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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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lange, und die Männer schleppten tatsächlich einen dicken Baumstamm herbei, der mithilfe ihrer vereinten Kräfte das Werk schließlich vollbrachte.
    Nuri wandte den Kopf ab, als die Tür aufflog, und weinte. Kamal starrte mit zusammengebissenen Zähnen auf das Straßenpflaster. Saida sah um Jahre gealtert aus.
    Lucia vergaß beinahe zu atmen.
    Fuego fuhr die Krallen aus und strampelte sich frei. Wie ein rötlicher Blitz war er zwischen den Beinen der Männer verschwunden.
    Hilflos mussten sie mit ansehen, wie ein Trupp von Rotkappen Kamals Haus stürmte. Fenster wurden aufgerissen, Decken, Kissen und Lampen hinausgeworfen, dann polterten die Söldner zurück auf die Gasse.
    »Er muss sich in Luft aufgelöst haben«, schrie einer von ihnen auf Kastilisch. »Wir haben überall nachgesehen. Aber der Kerl ist nirgendwo!«
    »Dann schaut noch einmal gründlicher nach!«, verlangte der Inquisitor. »Kein Mensch kann sich einfach in Luft auflösen!«
    Wieder stürmten die Männer hinein, kamen aber dieses Mal sehr viel schneller wieder heraus.
    »Er ist nicht mehr da«, sagte einer der Söldner. »Aber mit rechten Dingen zugegangen sein kann es nicht. Er muss mit dem Teufel im Bunde sein! Der hat ihn unsichtbar gemacht.«
    »Was für ein Unsinn! Hat das Haus einen unterirdischen Zugang?«, wandte Lucero sich zornentbrannt an Kamal. »Und ich rate dir, spuck die Wahrheit aus! Sonst machen wir es auf der Stelle dem Erdboden gleich.«
    »Nicht einmal einen Keller.« Kamals Stimme klang erstaunlich gefasst, während in Lucia ein ungeheurer Verdacht zu keimen begann.
    Aber Rashid konnte doch nicht … mitten am Tag … vor den Augen der Rotkappen …
    Sie begann leicht zu schwanken, so ungeheuerlich und aufregend zugleich war diese Idee. Doch ihr Herz blutete.
    Nuri und Saida – gefesselt und abgeführt wie Verbrecher. Kamal, der in den Kerker musste! Und was würden sie später noch alles mit ihrem Vater anstellen? Doch bis jetzt hatte man ihm gottlob noch nichts angetan. Antonio stand aufrecht da, ohne Fesseln, allein das zählte für den Augenblick.
    »Mir ist schlecht«, sagte sie und hoffte, dass sie blass und elend genug aussah. »Ich muss sofort ins Bett!«
    »Ich begleite dich«, bot Djamila an, doch Lucia schüttelte abwehrend den Kopf.
    »Lass mich! Ich will jetzt nur noch allein sein«, sagte sie.
    Die Treppen nach oben nahm sie im Laufschritt. Sie riss die Tür zu ihrem Zimmer auf.
    Alles schien genau so, wie sie es verlassen hatte – vor nicht einmal einer Stunde, als das Schreckliche noch nicht geschehen war.
    »Rashid?«, sagte sie leise. »Bist du da?«
    Alles blieb still.
    Und wenn sie sich doch getäuscht hatte?
    Im Sonnenlicht sah Lucia die dünne Staubschicht auf dem Boden. Und darin die Abdrücke großer Füße, deutlich eingeprägt wie in feuchten Sand.
    Sie näherte sich dem Bett, langsam, wie im Traum.
    »Rashid?« Auf einmal konnte sie nur noch flüstern.
    Und plötzlich kam eine bräunliche Hand aus der Winterdecke und zog sie kraftvoll zu sich heran.
    Wieso nahm er sie nicht endlich in die Arme und ließ sie nie wieder los? Jetzt, wo sie jede Art von Trost so dringend gebraucht hätte!
    Doch Rashid schien mit seinen Gedanken anderswo zu sein.
    »Die Waffen müssten längst da sein«, murmelte er, die Kiefer so fest zusammengepresst, dass die Wangenknochen umso markanter hervortraten. »Irgendetwas muss dazwischengekommen sein – wenn ich nur wüsste, was! Falls wieder diese verdammten Christen daran schuld sind, werde ich ihnen vorführen, wer die Söhne Allahs sind und wozu sie imstande sind!«
    »Rashid!«, wiederholte Lucia bestimmt zum vierten Mal. »Du bist hier. Bei mir. Komm endlich wieder zu dir!«
    Wie aus weiter Ferne sah er sie an.
    »Was haben wir ihnen nur getan?«, flüsterte er. »Dass sie uns so sehr hassen! Meine ganze Familie ist in Luceros Gewalt – Vater, Mutter und Nuri, und alle drei unschuldig …« Er barg das Gesicht in den Händen.
    »Hör zu, Rashid«, sagte Lucia eindringlich, »was immer dieser Wurm auch behauptet, er lügt! Ich weiß genau, dass Ortíz den Stein haben muss. Auch wenn wir ihn leider nicht in seinem Haus gefunden haben. Doch ich habe ihn mit eigenen Ohren sagen hören …«
    Das Poltern schwerer Stiefel.
    »Ins Bett!«, befahl Lucia. »Und mach dich ganz flach. Du rührst dich nicht, verstanden?«
    Sie hatte keine Zeit mehr, den überstürzten Plan noch einmal zu überdenken, sondern musste sich schon im nächsten Augenblick auf ihn legen. Gerade noch

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