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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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die Konsole und stellte zu ihrer Überraschung fest, dass sie froh war, die Bildschirme wieder sehen und damit die zwei Männer beobachten zu können, die draußen vor der Tür warteten. Es gab ihr das Gefühl, die Dinge unter Kontrolle zu haben. Sie fand den Knopf der Sprechanlage zwischen den vielen anderen und drückte ihn.
    »Hallo, Rossokow«, sagte Rooke. »Können Sie mich hören? « Lisa sah, wie die Männer überrascht zusammenzuckten, und dann nickte der Grauschopf. Sie sah zu Rooke hinüber und bemerkte, dass sein Blick zu dem Bildschirm wanderte. »Gut. Jetzt sagen Sie Ihrem Freund, er soll zusehen, dass er seine Waffe loswird, und dann legen Sie sich beide auf den Boden.« Das Achselzucken des Mannes sprach Bände. »Warum? Weil ich, wenn Sie es nicht tun, den Ultraschall hier an ihrer Freundin ausprobiere. Oder ich erschieße die Schwester.«
    Lisa sah die Qual im Gesicht des jungen Mannes. Seine Hände bewegten sich in zurückgehaltener Panik, gestikulierten mit der Waffe in Richtung Tür. Rookes Grinsen verriet ihr, dass auch er es gesehen hatte. Rossokow regte sich nicht. »Ich habe ganz vergessen, dass ich zwar Sie sehen kann, Sie mich aber nicht. Sie werden also einfach lauschen müssen.«
    Lisa hörte nichts außer Ardeths plötzlichem Schrei. Die Frau in Schwarz krümmte sich und sackte dann zu Boden. Saras Schrei kam gleich darauf, als sie nach vorn stürzte und sich Banks’ Griff entwand. Dann krachte ihr der Kolben der Maschinenpistole auf die Schulter, und sie fiel zu Boden. Ardeth lag zusammengekrümmt auf den Fliesen, und ihre Finger krallten sich an den weißen Kacheln fest, während ihr ganzer Körper sich in Krämpfen wand und ein Stöhnen über ihre Lippen drang.
    Auf dem Monitor sah Lisa, wie der junge Mann auf die Tür zustürzte, wobei sein Mund sich in lautlosen Schreien öffnete und schloss. Die Augen des alten Mannes schlossen sich voll Schmerz. Sie verspürte ein plötzliches Pochen in den Fingern und blickte überrascht hinunter, um festzustellen, dass ihre Hände die Konsole umklammert hielten. Ihr Daumen berührte etwas – den Schalter, der die Tür kontrollierte.
    Ich möchte wissen, was geschehen würde, wenn ich den Knopf drücken würde, dachte sie, als beträfe das gar nicht sie. Ich frage mich, welches Monstrum mir mehr Angst einjagt.
    Nein, das frage ich mich überhaupt nicht. Von irgendwo, aus weiter Ferne, beobachtete sie, wie ihr Daumen platt wurde und presste. Sie hörte ihre Stimme rufen: »Die Tür ist offen!«, ehe sie sich selbst rückwärts vom Stuhl warf. Das plötzliche Klappern von Banks herunterfallender Maschinenpistole folgte dicht auf Rookes Schrei. Hinter ihr brüllte jemand auf, und dann war das Klirren von zerspringendem Glas zu hören.
    Die Wirklichkeit erfasste sie, als sie auf dem Boden auftraf und sich unter die Konsole wälzte. Die Stahltür öffnete sich mahlend und qualvoll langsam. Rooke fuhr zu der Tür herum und richtete das Ultraschallgerät auf den Eingang. Lisa sah, wie Ardeth sich vor ihr auf dem Boden aufzurichten begann, ihre Gliedmaßen bewegten sich mit der langsamen Grazie einer Spinne. Hinter dem Schleier aus schwarzem Haar klaffte ihr offener Mund wie eine Wunde.
    Dann war sie über ihm, sein Handgelenk knackte, und das Ultraschallgerät entfiel seiner plötzlich kraftlos gewordenen Hand. Dann zerrte sie ihn in einer wilden Umarmung zu sich heran, hielt ihn einen Augenblick lang fest, ihn in einem seltsamen, gewalttätigen Tanz herumwirbelnd. Einen endlosen Augenblick lang sah Lisa nur ihre aneinandergepressten weißen Gesichter, das seine bleich vor Angst, das ihre blutlos vor Jubel. Dann ließ sie ihn los, ihre Hände zuckten in die Höhe, um seine Schultern zu packen, während sie ihn herumriss und seinen Kopf in den Computerbildschirm schmetterte, auf dem immer noch die Geheimnisse ihres Blutes flimmerten.
    Lisa zog die Arme vors Gesicht, schützte sich vor dem plötzlichen Knall und dem Lichtblitz, als das Vakuum im Inneren des alten Röhrenbildschirms explodierte. Etwas traf sie und fiel dann prasselnd ab mit einem Geräusch, das irgendwo zwischen Flüssigkeit und Glas lag. Der Geruch von Blut und verschmorenden Schaltungen erfüllte die Luft.
    Zitternd zwang sie sich, aufzublicken, vorbei an ihren blutbespritzten Armen, vorbei an dem rotgrauen Durcheinander am Boden. In die uralten Augen der wunderschönen, schrecklichen Kreatur, die über ihr aufragte.

33
     
    Als er durch die Tür kam, war Rooke dem Zugriff seiner Wut

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