossokow ging an den sterbenden Männern und der zitternden Frau vorbei, ohne sie anzusehen. Er fand die Blutproben in den Reagenzgläsern und im Kühlschrank und schüttete sie in den Ausguss, spülte dann die Hautproben nach. Ein plötzlicher Schuss aus einer Schnellfeuerwaffe ließ ihn herumfahren. Mickey stand vor der Reihe von Computern, die Waffe eines der Wächter im Anschlag, und leerte das ganze Magazin in die Maschinerie. Rookes Leiche zuckte jedes Mal, wenn Kugeln über sie hinwegfegten.
    Als dann das Echo der Schüsse verhallte, sah Mickey sich mit einem seltsamen, sarkastisch wirkenden Grinsen um. Die Frau mit den orientalischen Zügen arbeitete sich langsam hinter der Konsole hoch. »Ist das alles?«, fragte Rossokow sie.
    »Die haben die Untersuchung und das Gespräch in der Zelle aufgezeichnet. Die Aufzeichnung ist hier.« Sie deutete hinter sich, eine vage, seltsam verwirrt wirkende Bewegung. »Es gibt auch noch andere Aufzeichnungen, aber die hat Rooke.«
    »Takara!«, sagte der dunkelhaarige Mann mit einer Stimme, aus der Tadel klang.
    »Was für Aufzeichnungen?« Er trat näher.
    »Die Filme, die sie gemacht haben. Die Irrenanstalt, wie sie nachher aussah.« Sie blickte zu ihm auf, und ihre dunklen Augen wirkten unergründlich.
    »Warum?« Sie zuckte die Achseln.
    »Immerhin gibt es doch Ungeheuer. Aber Sie sind nicht das schlimmste davon.«
    »Ich sollte Sie nicht am Leben lassen«, sah er sich genötigt hinzuweisen.
    »Nein. Das sollten Sie wahrscheinlich nicht.«
     
    Der Korridor schien ihr zu gefährlich, also nahm Sara die erste Tür, die sich öffnen ließ. In dem abgedunkelten Raum legte sie den schlaffen Körper ihrer Schwester auf eine Couch. »Ardeth?« Sie hätte sich gewünscht, dass ihre Stimme nicht so verängstigt und leise klang, dass das blutige Gesicht und die glasigen Augen, die zu ihr emporstarrten, nicht so völlig losgelöst von jeder Ähnlichkeit mit der Schwester wirkten, an die sie sich erinnerte. Als sie eine der schlaffen Hände ergriff, ritzte sie etwas am Daumen. Sie zwang sich, die Augen zu schließen und den dünnen Glassplitter herauszuziehen.
    Sie fand noch mehr davon in Ardeths Haar und an ihrem Oberkörper. Ardeth zuckte jedes Mal zusammen, wenn Sara ihr einen Splitter herauszog, sagte aber nichts. Sie schloss nicht einmal die Augen.
    Zu Saras großer Erleichterung trat immer nur einen Augenblick lang etwas Blut aus der Wunde aus, und dann schien es, als würde sie sich sofort schließen. Sie fand ein Tuch bei dem kleinen Waschbecken in dem Zimmer, feuchtete es mit Wasser an und wischte das Blut weg, mit dem Ardeths Gesicht verschmiert war. Als sie die letzten Spuren beseitigt hatte, regte sich ihre Schwester, blinzelte vorsichtig. »Sara.« Ihre Hand hob sich ein wenig, und Sara griff danach, sich tiefer herabbeugend.
    »Alles ist okay. Mickey und …« Sie hielt inne, suchte nach einem Wort, um das zu beschreiben, was der grauhaarige Mann für Ardeth sein musste. Sie fand keines, erinnerte sich aber an einen Namen, den sie aus Rookes Mund gehört hatte. »Rossokow ist gekommen. Rooke ist tot. Du bist jetzt in Sicherheit.«
    Ardeth schüttelt mit plötzlich wiedergewonnener Kraft den Kopf. »Nein. Wir sind nicht in Sicherheit … Nicht, solange Havendale nicht brennt. Wo ist er?«
    »Im Labor. Ich glaube, er und Mickey zerstören es.« Sie packte Ardeths Schultern, als ihre Schwester sich aufzusetzen versuchte. »Du stehst unter Schock. Ruh dich noch einen Augenblick aus.«
    »Ich kann nicht ausruhen. Sonst verlässt er mich.«
    »Niemand wird dich verlassen. Lieg nur ganz still. Du bist noch nicht kräftig genug, um dich zu bewegen.« Sie versuchte, Ardeth zu beruhigen, strich ihr das blutverklebte Haar aus der Stirn, und die ganze Zeit hielt sie dabei die kalte Hand ihrer Schwester.
    »Sie wird auf uns warten. Wenn er alleine geht, wird er sterben.« Das heisere Flüstern klang verzweifelt, die Augen, die jetzt nicht mehr glasig waren, hatten sich geweitet und waren von Angst erfüllt. »Ich muss mit ihm gehen. Ich muss stark genug sein, um mit ihm gehen zu können.«
    »Du kommst schon wieder zu Kräften.«
    »Das könnte ich«, sagte Ardeth, als ob sie nicht gehört hätte. »Ich könnte kräftig genug sein, wenn ich etwas zur Kräftigung bekäme.« Dann wurde ihre Stimme leiser. Sara spürte, wie sich ihr Herz plötzlich verkrampfte. Sie erinnerte sich an die spöttische Stimme aus ihrem Gefängnis. »Hast du

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