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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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verkaufen dürfen wie einst Judas mit seinen blutigen Silberlingen? Da habt Ihr freilich recht!« Lucero fuhr nun zu Kamal herum. »Du hast die Schuld auf dich genommen, was das Verfahren vereinfachen wird. Normalerweise könnte ich dich auf der Stelle um einen Kopf kürzer machen lassen. Doch weil ich meinen wertvollen Hyazinth unbedingt zurückhaben will, muss ich auf einem öffentlichen Prozess bestehen. Du wirst schon ausspucken, wo der Stein ist, Maure! Und wenn ich dir dazu die Haut bei lebendigem Leib abziehen lassen muss.«
    Mit einem Satz war er an der Tür und riss sie auf.
    »Greift ihn und bindet ihn!«, wies er die Rotkappen an, die nun hereinstürmten. »Und dann führt ihn ab – in den Kerker.«
    Gelähmt vor Angst sahen Lucia und Antonio zu, wie zwei Söldner Kamals Arme auf den Rücken bogen und mit Viehstricken festzurrten. Auch Djamila kam verschleiert aus dem Haus gelaufen und riss erschrocken die Augen auf.
    Dann stießen die Rotkappen Kamal grob über die Schwelle nach draußen.
    Auf der anderen Seite der Gasse trieb ein blonder, einäugiger Söldner gerade Saida und Nuri, beide ebenfalls in Fesseln, auf den wartenden Schinderkarren zu.
    »Aber doch nicht sie!«, schrie Kamal, der auf einmal zu taumeln schien. »Meine Frau, meine Tochter – nicht in diesen Karren! Sie haben beide nichts damit zu tun. Sie sind unschuldig. Lasst sie sofort wieder frei!«
    »Das wird dich redseliger machen, wetten?« Seine Bewacher zerrten ihn ungerührt weiter.
    »Papa!«, hörte Lucia Nuri schreien. »Papa, man hat uns festgenommen! Lucia – hörst du mich? Du musst ihnen sagen, dass ich niemals …«
    Fuego lief ihnen ein paar Schritte nach, dann blieb er unschlüssig stehen, fixierte Lucia und trabte schließlich wieder zu ihr zurück.
    In diesem Moment erfolgte der Angriff.
    Die Söhne Allahs waren schwarz gekleidet und mit langen, schlanken Holzstöcken bewaffnet. Die Vorhut bildete Rashid, ein schwarzes Tuch vor den Mund gebunden, wie es die Krieger der Wüstenstämme zu tun pflegen, um sich vor Sand zu schützen, doch an den raschen, geschmeidigen Bewegungen erkannte Lucia ihn sofort. Sein Stock fuhr dem blonden Hünen direkt in die Mitte und zwang ihn mit einem wütenden Schmerzenslaut auf die Knie. Doch bevor der Mann sich noch von dem Übergriff erholen konnte, prasselten schon weitere Stockhiebe auf ihn nieder, auf die Nieren, die Schenkel, den Magen.
    »Du wirst sie niemals wieder anfassen!«, rief Rashid. »Das schwöre ich beim Barte des Propheten!«
    Seine Mitstreiter waren nicht ganz so schnell wie er, aber ebenfalls mutig. Wütend hieben sie mit ihren Stöcken auf die anderen Rotkappen ein, die zunächst vor lauter Verblüffung kaum reagierten, allmählich jedoch aus ihrer Starre erwachten.
    Als das erste Schwert durch die Luft zischte, floss schnell Blut.
    Es erwischte Khaled, drang durch seinen Schenkel, als schneide es dünnes Papier, und brachte ihn zu Fall. Wie ein Sack plumpste er auf die Gasse und versuchte, sich dennoch im Liegen ein Stück weiter zu robben.
    Ein Söldner trat ihm grinsend in den Weg.
    »Fettes Maurenschwein«, sagte er genüsslich. »Reif für den Spieß!«
    Seine Klinge fuhr Khaled direkt ins Herz. Er zuckte, spuckte rosa Schaum, lag plötzlich ganz still.
    Die schmale Gasse schien schlagartig dunkler geworden zu sein.
    Rashid fuhr herum, die Augen lodernd vor Hass. »Wir werden euch trotzdem besiegen!«, rief er. »Und wenn wir unseren letzten Blutstropfen dafür geben müssen.«
    Seine Stockhiebe kamen inzwischen so präzise und unerbittlich, als wäre es ein Mechanismus, der sie ausführte, und keine menschliche Hand.
    »Auf ihn!«, schrie der Hüne, der nicht mehr aufstehen konnte. »Seid ihr blind, ihr Tölpel? Er ist der Anführer – ergreift ihn!«
    »Nein!«, schrie Lucia. »Lauf, Rashid, sie sind genau hinter dir!« Mit einer raschen Bewegung hob sie den Kater hoch und drückte ihn schützend an ihre Brust.
    Gehetzt blieb Rashid stehen, schaute sich um. Seine Ver bündeten hatten inzwischen alle das Weite gesucht. Er schien als Einziger in einer nahezu ausweglosen Lage.
    Beide Seiten der Gasse waren von Rotkappen versperrt. Es gab nur noch einen einzigen Weg – die Tür, die in sein Elternhaus führte.
    Er ließ seinen Stock fallen. Mit einem großen Satz war er drinnen und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Holt den Rammbock!«, grölte der Hüne mit schwindender Kraft. »Worauf wartet ihr noch? Die Maus sitzt doch bereits in der Falle!«
    Es dauerte nicht

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